FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2018

D as Risiko, zum Pflegefall zu werden, nimmt zu – schon wegen der steigen- den Lebenserwartung. So wird sich der Anteil der 80-Jährigen in Deutschland bis zum Jahr 2050 verdreifachen. Gleichzeitig schrumpft die Zahl der Erwerbsfähigen um ein Drittel, was das Umlagesystem an seine Grenzen bringt. Bereits 1995 wurden hierzu- lande die gesetzliche Pflegeversicherung so- wie ihr privates Pendant, die private Pflege- Pflichtversicherung, geschaffen. Doch beide bieten quasi nur eine Teilkaskoabsicherung. Praktisch alle Generationen vernachlässigen die Versorgungslücke, die im Pflegefall nach der Pflichtversicherung bleibt. Nach Berech- nungen des PKV-Verbandes mussten Betrof- fene 2017 im Schnitt bei vollstationärer Pflege Eigenleistungen zwischen 1.400 Euro (Pfle- gegrad 1) und 2.000 Euro (Pflegegrad 5) auf- bringen. Tendenz steigend, denn der zuneh- mende Pflegebedarf und der medizinische Fortschritt verteuern das System immer wei- ter. Einen Ausweg versprechen private Pfle- gezusatzversicherungen, die weitere Kosten im Pflegefall übernehmen. Doch die richtige Police in guter Qualität mit kundenfreundli- chen, transparenten Versicherungsbedingun- gen zu finden, gleicht der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen. Makler und Analyst Häufig hat sich Versicherungsmakler Bert Heidekamp in den vergangenen Jahren über das Kleingedruckte bei Pflegepolicen geärgert. Trotz guter Ratingergebnisse der Tarife fand der Inhaber der Kanzlei Heidekamp in Berlin bei eingehender Prüfung der Versicherungs- bedingungen oft mehr als ein Haar in der Suppe: Mal hatten Kunden keinen Anspruch auf Leistungen, weil Versicherer die Voraus- setzungen zu schwammig formuliert hatten, mal wurden Leistungen nur in der Werbung zugesagt, nicht aber im Bedingungswerk. Irgendwann reichte es ihm, weil er nicht länger sehenden Auges in die Beraterhaftung schlittern wollte. Er gründete Fairtest und be- tätigte sich fortan nicht mehr nur als Makler, sondern auch als Analyst und Sachverstän- diger für die Qualitätsbewertung von biome- trischen Versicherungen. Kürzlich bewertete er erstmals die Qualität von privaten Pflege- zusatzversicherungen in einer für Deutschland bisher unbekannten Tiefe – und vergab dazu auch Awards für Höchstleistungstarife (siehe Tabelle Seite 240). Über 1200 Qualitätsmerkmale Awards haben in der Finanzwirtschaft Konjunktur, häufig verknüpft mit Ratings und initiiert von unterschiedlichen Medien. Der „Qualitäts-Award 2018 der privaten Pflegezu- satzversicherungen“ von Fairtest unterscheidet sich da in mindestens zwei Punkten: Zum einen wurde er nicht nur von einem Verbrau- chermagazin („Guter Rat“) initiiert, sondern auch von einem praxiserfahrenen Versiche- rungsmakler, der zugleich als Analyst arbeitet. Zum anderen entscheidet nicht die Beitrags- höhe über die Preiswürdigkeit für den Award, sondern ausschließlich das Kleingedruckte. Damit scheiden Leistungszusagen aus, die nur auf dem Flyer stehen, nicht jedoch in den Bedingungen. Konkret bewertete der Fach- makler die Policen mit mehr als 200 Schwer- punktfragen und arbeitete so über 1.200 Qua- litätsmerkmale heraus. „Das geht tiefer als klassische Ratings“, betont Hans-Peter Schwintowski, Rechtswis- senschaftler und Inhaber eines Lehrstuhls an der Humboldt-Universität Berlin. Der Quali- täts-Award setze einen „neuen Maßstab für Produktqualität“, so der Experte für Privat- versicherungsrecht. „Der Award beseitigt Pro- bleme der asymmetrischen Informationsver- teilung und offenbart so die wahre Qualität von Versicherungen.“ „Asymmetrische Intransparenz“ Was zunächst akademisch klingt, ist für die Praxis durchaus relevant. Schwintowski zu- folge würden Verbraucher für Vertrauensgüter, die sie nicht durchschauen, allenfalls einen durchschnittlichen Preis bezahlen. Die besten Anbieter könnten so aber keine guten Preise für gute Qualität ernten, sondern es käme zu einer Abwärtsspirale der Qualität, im schlimmsten Fall zum Marktzusammenbruch. Der Rechtsprofessor verweist an dieser Stelle auf den Wirtschaftswissenschaftler George Akerlof, der diesen Zusammenhang 1970 ent- deckt hatte und dafür später den Wirtschafts- nobelpreis erhielt. Die Qualität privater Pflegezusatzversicherungen ist nicht leicht messbar. Nun hat ein Makler begonnen, die Tarife auseinanderzunehmen und zu bewerten. Kleingedrucktes unter der Lupe Mancher Text scheint absichtlich so klein gedruckt und umständlich formuliert zu sein, dass ja niemand in Versuchung gerät, ihn auch wirklich zu lesen. Beim Versicherungsvergleich ist dies aber unbedingt zu empfehlen. Foto: © Ingo Bartussek | stock.adobe.com 238 www.fondsprofessionell.de | 3/2018 fonds & versicherung I pflegezusatzpolicen

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