FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2018

D as duale System der deutschen Kran- kenversicherung steht alle vier Jahre auf dem Prüfstand. Nach der jüngsten Bundestagswahl ist klar: Die private Kranken- vollversicherung (PKV) wird nicht abge- schafft und geht nicht in einer Einheitsversi- cherung auf – vorläufig. Im Moment werden PKV und gesetzliche Krankenversicherung (GKV) systemkonform weiterentwickelt, aber nicht in ihrer Substanz verändert. Im Koali- tionsvertrag taucht der Begriff PKV allerdings fast gar nicht auf. Bei der GKV dagegen sorgt die Politik für Bewegung: Mit dem bereits verabschiedeten Versicherungsentlastungs- gesetz sinken ab 2019 die Beiträge für Arbeit- nehmer (Rückkehr zur paritätischen Finanzie- rung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer) und Selbstständige (Halbierung des Mindest- beitrags auf 171 Euro monatlich). Schwieriges Neugeschäft „Dies dürfte der PKV weiter das Neu- geschäft abgraben“, sagt Gerhard Reichl, Fachkoordinator Krankenversicherung bei der Ratingagentur Assekurata und Autor der Studie „Marktaus- blick zur PKV 2018/2019“. Der PKV-Verband hat von der Regierung bereits Maßnahmen gefordert und Vorschläge unterbreitet, die auf eine stetigere Beitragsentwicklung in der PKV abzielen. „Im Moment kann es nach Jahren der Stabi- lität zu krassen Beitragssprüngen kommen“, kritisiert PKV-Verbandschef Uwe Laue. Grund für diese Preissprünge seien die Posten Sterblichkeit und Kosten als „auslösende Faktoren“. Würde zusätzlich der Zins als aus- lösender Faktor zugelassen, ließen sich eher kleinere Beitragsanpassungen durchsetzen, was für Kunden auch psychologisch günstiger sei, so Laue. Der Vorschlag wird zwar von Verbraucherschützern unterstützt, findet aber in den zuständigen Ministerien und bei der Aufsicht bisher kein Gehör. Das macht die Sache nicht einfacher, denn der neue Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will vor allem die Beitragssteigerun- gen der PKV-Vollversicherung imAlter beob- achten. „Dabei zeigen die Zahlen, dass die Probleme längst nicht so schlimm sind wie oft dargestellt“, sagt Laue, im Hauptberuf bis vor Kurzem Vorstandschef des Marktführers Debeka, bei dem er nun imAufsichtsrat sitzt. Zahlen vom Marktführer Die Debeka ließ das IGES-Institut, das auf öffentliche Infrastruktur spezialisiert ist, Daten aus dem eigenen Haus auswerten. Ergebnis: Bei Selbstständigen und Angestellten belief sich der Durchschnittsbeitrag für einen 71- bis 80-Jährigen 2015 auf 413 Euro – acht Euro weniger, als ein GKV-Versicherter mit durch- schnittlichem Bruttoeinkommen bezahlte. Die jährliche Beitragsveränderung betrug für alle Versicherten zwischen 1995 und 2015 durchschnittlich 2,9 Prozent. Für etwa 20 Pro- zent der untersuchten Versicherten stieg der Beitrag allerdings sprunghaft. Ursache waren laut Studie meist individuell vereinbarte tarif- liche Änderungen, etwa weil die Betroffenen ihren Erstattungsanteil erhöht haben. „Berater sollten die PKV nicht über den Preis und we- nige Tarifmerkmale vermitteln, sondern über deren Tarifinhalte und die Nachhaltigkeit in der Kalkulation, die erhöhte Beitragsstabilität verspricht“, warnt denn auch Frank Dietrich, Fachmakler aus Potsdam. „Es kommt auf die Individualbetrachtung und ganzheitliche Beratung an, denn keines der Systeme ist das grundsätzliche bessere.“ PKV-Rating Die Daten des Be- amtenversicherers Debeka mit seinem riesigen Kollektiv und geringen Ab- schlussaufwendun- gen sind für die PKV-Branche ins- gesamt womöglich nicht typisch. Deshalb sind neutrale Untersu- chungen wie das Bi- lanzrating des Bran- chendienstes „Map- Report“ so wichtig. „Wer ins private Sys- tem wechselt, lässt sich in der Regel auf eine lebenslange Beziehung ein und sollte Details über seinen zukünftigen Gesundheitsmanager wissen“, sagt Chefredakteur Reinhard Klages. Makler Dietrich stimmt zu: „Ein Wechsel ins private System sollte nur aus Gründen der Leistung erfolgen. Tumorerkrankte etwa ha- ben weit bessere Behandlungsmöglichkeiten in der PKV als in einer gesetzlichen Kasse.“ Gleichwohl warnt Dietrich vor Billigtarifen. „Nur rund 15 Prozent der privaten Anbieter bilden das gesetzliche Leistungsniveau ver- gleichbar ab, alle anderen haben Begren- zungen oder es fehlen sogar Leistungen – das halte ich für einen Beratungsfehler.“ Die 15 Teilnehmer im „PKV-Rating“ von Map-Report, die für 60 Prozent des Marktes stehen, erhöhten die Beiträge Anfang 2018 Die Beiträge in der privaten Krankenversicherung steigen weiter. So verheerend, wie die Politik tut, fällt die Bilanz bei nüchterner Betrachtung jedoch nicht aus. Kranke Versicherung? Gut, dass jeder Bür- ger krankenversichert sein muss. Ein Gips ließe sich wohl noch aus eigener Tasche bezahlen. Bei einer teuren Operation sähe das anders aus. » Ruhe an der Beitragsfront ist vorerst nicht in Sicht. « Gerhard Reichl, Assekurata Foto: © kruraphoto | stock.adobe.com, Michael Jarmusch, Frank Dietrich 236 www.fondsprofessionell.de | 3/2018 fonds & versicherung I private krankenversicherung

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