FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018
Foto: © ZoneCreative | stock.adobe.com D ie Versicherten sind stark verunsichert. Ein solcher Satz mag wie ein miss- glücktes Wortspiel anmuten, doch auf Inhaber von Lebenspolicen trifft er zu. Nach- richten über den Verkauf von Lebensversi- cherungsbeständen an Run-off-Plattformen stärken nicht gerade das Vertrauen der Kun- den in ihre Versicherer. Dass vermutlich nicht alle ihre hohen Garantieversprechen aus der Vergangenheit einhalten werden, macht es auch nicht besser. „Ich bekomme in jüngster Zeit immer wieder Anrufe von besorgten Kunden“, sagt Karl- Heinz Gerlen, Ver- sicherungsmak- ler in Nie- dersachsen. Sie fragen sich, wie stabil ihr Versicherer wohl noch aufgestellt ist. Und ob es nicht besser wäre, sich von den Ver- trägen zu trennen. „Ich bin mir dann nicht sicher, was ich ihnen empfehlen soll“, berichtet er. „Ob es wirklich sinnvoll ist, sich von einer Lebensversicherung zu verabschieden, sollten Vermittler für jeden einzelnen Kunden immer sehr genau prüfen“, mahnt Hans-Peter Schwintowski, Professor am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Han- dels-, Wirtschafts- und Europarecht an der Humboldt-Universität zu Berlin. Schließlich sind zahlreiche Anbieter immer noch stark genug, um weitere Nullzinsjahre überstehen zu können. Und ein Garantiezins von vier Prozent, wie er bis Ende der 1990er-Jahre noch üblich war, ist heute undenkbar. Ent- scheidet sich der Inhaber einer Lebenspolice letztendlich aber dafür, aus seinem Vertrag auszusteigen, gibt es zwei, manchmal drei Wege, die der Vermittler ihm vorstellen kann. „Natürlich ist es immer möglich, eine Le- bensversicherung zu kündigen“, sagt Schwin- towski. In den meisten Fällen ist die Kündi- gung des Vertrags allerdings ein klares Ver- lustgeschäft, da der Kunde lediglich den Rückkaufswert seiner Police erhält. Wie die- ser ermittelt wird, kommt darauf an, wann die Police abgeschlossen wurde. Bei Verträgen, die zwischen 1994 und 2007 unterzeichnet wurden, sieht die Berech- nung anders aus als bei Policen, die Kunden ab 2008 abgeschlossen haben. Aber: In beiden Fällen bekommt der Versicherungsnehmer den Schlussüberschuss nur, wenn er bis zum Ende durchhält. Da dieser einen bedeutenden Teil des Wertes der Versicherung ausmacht, ent- geht den Policeninhabern immer eine stolze Summe. Zudem bekommen sie die Verwal- tungskosten nicht zurück, auch die geleisteten Abschluss- und Vertriebsgebühren bleiben auf der Strecke. Eine weitere Variante, um sich von einer Lebenspolice zu trennen, ist der Verkauf am Zweitmarkt. Hier sind Unternehmen wie CFI Fairpay, Partner in Life oder Winninger aktiv. Andere Anbieter, etwa Cashlife, kaufen die Policen nicht selbst, sondern vermitteln sie an Investoren. Ein Verkauf ist lukrativer als die Kündigung. Immerhin liegen die Summen, die die Ankäufer bieten, in der Regel zwi- schen zwei und fünf Prozent über dem Rück- kaufswert. Allerdings nehmen die Käufer nicht alle Policen. Meist muss der Rückkaufswert min- destens 10.000 Euro betragen und der Vertrag noch etwa fünf Jahre laufen. Zudem sollten die Versicherungen noch halbwegs gut ver- zinst sein. Manche Anbieter kaufen grundsätz- lich nur Policen, die vor 2012 abgeschlossen wurden, andere machen den Cut bereits im Jahr 2005. Darüber hinaus werden nur Verträ- ge von Versicherern angenom- men, die durch die Bafin beaufsich- tigt werden, kein Unternehmen darf sich im Run-off befinden. Meistens führen die Käufer die Verträge weiter. Der Pluspunkt dabei: Dem ehemaligen Policeninha- ber bleibt der Hinterbliebenenschutz erhalten. Verstirbt er, bekommen die im Vertrag Begünstigten in der Regel zumindest einen Teil der vereinbarten Todesfallsumme. Achtung, Policenmodell! „Haben Kunden Lebensversicherungen, die zwischen dem 21. Juli 1994 und dem 31. De- zember 2007 nach dem sogenannten Policen- modell abgeschlossen worden sind, sollten Vermittler unbedingt prüfen, ob eine Rück- abwicklung möglich ist“, sagt Schwintowski. Bei dem in diesem Zeitraum gängigen Poli- cenmodell unterschrieb der Versicherungs- nehmer in spe den Antrag für die Police, der Versicherer sandte ihm diese einige Zeit später zu – zusammen mit der Widerrufsbelehrung. Dazu war er gemäß Paragraf 5a des alten Ver- sicherungsvertragsgesetzes (VVG a.F.) jeden- falls verpflichtet. „Nun kam es aber vor, dass In Zeiten, in denen viele Lebensversicherer ihre Bestände an Run-off-Plattformen ver- kaufen, möchte mancher Kunde seine Police loswerden. Was Vermittler raten können. Salto rückwärts Kräftig Schwung holen, allen Mut zusammennehmen, abspringen: Für einen Salto rückwärts gibt es nur eine einzige Methode. Wenn Kunden bei Lebensversi- cherungen die Zeit zurückdrehen möchten, können Vermittler verschiedene Varianten vorstellen. » Es ist immer zu prüfen, ob eine Rückabwicklung sinnvoll ist. « Hans-Peter Schwintowski, Humboldt-Universität Berlin 234 www.fondsprofessionell.de | 4/2018 fonds & versicherung I rückabwicklung von lebenspolicen
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