FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2018

Foto: © Christoph Hemmerich W enn es hierzulande einen Namen gibt, der mit der EU-Finanz- marktrichtlinie Mifid II untrenn- bar verbunden ist, dann lautet er wohl Elisabeth Roegele. Als Mitglied im Ma- nagement Board und im Board of Super- visors der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA nahm die Juristin maßgeblich Einfluss auf die Um- setzung des Regelwerks in das nationale Recht der EU-Staaten. Dabei setzte sich die Exekutivdirektorin Wertpapieraufsicht bei der Bafin beständig für die Belange der deutschen Finanzwirtschaft ein. Seit dem 3. Januar 2018 ist die Richtlinie nun in Kraft. Für Roegele, seit dem 1. August dieses Jahres auch Vizepräsidentin der Bafin, ist die Arbeit an Mifid II damit noch längst nicht beendet. Ihre Behörde muss nun klarstellen, prüfen, mit der ESMA diskutieren. FONDS professionell traf Elisabeth Roegele in Frankfurt zum Gespräch. Frau Roegele, die Arbeit an Mifid II war ein echtes Großprojekt. Nun ist die EU-Fi- nanzmarktrichtlinie schon fast neun Mo- nate in Kraft. Wie bewerten Sie das erste Dreivierteljahr unter dem neuen Regime? Elisabeth Roegele: Insgesamt muss man sa- gen: Für den Umfang des Projekts und im Hinblick darauf, dass Mifid II auch nicht das einzige Regulierungspaket war, das Anfang Januar 2018 umgesetzt werden musste, klappt es sehr gut. Mifid II war und ist wirklich ein Großprojekt. Neben den wichtigen und um- fassenden Themen des Anlegerschutzes betraf die Richtlinie ja auch noch die Sekundärmärk- te, also die neuen Handelspflichten. Für die deutschen Banken und Sparkassen kann ich aber sagen, dass die Umsetzung sehr gut angelaufen ist. Wir hatten vor dem Start viel größere Probleme erwartet als die Schwierig- keiten, die dann tatsächlich eingetreten sind. Natürlich gab es vor allem ganz am Anfang Anlegerbeschwerden darüber, dass bestimmte Produkte wegen Mifid II nicht mehr gehan- delt werden durften. Hören Sie diese Einschätzung denn auch von den Instituten selbst? Die Institute sind natürlich nach wie vor in den Umsetzungsprojekten. Das eine oder an- dere gibt es sicherlich noch nachzuarbeiten. Aber nach meiner Kenntnis sind die Banken und Sparkassen erleichtert, dass die Startphase bewältigt ist und darüber, dass auch das Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Regulierungsprojekten weitestgehend funktio- niert. Die Verordnung über verpackte Anlage- produkte, kurz Priip-Verordnung genannt, ist ebenfalls im Januar in Kraft getreten. Hier gibt es enge Verbindungen zu Mifid II. Es war sicher eine Herausforderung, die beiden Regelwerke aufeinander abgestimmt in die Praxis umzusetzen. Trotzdem läuft nicht alles gut. Anlage- berater bei Banken hatten sich erhofft, die neue Geeignetheitserklärung würde ihnen die täglicheArbeit etwas erleichtern. Nun ist zu hören, Beratungsgespräche dauer- ten länger als zuvor, die Dokumentation sei deutlich umfassender geworden. Ist hier nicht eine Korrektur notwendig? Da habe ich genau das Gegenteil gehört. Mir haben Banken gesagt, dass die Geeignetheits- prüfung tatsächlich eine Erleichterung dar- stellt. Und zwar deshalb, weil der Berater nicht mehr den gesamten Verlauf des Ge- sprächs dokumentieren muss. Stattdessen kann er sich auf das Herzstück der Anla- geberatung, die Empfehlung eines passen- den Produkts für den Kunden, konzentrie- ren. Nur diese muss er dann in der Geeig- netheitserklärung dokumentieren. Wir ha- ben auch bereits erste Marktuntersuchun- gen erstellt. Im Großen und Ganzen wird die Geeignetheitserklärung von den Bera- tern gut angenommen. Wenn es an der einen oder anderen Stelle aber Probleme gibt, kann ich die Institute nur dazu auf- rufen, uns darüber zu informieren. Sie sehen also keine Notwendigkeit, noch mal an der Geeignetheitserklä- rung zu schrauben? Nein, eine Korrektur wäre außerdem auch nicht ohne Weiteres möglich. Diese könnte nur der europäische Gesetzgeber vornehmen. Die Geeignetheitserklärung ist ebenso wie viele andere Regelungen von Mifid II bereits auf Level I angelegt worden, also direkt im Text der Richtlinie festgeschrieben. Über die- se Vorgaben kann sich der deutsche Gesetz- geber nicht einfach hinwegsetzen. Aber Sie könnten Änderungen doch zu- mindest anstoßen. Ganz so einfach ist das nicht. Mit Sicherheit wird die EU-Kommission die europäische Aufsichtsbehörde ESMA irgendwann nach den Erfahrungen der Institute mit den Rege- lungen von Mifid II fragen. Zudem gibt es verschiedene Bereiche, für die direkt in der Richtlinie ein Review, also eine Überprüfung der Regelungen, vorgesehen ist. Daran wer- den wir als nationale Aufsichtsbehörde auch mitwirken, wenn es so weit ist. Vor diesem Review können wir als Bafin natürlich Ände- rungen anregen – mehr aber auch nicht. Das heißt, wenn Berater mit bestimmten neuen Regelungen unzufrieden sind, dürfen sie erst einmal nicht auf Abhilfe hoffen? „Zuwendungen sind verb » Auf Zuruf wird der europäische Gesetzgeber sicherlich keine Korrek- turen umsetzen. Wenn man Änderungen ange- hen will, dann braucht man Daten und Fakten. « Elisabeth Roegele, Bafin Elisabeth Roegele , Exekutivdirektorin Wertpapieraufsicht bei der Bafin und Vizepräsidentin der Behörde, über die ersten neun Monate unter dem Regime von Mifid II, die Möglichkeiten, wenig praktikable Vorschriften zu ändern, und die Frage, wie das Problem der Kostenaufklärung in der Telefonberatung gelöst werden kann. steuer & recht I elisabeth roegele | bafin 326 www.fondsprofessionell.de | 3/2018

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