FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2018

A m Anfang klang es nach kaufmänni- schem Versagen. Die 1975 von Heinz Roth gegründete Containerfirma P&R schien sich wirtschaftlich übernommen zu haben und meldete im März 2018 Insolvenz an. Im weiteren Jahresverlauf verdichteten sich mehr und mehr Verdachtsmomente, dass es sich hier um einen Fall von Wirtschafts- kriminalität handeln könnte. Im Insolvenzgut- achten stand dann: „Zahlungen an Anleger, sei es auf Mieten oder auf Rückkäufe, konnten mehr und mehr nur noch dadurch geleistet werden, dass hierfür Gelder verwendet wur- den, die von Neuanlegern eingeworben wor- den waren.“ Umgangssprachlich wird das als Schneeballsystem bezeichnet. Das ist ein schwerer Vorwurf, bei dem es nicht bleibt. Denn die Insolvenzverwalter äußern den Ver- dacht einer langjährigen Insolvenzverschlep- pung, was sich im Gutachten so liest: „Spä- testens seit Ende der 2000er Jahre bestand für die deutschen P&R-Gesellschaften keine positive Fortführungsprognose mehr, da be- reits zu dieser Zeit klar erkennbar war, dass die Mieterlöse (...) die fällig werdenden Ga- rantiemieten und Rückkäufe nicht ansatzweise werden decken können.“ Das erklärt, warum die Staatsanwaltschaft München I seit Mona- ten gegen frühere und heutige P&R-Ge- schäftsleiter Ermittlungen wegen Betrugsver- dachts führt. Schwerer Schock Als wäre das nicht schon schlimm genug, wurden die Anleger im Mai erneut geschockt, als sich herausstellte, dass nach Angaben der Insolvenzverwalter Michael Jaffé und Philip Heinke rund eine Million Container fehlen. Bemerkenswert ist daran nicht zuletzt, dass diese riesige Lücke von knapp zwei Dritteln des angeblichen Containerbestandes nicht erst in den Jahren während der jüngsten Krise im Containerleasingmarkt 2015/2016 entstanden ist. Dazu heißt es im Insolvenzgutachten: „Es hat sich jedenfalls seit dem Jahre 2007 bis zur Insolvenzantragstellung eine erhebliche Con- tainerunterdeckung entwickelt, die sich zum 18. März 2018 auf einen Fehlbestand von rund 982.000 Containern summiert. Das be- deutet, dass von rund 1,6 Millionen an Anle- ger verkauften Containern nur rund 618.000 vorhanden waren. Dabei muss man sich jedoch vor Augen führen, dass zu keinem Zeit- punkt tatsächlich 1,6 Millionen Container im Bestand vorhanden waren.“ Mit leeren Händen Die vermeintlich gute Nachricht, wonach die in der Schweiz ansässige P&R Equipment & Finance Corp., über die das Vermietungs- geschäft läuft, nicht insolvent ist, erweist sich bei genauerer Betrachtung als wenig hilfreich. Zwar verpfändete P&R-Eigentümer Roth sei- ne Anteile an der Schweizer P&R Equipment & Finance Corp. an die deutschen P&R-Ge- sellschaften, womit die deutschen Insolvenz- verwalter nach eigenen Angaben indirekt auch eine gewisse Kontrolle über die Schweizer Gesellschaft haben. Die Anleger stehen trotz- dem mit leeren Händen da. Ihre Verträge mit P&R, die sogar eine Absicherung der Investo- ren durch die Abtretung der von den Reede- reien bezahlten Mieten vorsehen, sind nichts wert. Das Problem: Die Investoren sind aus Sicht der Insolvenzverwalter „aus einer Viel- zahl von Gründen“ nicht Eigentümer der finanzierten Container – auch dann nicht, wenn sie sogenannte Eigentumszertifikate vorlegen können. „Der Anleger müsste näm- lich nachweisen, dass er einen konkreten Con- tainer erworben hat und dass die Gesellschaft, von der er den Container erworben hat, Eigentümer war, und von wem diese wieder- um das Eigentum erworben hat, über die P&R in der Schweiz bis hin zum Hersteller des Containers“, erklären die Juristen Jaffé und Heinke. Demzufolge hätte keine recht- mäßige Eigentumsübertragung stattgefunden. Sie berufen sich in dieser Frage auch auf eine Entscheidung des Landgerichts München I, in dem das Gericht einemAnleger die Stel- lung als Eigentümer der von ihm finanzierten Container absprach, weil er das Eigentum nicht begründen konnte (siehe Kasten auf Sei- te 206). Damit ist die Eigentumsfrage aller- dings nicht final geklärt. Insolvenzrechtler Die Causa P&R entwickelt sich vom Insolvenzfall zum Wirtschaftskrimi – mit ungewissem Ausgang. Staatsanwälte ermitteln, Anlegern drohen hohe Verluste. Keine Rettung in Sicht Die Bestandsaufnahme der Insolvenzverwalter hat ergeben, dass nur 600.000 Container vorhanden sind. Eigentlich müsste die P&R-Flotte aus 1,6 Millionen Boxen bestehen. Foto: © Gunnar Assmy | stock.adobe.com, Nina Angerer 204 www.fondsprofessionell.de | 3/2018 sachwerte I p&r

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