FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2018

sprüchen gekommen ist. Dies müsse geprüft werden. „Ein formales Projekt dazu ist mir aber nicht bekannt“, erklärt Binding. Auch die anderen finanzpolitischen Spre- cher sind sich einig, dass eine Analyse der Vorschriften aus den verschiedenen Regel- pakten zur Finanzmarktregulierung sinnvoll wäre. Für Antje Tillmann ist eine Untersu- chung möglicher Wechselwirkungen sogar eine der wichtigsten Aufgaben für die laufen- de Legislaturperiode. „Das Bundesministe- rium der Finanzen hat dazu bereits ein Gut- achten in Auftrag gegeben“, berichtet sie. Provisions-Aus gefordert Gerhard Schick hat für die Jahre bis zur nächsten Bundestagswahl ein anderes Groß- projekt auf der Agenda: Er möchte der Bera- tung auf Provisionsbasis den Garaus machen. „Die Provisionsberatung ist in den vergange- nen Jahren transparenter geworden“, räumt er ein. „Mehr als zehn Jahre, nachdem Men- schen Lehman-Zertifikate verkauft wurden, ist die Beratungsqualität im Schnitt aber noch immer nicht gut genug“, erklärt Schick. In einem so sensiblen und wichtigen Bereich wie der Anlageberatung dürften Produktemp- fehlungen nicht durch die Höhe möglicher Zuwendungen beeinflusst werden. „Deshalb will ich nicht nur eine Trennung zwischen Honorar- und Provisionsberatung, sondern ein striktes Verbot des Provisionsmodells“, sagt der Politiker ohne Umschweife. Für die Zeit, bis es so weit ist, fordert er eine weitere Stär- kung der Honorarberatung, unter anderem durch eine klare Verpflichtung für die Anbie- ter, Nettotarife bereitzustellen. AfD-Mann Gottschalk hält entschieden da- gegen. „Der Provisionsberater stirbt aufgrund der verschärften Regulierung ja schon seit zehn Jahren einen langsamen Tod“, sagt er. Auf keinen Fall solle sich die Politik nun auch noch dazu versteigen, das Honorarmodell weiter zu stärken – von einer Abschaffung der provisionsbasierten Vermittlung ganz zu schweigen. „Es reicht doch ein Blick in Län- der wie Großbritannien oder Dänemark“, gibt Gottschalk zu bedenken. Da hätte es auch nicht funktioniert, nur noch die Honorarbera- tung zuzulassen. Wenn Bürger für diese Form der Vermittlung nun einmal nicht bezahlen wollten oder könnten, hätte niemand etwas davon. „Wir stellen uns noch so lange auf die Seite des Kunden, bis es keine Berater mehr gibt“, mahnt Gottschalk. Die anderen finanzpolitischen Sprecher se- hen die Sache gelassener. Tillmann und Ton- car möchte die Trennung der beiden Modelle beibehalten und vorerst keine Änderungen vornehmen. Binding und de Masi setzen sich dafür ein, die Honorarberatung zu stärken, wollen aber weiter beide Varianten zulassen. 34f-Berater unter Bafin-Aufsicht? Auch an dem im Koalitionsvertrag vorge- sehenen Projekt, Finanzanlagenvermittler mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO) unter die Aufsicht der Bafin zu stel- len, scheiden sich die Geister. CDU-Politi- kerin Tillmann hält sich in diesem Punkt bedeckt. Für eine schrittweise Übertragung der Aufsicht über die 34f-Vermittler auf die Bonner Behörde müssten erst die Vorausset- zungen geschaffen werden. SPD-Finanzexper- te Binding kann auch noch nicht viel zu dem Vorhaben sagen, hat aber Vertrauen in die Bafin und sieht sie als „geeignete Institution, um sich des Themas anzunehmen“. Unter den finanzpolitischen Sprechern fin- den sich aber auch klare Gegner. Kay Gott- schalk ist nicht überzeugt davon, dass die Finanzaufsicht personell und auch von ihrer fachlichen Qualifikation her in der Lage wäre, diese neue Aufgabe zu übernehmen. Auch die Freien Demokraten sehen bisher keine zwin- genden Gründe, Finanzanlagenvermittler unter Bafin-Aufsicht zu stellen. „Im Gegen- teil, auf Nachfrage konnte die Bundesregie- rung im März keine Schadensfälle nennen, die durch 34f-Vermittler entstanden sind“, erklärt Florian Toncar. Auch habe sie nicht erläutern können, auf welchen neuen Erkenntnissen die Absicht, die freien Berater durch die Bafin beaufsichtigen zu lassen, beruht. „Es ist nicht sachgerecht, die Aufsicht über die Finanz- anlagenvermittler zu zentralisieren“, ist Toncar überzeugt. Anders als Fabio de Masi, der eine „Ab- kehr vom zweistufigen Aufsichtssystem“ ver- langt, um das Regulierungsgefälle zu über- winden. Auch Schick möchte die Aufsicht zentralisieren, ist sich aber nicht sicher, ob die- se unbedingt bei der Bafin angesiedelt sein sollte. Denn: „Diese agiert mir oft zu zurück- haltend, wenn es um die Wahrnehmung ihres Verbraucherschutzmandats geht“, sagt Schick. Gerade der durch die Pleite des Container- anbieters P&R verursachte Anlageskandal habe gezeigt, dass die Behörde dieses Mandat noch immer nicht mit Leben fülle, erklärt er. Antje Tillmann | CDU Jahrgang: 1964 Wahlkreis: Erfurt, Weimar, Grammetal MdB: seit 2002 Ausbildung/Studium: Diplom-Finanzwirtin, zusätzliche Ausbildung zur Steuerberaterin Übrigens … unterstützt Tillmann aktiv die Bahnhofs- missionen in ihren Wahlkreisen. Florian Toncar | FDP Jahrgang: 1979 Wahlkreis: Böblingen MdB: 2005–2013, seit 2017 Ausbildung/Studium: Studium der Rechts- wissenschaften mit Promotion, Rechtsanwalt Übrigens … ist Toncar sehr sportlich, mag Theater, Geschichte und Gesellschaftsspiele. Lothar Binding | SPD Jahrgang: 1950 Wahlkreis: Heidel- berg-Weinheim MdB: seit 1998 Ausbildung/Studium: Ausbildung zum Stark- stromelektriker, Diplom-Mathematiker Übrigens … ist Binding erster Vorsitzender des Mietervereins Heidelberg und Umgebung. » Ich will nicht nur eine Trennung zwischen Provisions- und Honorarberatung. Ich will ein Verbot des Provisionsmodells. « Gerhard Schick, Bündnis 90 / Die Grünen 336 www.fondsprofessionell.de | 3/2018 steuer & recht I finanzpolitik Foto: © Tim Flavor (2); Ulrich Schepp, Alexander Kästel, Karin Desmarowitz, AfD

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