FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018
Foto: © Egor | stock.adobe.com I n den vergangenen 15 Jahren hat sich die Sachwertinvestmentbranche immer wieder neu aufstellen müssen. Seit geraumer Zeit steht sie vor einem neuen Problem: Einerseits sind geeignete Sachwerte so teuer, dass sie sich vielfach nicht mehr für ein Privatkun- denprodukt eignen. Andererseits belasten die Kosten des Anlegerschutzes die ohnehin schon teuren Assets so stark, dass sich viele Anbieter und letztlich auch der Vertrieb die Sinnfrage stellen müssen: Wenn sich allein die regulie- rungsbedingten Initialkosten für ein ordent- liches Produkt auf 200.000 Euro und mehr belaufen und sich die Genehmigung über sechs bis neun Monate hinzieht, welche Mög- lichkeiten gibt es dann für neue Angebote? Aus der Kostenfalle kommen die Initiatoren auf den ersten Blick nur heraus, indem sie Produkte mit einem größeren Volumen auf- legen oder mehr Angebote in derselben Zeit platzieren. Um die jährlichen Kosten einer Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) zu decken, sind Branchenkennern zufolge in einem Jahr mindestens fünf Fonds mit jeweils 20 Millionen Euro Emissionsvolumen nötig. Dabei spielt aber weder das Arbeitstempo der Bafin und des Vertriebs mit noch ist zurzeit genügend „Material“ für neue Produkte ver- fügbar. Alle Anbieter tun sich derzeit schwer, geeignete Immobilien, Flugzeuge oder Er- neuerbare-Energien-Anlagen zu akquirieren. Deshalb zeichnet sich ein alternativer Weg ab: Anbieter emittieren statt eines Fonds ein Wertpapier. Dabei kann es sich um klassische Firmenanleihen mit Wertpapierprospekt han- deln, für kleinere Projekte sind seit Neuestem aber auch prospektfreie Emissionen möglich. Solche Papiere bieten deutlich weniger Trans- parenz – und könnten auf Sicht zum neuen Problemfall für die Branche werden. Eine Anleihe mit vollständigem Prospekt bietet seit Kurzem die KGAL-Gruppe an: Mit dem börsennotierten Papier namens „Physible Enterprise I 18/23“ wagte das Unternehmen aus Grünwald bei München Mitte September nach langer Abstinenz die Rückkehr ins Re- tailgeschäft. Die Anleihe bietet bei fünf Jahren Laufzeit einen Kupon von drei Prozent. Den Emissionserlös von bis zu 30 Millionen Euro will KGAL direkt oder indirekt in Immobilien oder Infrastruktur inklusive erneuerbare Ener- gien und Flugzeuge investieren. Über die Anleihe investieren die Anleger selbst nicht in Sachwerte, auch wenn viele Privatkunden das vermuten könnten. Auch über die im Beteiligungsmarkt seit der AIFM- Regulierung beliebten Namensschuldver- schreibungen und Nachrangdarlehen legen die Investoren ihr Geld, anders als das vielfach suggeriert wird, nicht direkt in Sachgüter an, sondern sie beteiligen sich allenfalls an ihrer Finanzierung. Sie bieten aber den Vorteil, dass sie auch von freien Vermittlern mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung verkauft werden dürfen, wohingegen für Wertpapiere eine KWG-Lizenz erforderlich ist. Die Emit- tentin selbst darf ihre Wertpapiere natürlich anbieten – so wie das KGAL über eine eigene Internetplattform mit der Möglichkeit zur Direktzeichnung tut. Informationsblatt reicht Ein zweischneidiges Schwert für den skan- dalgebeutelten Beteiligungsmarkt ist die EU- Prospektverordnung (siehe Infokasten nächste Seite). Sie eröffnet die Möglichkeit, ohne gro- ßen Aufwand Wertpapiere bis zu einem Emis- sionsvolumen von acht Millionen Euro auf- zulegen, was nicht nur seriösen Anbietern mehr Flexibilität eröffnet. Für kleine Emissio- nen reicht nun ein „Wertpapier-Informations- blatt“, ein Prospekt ist nicht mehr nötig. Diese Liberalisierung schafft neuen Raum für Produkte, die man in der Vergangenheit dem grauen Kapitalmarkt zugeschrieben hätte – jenem Marktsegment also, das vielen Anle- gern hohe Verluste bescherte. Außerdem steht die Umsetzung der Brüsseler Verordnung in krassem Gegensatz zur Regulierung der Sach- wertinvestments durch das Kapitalanlagege- setzbuch und das Vermögensanlagengesetz sowie zur Haltung der Bafin, die für Prospekt- prüfungen dem Vernehmen nach bis zu neun Monate braucht und insbesondere Direkt- investments sehr skeptisch gegenübersteht. Dennoch sieht die Bundesregierung den Anlegerschutz durch das Wertpapier-Informa- tionsblatt und die Beschränkungen für soge- nannte nicht qualifizierte Anleger gewährleis- tet. Im Lichte der skandalträchtigen Historie des unregulierten Graumarktes und ganz ak- tuell des Falls P&R (siehe auch Seite 196) Die EU-Prospektverordnung kann für die Sachwertewelt zum Risiko werden: Sie ermöglicht intransparente Produkte, die potenziell großen Schaden anrichten. Zweierlei Maß Während die Alternativen Investmentfonds (AIF) streng reguliert sind und auch die Vermögensanlagen zunehmend kritisch geprüft werden, können Unternehmen mit Wertpapieren ohne Prospekt bis zu acht Millionen Euro einsammeln. 196 www.fondsprofessionell.de | 4/2018 sachwerte I eu-prospektverordnung
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