FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2018

Gibbs: Für uns sind die wirklichen Opportuni- täten am Markt sozusagen idiosynkratisch be- dingt, denn echte Chancen finden wir nur durch eine strenge Bottom-up-getriebene Suche nach einzelnen Unternehmen. Das macht es in einem Long/Short-Portfolio im laufenden Jahr erheb- lich schwieriger, denn die Verhältnisse am Markt stellen sich 2018 vollkommen anders dar als im Vorjahr. Unsere Nettoinvestitionsquote ist inzwi- schen deutlich niedriger. Anders gesagt: Im ge- samten Jahr 2017 war es erheblich schwieriger, vielversprechende Short-Positionen zu finden. Wir wurden regelmäßig ausgestoppt, weil im Grunde alle Boote mit der Flut steigender Ak- tienmärkte nach oben getragen wurden. Das stellt sich im laufenden Jahr erheblich anders dar. Sauren: Was bedeutet das konkret jeweils für die Long- und die Short-Seite? Gibbs: Wir setzen auf der Long-Seite aus- schließlich auf starke und erprobte Ge- schäftsmodelle und vermeiden insbesondere sogenannte Concept Stocks, also Aktien, die mit neuen, noch weitgehend unerprobten Konzepten am Markt aktiv sind. Stattdessen setzen wir auf Unternehmen, die sich weit- gehend selbst finanzieren können, gewisser- maßen Cash-Generatoren, die zum Teil erst seit relativ kurzer Zeit, aber mit durchaus innovativen Ideen am Markt aktiv sind. Die niederländische Basic-Fit ist ein gutes Bei- spiel dafür: Das Unternehmen betreibt eine ganze Reihe sogenannter Low-Cost-Fitness- Studios mit deutlich geringeren Monatsbei- trägen als herkömmliche Anbieter. Inzwi- schen wurden bereits 400 solcher Studios er- öffnet, und jedes Jahr kommen 100 neue hinzu. Da entsteht ein ganz neuer Markt in einer Branche, deren traditionelle Modell- anbieter mit rückläufigen Zahlen zu kämp- fen haben. Auf der Short-Seite finden wir in- zwischen eine ganze Reihe von Unterneh- men, die unter strukturellen Problemen lei- den, insbesondere aufgrund von neuen Mit- bewerbern aus Asien, oder die einfach von neuen Technologien überholt werden. Bendahan: Die positiven Aussichten für die Short-Seite des Marktes kann ich nur bestä- tigen, ich würde sogar von einer Art golde- ner Ära sprechen, was die Chancen auf die- ser Seite angeht. Daher haben wir unsere Investments in diesem Bereich deutlich er- weitert, vor allem was Unternehmen angeht, die einen viel zu hohen Verschuldungsgrad aufweisen, wodurch deren Aktienkurs schnell einmal abgestraft wird. Auf der Long-Seite meiden wir zwar Aktien, die ein zu hohes KGV aufweisen, bleiben aber nach wie vor auf den Wachstumsbereich konzentriert. Aktien wie die des Pharmaunternehmens Lonza oder des Aufzugherstellers Schindler bieten aber nach wie vor attraktive Bewertungsniveaus mit einem bemerkenswerten Marktanteil und wei- terhin starkem Wachstum. Auf der Value-Seite sind wir nach wie vor in einigen Bankwerten in- vestiert, bullish sind wir aber auch für Unterneh- men, die in der Offshore-Ölindustrie aktiv sind. Roberts: In einer Situation, die den Kollegen von der Aktienseite unzweifelhaft einiges an Möglichkeiten sowohl auf der Long- wie auch auf der Short-Seite bietet, wird es für einen auf den Anleihensektor konzentrierten Investor im- mer schwerer, aussichtsreiche Investments zu finden. Während es in den vergangenen zehn Jahren fast schon viel zu einfach war, auskömm- liche Erträge für unsere Anleger zu erzielen, hat sich das Blatt mit dem Beginn eines strafferen monetären Kurses der Zentralbanken klar ge- wendet, und das betrifft nicht nur Europa und Großbritannien, sondern auch bestimmte Regio- nen Asiens. Es wird kaum noch möglich sein, über ein Bondinvestment Geld in einem nomi- nalen oder realen Sinn zu verdienen. Sauren: Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus, was bleibt Ihnen übrig? Roberts: Wir können nicht mehr auf das Beta der Märkte setzen, wie das in den vergangenen zehn Jahren, wenn nicht noch länger zurück, durchaus komfortabel möglich war. Deshalb konzentrieren wir uns einerseits auf Investments in den USA, Norwegen und Australien, wo durchaus noch oder besser gesagt wieder ein ge- wisser Value zu erzielen ist. Um gleichzeitig das Risiko für unsere Anleger zu reduzieren, sind wir Short-Positionen in Großbritannien, Deutsch- land und einigen anderen Ländern eingegangen. Bei Unternehmensanleihen vermeiden wir die Extreme in Bezug auf die Ratingsituation und konzentrieren uns eher auf solide bewertete Un- ternehmen. Und im High-Yield-Sektor halten wir uns von stark gehebelten beziehungsweise stark verschuldeten Unternehmen fern in einer Zeit, da die Finanzierungskosten weiter steigen. In Erwartung einer früher oder später eintre- tenden Rückkehr zu so etwas wie einem „Old Normal“ im Gegensatz zu einem viel- beschworenen „New Normal“ liegt unser Fokus damit ganz klar auf der Generierung von Alpha, weil man unseres Erachtens von der Beta-Seite des Marktes wirklich nicht viel erwarten darf. Aber ich würde schätzen, dass das für die Aktienseite genauso gilt. Heuser: Ich bedanke mich für eine inter- essante Diskussion. HANS HEUSER | FP Bruno Crastes: „Der Eurokurs wird bewusst niedrig gehalten – mit entsprechend positiven Auswirkungen auf die Unternehmen und deren Aktienkurse.“ 136 www.fondsprofessionell.de | 3/2018 sauren golden awards 2018 I roundtable Fotos: © Christoph Hemmerich » Die großen Themen an den Märkten waren zuletzt ein Rückgang in den Emerging Markets und ein Austrocknen der Liquidität aufgrund der Zinserhöhungen in den USA. « Bruno Crastes, H2O Asset Management Die Gewinner der diesjährigen Sauren Golden Awards im Gespräch mit Eckhard Sauren (Sauren Fonds-Research) und Hans Heuser (FONDS professionell)

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