FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018

Foto: © Christoph Hemmerich E s war ein Donnerstag Ende Oktober, als die Deutsche Bank einen Wech- sel an der Spitze ihrer Fondstochter DWS bekanntgab: Nicolas Moreau muss- te gehen, sein Nachfolger heißt Asoka Wöhrmann. In seiner Begrüßungs-Mail an die Mitarbeiter schrieb er, es fühle sich so an, als würde er nach Hause kommen. Da ist was dran: Wöhrmann gehörte lange zu den prägenden Köpfen der DWS, be- vor er 2015 die Leitung des Privatkunden- geschäfts der Deutschen Bank übernahm. Seinen Job als Chief Investment Officer des Asset Managers übernahm damals Stefan Kreuzkamp. FONDS professionell traf Wöhr- manns Nachfolger am Tag nach Bekanntgabe der überraschenden Personalie in Frankfurt zum Interview. Herr Kreuzkamp, sind Sie eigentlich froh, dass Sie mit Asoka Wöhrmann nun wieder einen Chef haben, mit dem Sie leidenschaftlich über die Kapitalmärkte diskutieren können? Stefan Kreuzkamp: Asoka Wöhrmann und ich haben vor 20 Jahren am selben Tag hier bei der DWS begonnen. Wir kennen uns also schon wirklich lange und sehr gut. Wir haben auch in jüngster Vergangenheit, als er für das Privatkundengeschäft unseres Mutterkonzerns zuständig war, leidenschaftlich über Kapital- märkte diskutiert. Insoweit ändert sich jetzt nichts – wir reden sowieso miteinander. Der Grund für den vorzeitigen Abgang von Nicholas Moreau wurde nicht kom- muniziert, eine große Rolle dürften aber die hohen Mittelabflüsse gespielt haben: Im zweiten und dritten Quartal flossen rund 7,7 Milliarden Euro aus DWS- Portfolios ab. Ist im Haus von der Auf- bruchstimmung, die zum Börsengang wohl herrschte, noch etwas übrig? Ja, davon ist noch viel vorhanden! Der Haupt- grund für die Rückflüsse ist in der Steuer- reform in den Vereinigten Staaten zu suchen. Viele US-Konzerne haben Geld, das sie „off- shore“ geparkt hatten, zurück nach Amerika geholt. Davon waren wir deutlich betroffen. Außerdem haben wir das eine oder andere niedrigmargige Versicherungsmandat ver- loren. Die Abflüsse sind bedauerlich, aber wichtig ist, dass wir unsere Margenziele hal- ten konnten. Die Aufbruchstimmung im Haus ist jedenfalls immer noch zu spüren. Wenn Sie die eigenständige, börsenno- tierte DWS heute mit der in die Bank integrierten DWS vor einem Jahr verglei- chen: Wo liegt der größte Unterschied? Eine Voraussetzung für den Börsengang war, dass wir zahlreiche Mitarbeiter aus der Bank herausgelöst und in die DWS integriert haben. Da ging es um insgesamt zirka 1.500 Kolle- gen. Seither beauftragen wir nicht mehr un- zählige Dienstleistungen bei unserem Mutter- konzern, sondern können unsere eigenen Pro- zesse definieren. Die Entscheidungsfindung erfolgt hier bei uns im Haus. Das ist ein rie- sengroßer Vorteil, wahrscheinlich der größte, den der Börsengang mit sich gebracht hat. Denn das hat die Organisation deutlich schlagkräftiger gemacht. Ein Argument für den Börsengang war, dass die Aktie dabei helfen kann, herausragende Talente an Bord zu ho- len und zu binden. Nun hat die DWS- Aktie seit dem Börsengang Ende März fast ein Viertel an Wert verloren. Zie- hen die Argumente von damals noch? Ja, denn wir haben nun zum ersten Mal die Möglichkeit, Mitarbeiter auf diesem Weg am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Vor einigen Wochen haben wir ein entspre- chendes Angebot für alle Kollegen gestartet. In einem gesonderten Programm geben wir Aktien an unsere Topleute aus. Es ist ein gro- ßer Vorteil, wenn die Mitarbeiter im eigenen Depot sehen, wofür sie arbeiten – das sorgt für gleichgerichtete Interessen. Die DWS- Aktie hat in den vergangenen Monaten zwar an Wert verloren, aber da befinden wir uns in prominenter Gesellschaft mit anderen Asset Managern. Dass insbesondere die Titel von Gesellschaften mit großem Aktienbuch unter Druck stehen, ist angesichts des raueren Marktumfelds nicht verwunderlich. Ich bin überzeugt, dass wir schnell wieder in anderes Fahrwasser kommen. Zur Frage, ob es uns gelingt, Talente von uns zu überzeugen: Ein klares Ja! Können Sie ein Beispiel nennen? Wir haben kürzlich beispielsweise das Multi- Asset-Team mit Hartwig Kos verstärkt, der aus London zu uns nach Frankfurt kam. Das wäre vermutlich nicht möglich gewesen, wenn die DWS nicht als eigenständiges börsennotiertes Unternehmen agieren würde. Wir planen weitere Einstellungen, über die ich aber erst dann berichten kann, wenn die Verträge unterschrieben sind. Sie sind als CIO zumindest mittelbar auch für die Entwicklung der Fonds zuständig. Ihr Sorgenkind Nummer eins war zuletzt wahrscheinlich der DWS Top „Ich gebe nie die Richtung » Wir sind zuversicht- lich, dass auch 2019 mit Aktien Geld zu verdienen sein wird. « Stefan Kreuzkamp, DWS Stefan Kreuzkamp , Chefanlagestratege der DWS , über den Einfluss des „CIO-View“ auf die Portfolios seiner Kollegen, die milliardenschweren Mittelabflüsse aus einigen Flaggschifffonds, den Abgang von Starmanager Tim Albrecht und die Frage, was hinter den jüngsten Turbulenzen an der Börse steckt. Stefan Kreuzkamp Stefan Kreuzkamp, Chief Investment Officer und Co-Head Investment Group der DWS, begann seine Karriere als Researcher bei der Dekabank in Frankfurt. 1998 wech- selte der an der Uni Trier ausgebildete Diplomkaufmann zur Fondsgesellschaft der Deutschen Bank, wo er zu- nächst Geldmarkt- und Rentenportfolios managte. Später leitete Kreuzkamp das Fixed-Income-Geschäft der DWS in Europa, Nahost und Afrika (EMEA) und stieg zum Chief Investment Officer EMEA auf. Im Dezember 2015 über- nahm er seine aktuelle Position als Chefanlagestratege. markt & strategie I stefan kreuzkamp | dws 114 www.fondsprofessionell.de | 4/2018

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