FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2018
86 www.fondsprofessionell.de | 1/2018 dazugelernt hätten. Aber er warnt auch davor, einfach nur blind jene Hochzinsanleihen zu kaufen, die eine kurze Restlaufzeit aufweisen. „Das ist brandgefährlich“, warnt der Manager. „Mir als Chemiker käme es nie in den Sinn, eine Reaktion herbeizuführen, von der ich weiß, dass sie in einer Explosion endet.“ So stehen die Lenker vermögensverwalten- der Portfolios am Ende vor der Frage, welche Risiken sie eingehen und ihren Anlegern zu- muten können. Ethenea-Gründer Luca Pesa- rini warnt davor, zu große Wetten auf einzelne markt & strategie I vermögensverwaltende fonds Foto: © Fanny Taboada Luca Pesarini, Ethenea „Die Dividende ist nicht der neue Kupon“ Ethenea-Gründer Luca Pesarini erläutert im Interview, wie er seine Fonds für einen Zinsanstieg wappnet, wie er mit Risiken umgeht – und warum Aktien auf keinen Fall Anleihen im Portfolio ersetzen werden. H err Pesarini, in unserem Archiv fand ich einen Zeitungsartikel aus dem Jahr 2001 mit der Über- schrift „Die Besten bringen zweistellige Renditen“. Die Rede war von Renten- fonds. Lassen sich mit festverzinslichen Papieren solche Ergebnisse je wieder erzielen? Allein mit Anleihen könnte ein Manager heutzutage so ein Ergebnis nur erreichen, wenn er dicke Shortwetten eingeht (lacht). Im Ernst: Zweistellige Renditen lassen sich derzeit nur durch erhöhte Risiken erzielen. Mein Team und ich versuchen, über die richtige Auswahl der Anleihen zunächst einmal eine Grundrendite zu erwirtschaf- ten. Wir sind überzeugt, dass die Zinsen steigen werden. Je nach Verlauf rechnen wir in den USAmit zwei bis drei Prozent, in Europa mit etwas weniger. Daher blei- ben hier nur zwei Wege übrig: Kasse so- wie ganz kurz laufende Anleihen zu halten oder Bonds mit mittlerer Restlaufzeit zu kau- fen und das Zinsänderungsrisiko abzusichern. In Ihrem größten Fonds, dem Ethna- Aktiv, trugen Anleihen 2017 immerhin rund vier Prozent zur Gesamtrendite bei. Wie haben Sie das geschafft? Das ist in der Tat ein sehr erfreuliches Ergeb- nis. Wir mischen dem Portfolio auch Hoch- zinsanleihen bei, die zu diesem Ergebnis bei- trugen. Wir hatten in US-Titel investiert, bau- ten diese aber wegen der höheren Absiche- rungskosten für den Dollar ab. Wenn wir die Zinserträge wieder durch die Absicherungs- kosten für den Dollar ausgeben müssen, las- sen wir das lieber sein. Wir schichteten statt- dessen in europäische High Yields um. Wie hoch ist deren Anteil? Wir investieren nicht mehr als zehn Prozent des Fondsvolumens in dieses Segment. Zu- dem achten wir darauf, dass die Anleihen liquide sind und wir über mehrere Emittenten streuen. Wir gehen keine großen Wetten ein – das ist auch eine Lehre aus den Jahren 2015 und 2016, als einzelne Positionen unsere Fondsperformance minderten. 2017 war ein gutes Jahr für High Yields. Wenn jemand eine defensive Ausrichtung verspricht, dabei aber sein Portfolio mit Hochzinsanleihen vollstopft, dann geht er gewaltige Risiken ein. Dies wird letztlich auf den Schultern der Kunden ausgetragen. Immer wieder ist davon die Rede, dass in Zeiten der Niedrigzinsen Dividenden- titel Anleihen ersetzen. Schließen Sie sich dieser Meinung an? Nein, auf keinen Fall ist die Dividende der neue Kupon. Wenn ein Anleger den Wunsch nach Anleihen hat, dann darf ich ihm keine Aktien verkaufen. Wenn auf der Packung Nüsse draufsteht, dann möchte ich auch Nüsse essen und nicht etwa Chips. Unser Haus hat einen Kundenkreis, der nicht un- bedingt die höchsten erzielbaren Renditen sucht, aber dafür Sicherheit möchte. Wir als Portfoliomanager mit vermögensverwal- tendemAnsatz sind da gefordert, Volatilität aus dem Markt zu nehmen. In unserer Welt ergibt es daher keinen Sinn, zu viele Aktien im Portfolio zu haben. Unser Maximalwert liegt dabei im Ethna-Aktiv bei 50 Prozent. Aber das ist unser Ansatz. Andere sehen das anders. Gewiss, es gibt viele andere Häuser, die in der Aktie die einzige wahre Alternative sehen. Ich teile diese Meinung nur dann, wenn der Anleger wirklich einen langfristi- gen Horizont hat und nicht täglich, monat- lich oder jährlich mit Resultaten konfron- tiert werden möchte. Der Blick auf die kurz- fristige Performance ist für einen Investor belastend. Jede Assetklasse hat ihre Berech- tigung und spielt eine wichtige Rolle. Aber die Kombination macht die Sache rund. Des- wegen haben wir unsere Herangehensweise sehr auf die Asset Allocation ausgerichtet. Abgesehen davon hege ich sehr große Zwei- fel, was die Sicherheit von dividendenstarken Aktien angeht. Warum? Die steigenden Zinsen werden letztlich die Attraktivität von Dividendentiteln schmälern. Die Märkte haben ein Stadium erreicht, in dem die Aktienkurse bestenfalls seitwärts lau- fen, wenn nicht spezifisch positive Nachrich- ten zu den Unternehmen kommen. Vielen Dank für das Gespräch. Luca Pesarini, Ethenea: „Wenn auf der Packung Nüsse drauf- steht, dann möchte ich auch Nüsse essen.“
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