FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2018

Foto: © Christoph Hemmerich W enn man es als CEO eines Asset Managers schafft, mehr als 13 Jahre erfolgreich an der Spitze eines Unternehmens zu stehen, dann ge- hört man schon zu den Ausnahmeerschei- nungen. Vor allem dann, wenn es in dieser Zeit auch noch gelingt, das Unternehmen durch eine außergewöhnlich scharfe Fi- nanzkrise zu manövrieren und zeitweise Milliardenabflüsse aufgrund des Weg- gangs von für das Unternehmen von zen- traler Bedeutung erscheinenden Fonds- managern ohne größere Blessuren weg- zustecken. Martin L. (Marty) Flanagan, Chief Executive Officer der mit ihrer Zen- trale in Atlanta im Bundesstaat Georgia beheimateten Invesco, ist eine solche Aus- nahmeerscheinung. Invesco rangierte bei dessen Amtsantritt im August 2005 als nicht profitables Unternehmen allenfalls unter ferner liefen innerhalb der Investmentfonds- szene. Heute verwaltet die Gesellschaft als unabhängiger globaler Asset Manager mit bedeutenden Standbeinen in Großbritannien und Deutschland ein Vermögen von nahezu einer Billion US-Dollar. Die Redaktion hat Flanagan bei einem Deutschland-Besuch zum Gespräch getroffen. Herr Flanagan, im vorigen Jahr haben Sie den ETF-Anbieter Source übernom- men, 2018 kam die ETF-Abteilung von Guggenheim in den USA hinzu. Plant Invesco etwa, sich vollständig auf passive Investments zu konzentrieren? Marty Flanagan: Ganz sicher nicht! Durch die Übernahme von Powershares im Jahr 2006 sind wir bereits seit Langem im ETF- Geschäft aktiv, wir sind mit unserem Segment für passive Anlagen inzwischen der viertgröß- te ETF-Anbieter der Welt. Und diese Position wollen wir mit unseren jüngsten Akquisitio- nen stärken und vertiefen, um gleichzeitig unsere ETF-Produktpalette zu erweitern. Daher gibt es keine Pläne, Invesco zu einem Anbieter zu machen, der nur ETFs anbietet, im Gegenteil: Wir sind nach wie vor der fes- ten Überzeugung, dass die Zukunft unseres Unternehmens in einer sinnvollen Kombina- tion von aktiven und passiven Lösungen liegt. Zumal die Diskussion „Aktiv versus passiv“ einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Was genau meinen Sie mit „nicht mehr zeitgemäß“? Es ist doch im Grunde offensichtlich, dass Anleger heute eine Kombination aus aktiven, passiven und alternativen Anlagestrategien be- nötigen. Das spiegeln uns nicht nur die Rück- meldungen von Kunden wider. Im Geschäft mit institutionellen Kunden diskutieren wir gar nicht mehr über die Frage „Aktiv oder passiv?“, vielmehr sprechen diese Kunden mit uns über ihre Investmentbedürfnisse und da- mit verbundene Herausforderungen, weil sie gute Investmentergebnisse und Lösungen er- warten, die ihnen helfen, ihre Anlageziele zu erreichen. Im Geschäft mit Privatkunden sind die Dinge etwas komplizierter. In aufwärts ge- richteten Märkten werden niedrige Kosten noch viel zu stark als Voraussetzung für ein gutes Gesamtergebnis betrachtet. Aber wenn die Märkte erst einmal drehen, steht der wahre Test bevor. Dann wird sich zeigen, ob einzel- ne Investoren in bestimmten Bereichen nicht viel zu exponiert sind. Denn am Ende sind niedrige Kosten eben keineswegs mit niedrigem Risiko gleichzusetzen. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für Ihre Vertriebsstruktur in Deutschland? Im Juli haben wir unter der Leitung von Sascha Specketer eine neue integrierte Einheit für den Retailvertrieb von aktiv gemanagten Fonds wie auch ETFs in Deutschland geschaffen. Diese Restruk- turierung ist Teil einer globalen Invesco- Initiative mit dem Ziel, ein führender Anbieter für ergebnisorientierte Anlagelö- sungen in der Asset-Management-Bran- che zu werden. Wir setzen dabei auf eine intelligente Verbindung unserer aktiven, passiven und alternativen Anlagestrategien und den gleichzeitigen Übergang zu einer einheitlichen globalen Marke mit dem Ziel, mehr Kohärenz und Tiefe im Vertriebsteam zu gewährleisten, um gleichzeitig dezidierte ETF-Vertriebskapazitäten zu erhalten. Das machen wir übrigens nicht nur in Deutschland so, wir haben unsere gesamte globale Ver- triebsstruktur entsprechend angepasst. Aber was muss man sich konkret unter einem künftig integrierten Lösungs- anbieter vorstellen, und wie sollen Ihre Kunden davon profitieren? Die künftigen Gewinner im Asset Manage- ment werden Unternehmen sein, die Kunden- bedürfnisse antizipieren können und nicht nur darauf reagieren. Entsprechend vorgehaltene Lösungen werden dabei eine Schlüsselrolle spielen. Denn die meisten Kunden benötigen am Ende doch eine sinnvolle Kombination aus aktiven, passiven und alternativen Anla- gestrategien, die zur Erreichung ihrer Ziele wirklich geeignet sind. Deshalb ist die Trenn- linie zwischen aktivem und passivem Inves- tieren in Wirklichkeit sehr viel unschärfer, als es die Debatte darüber vermuten ließe. Wobei es in einer sinnvollen Anlagebe- ratung doch noch nie angebracht war, Die US-Fondsgesellschaft Invesco musste in ihrer Geschichte schon manche Klippe umschiffen. Unter der Leitung von Marty Flanagan steht das Unternehmen heute bei einem Rekordstand von knapp einer Billion US- Dollar an Assets under Management – und der Chef sieht durchaus noch Raum für weiteres Wachstum. „Erst wenn die Märkte drehen, » Wir sind nach wie vor der festen Überzeugung, dass die Zukunft unseres Unternehmens in einer sinnvollen Kombination von aktiven und passiven Lösungen liegt. « Marty Flanagan, Invesco vertrieb & praxis I mar ty flanagan | invesco 292 www.fondsprofessionell.de | 3/2018

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