FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2018

Zins und Dividende nicht kennen“, sagt der Manager der Direktbank. „Diese Peinlichkeit wird genommen, wenn die Menschen einen digitalen Assistenten fragen können.“ Andere Vertreter aus dem Fintech- und Onlinebanken-Feld sehen das Monopol klas- sischer Institute in Geldfragen ebenfalls bröckeln. „Der Bequemlichkeitsgraben um die Banken hat sich aufgelöst“, konstatiert Erik Podzuweit, Co-Gründer und Chef des Robo-Advisors Scalable Capital. Denn heut- zutage müssten Menschen nicht mehr erst eine Filiale besuchen, um Kunde einer Bank zu werden. Dies laufe über ein Gerät ab, das jeder in der Tasche habe: das Smartphone. Diese Entwicklung habe die Hürde für die Kunden gesenkt, Finanzdienstleistungen bei mehreren Anbietern einzuholen. „Fintechs greifen sich einen Bereich heraus und konzen- trieren sich allein darauf. Sie greifen nicht großflächig die etablierten Player an“, erläutert Podzuweit. Demnach zerlegen Start-ups das Betätigungsfeld der herkömmlichen Institute. Die Dienste, die früher aus einer Hand kamen, übernehmen künftig viele kleinere Akteure. Universalbank statt Insellösung Die etablierten Großbanken halten dagegen. „Fintechs bieten nur Insellösungen. Das wol- len unsere Kunden nicht“, argumentiert Deut- sche-Bank-Manager Wöhrmann. Er räumt aber ein, dass es für Finanzinstitute immer schwieriger wird, die Präsenz vor Ort aufrecht- zuerhalten. Filialschließungen gehörten zum Alltag – für alle Banken, betont Wöhrmann. Die Branche muss aber lernen, damit umzu- gehen. „Wir dürfen uns nicht aus der Fläche zurückziehen und glauben, dass die Kunden zu uns kommen. Das ist ein Irrglaube. Ein Kanalmix macht es aus“, plädiert Wöhrmann. Doch Kunden von der Filiale bis hin zur Onlinepräsenz gleichermaßen gut anzuspre- chen, also eine Omnikanalbank zu schaffen, stellt die großen Institute vor enorme Heraus- forderungen, räumen Wöhrmann und Com- merzbank-Bereichsleiter Lorenz unisono ein. „Die Digitalisierung gleicht dem Bau eines Hochhauses. Das Fundament zu gießen dauert recht lange“, erläutert Lorenz. „Danach geht es recht schnell. Wir sind noch dabei, das Fundament zu legen.“ Anders als Fintechs müssten große Geldhäuser Schnittstellen zu bestehenden Systemen schaffen. Daher sollten sie mit ihren Kräften haushalten. „Wir kon- zentrieren uns darauf, das Richtige zu tun. Wir rennen nicht jedem Trend hinterher“, sagt der Commerzbank-Manager. So ist die neueste Errungenschaft des Instituts, dass Kunden- berater Einblick in die jüngsten Onlineaktivi- täten der Kunden erhalten – im Rahmen des Datenschutzes und die Zustimmung der Kun- den vorausgesetzt. Bremsklotz im Vertrieb An diesem Punkt offenbart sich, wie re- striktiv Regulierung wirken kann. Beschrän- kungen bei der Einsicht in Kundenaktivitäten mögen im Zuge der digitalen Vernetzung ein Ärgernis sein. Zum regelrechten Bremsklotz mutieren striktere Vorgaben, wenn sie Ge- schäftsabschlüsse blockieren. Denn wegen der schwindenden Zinsen auf Spareinlagen wären Wertpapiergeschäfte und besonders Invest- mentfonds eine naheliegende Alternative – sowohl für das Einkommen der Anleger wie auch die Erträge der Banken. Doch seit In- krafttreten von Mifid II scheint der Fondsver- kauf noch mühsamer zu sein als ohnehin schon. „Wenn früher drei Beratungsgespräche am Tag stattfanden, sind es heute nur noch zwei“, berichtet ein Brancheninsider im Gespräch mit FONDS professionell. Dies deckt sich mit den Ergebnissen einer Onlineumfrage des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) unter 140 Insti- tuten der Gruppe. Dabei gaben gut 20 Prozent der teilnehmenden Sparkassen an, ihr Pro- duktangebot in der Anlageberatung wegen Mifid II verringert zu haben. 13 Häuser stell- Christian Machts, Blackrock: „Es kommt darauf an, wie der Mensch mit dem digitalen Wandel umgeht.“ Akuter Bankenschwund Zahl der Kreditinstitute in Deutschland Obwohl die Zahl der Banken abnimmt, ist Deutschland im internationalen Vergleich immer noch gut mit Geldhäusern bestückt. Quelle: Bundesbank Bankstatistik August 2018 1500 1600 1700 1800 1900 2000 2100 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 Anzahl der Kreditinstitute E 2.080 Kredit- institute 1.823 Kredit- institute Die Kosten sinken, die Erträge aber auch Ertrag, Kosten und Gewinn deutscher Private-Banking-Anbieter Im Private Banking sinkt die Kosten-, aber auch die Ertragsmarge, gemessen am betreuten Vermögen. Der Gewinn sinkt. *Prognose; Quelle: McKinsey Private Banking Studie 2018 0 25 50 75 100 2018* 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 0 Gewinn Basispunkte des betreuten Vermögens Kosten se Progno » Der Bequemlichkeitsgraben um die Banken hat sich aufgelöst. Menschen müssen nicht mehr eine Filiale besuchen, um Kunde zu werden. « Erik Podzuweit, Scalable Capital 310 www.fondsprofessionell.de | 3/2018 bank & fonds I filialver trieb Foto: © Julia Schwager

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