FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018

294 www.fondsprofessionell.de | 4/2018 vertrieb & praxis I researchkosten Foto: © StockPhotoPro | stock.adobe.com B illig taugt nichts, lautet eine Rede- wendung. Doch ob teuer in jedem Fall auch besser bedeutet, darf ebenso bezweifelt werden. Solche Fragen kommen jedenfalls nach einem Blick in eine Studie auf, welche die Aufwendungen von Fondsgesellschaften für externes Research unter die Lupe genommen hat. Die Unternehmensberatung Frost Consul- ting hatte untersucht, wie hoch die Aus- gaben bei zwei Gruppen ausfallen: zum einen bei Fondsanbietern, die die Kosten auf die eigene Gewinn-und-Verlust-Rech- nung nehmen, zum anderen bei denen, die die Ausgaben den Portfolios und damit den Anlegern zuweisen. Die britischen Be- rater stießen auf gewaltige Unterschiede. Hintergrund der Untersuchung ist die Finanzmarktrichtlinie Mifid II. Seit In- krafttreten der neuen Regeln müssen Wert- papierdienstleister die Kosten für Aktien- analysen oder volkswirtschaftliche Studien gesondert ausweisen. Zuvor verrechneten Investmentbanken oder Broker die Rese- archgebühren mit den lukrativen Handelsauf- trägen, die Asset Manager vergeben. Diese Praxis erschien den Aufsehern zu undurch- sichtig. Seit Jahresbeginn 2018 müssen diese Kosten separat abgerechnet werden. Entweder werden sie den Fonds zugewiesen, oder die Asset Manager tragen sie aus der eigenen Gewinn-und-Verlust-Rechnung heraus. Die überwiegende Mehrheit der Anbieter hat sich dazu entschlossen, die Gebühren für Research auf die eigene Kappe zu nehmen. Fieser Faktor Die Untersuchung von Frost Consulting förderte nun beim Vergleich der Abrechnun- gen der beiden Lager gewaltige Differenzen zutage. Die Experten hatten stichprobenartig die Kennzahlen für bestimmte Anlageklassen herangezogen. Bei Schwellenländeraktien- fonds waren die Ausgaben um das 7,5-Fache höher, wenn die Gesellschaften die Kosten an die Kunden weiterreichten. Bei Portfolios auf europäische Aktien lag der Faktor bei 3,8, bei amerikanischen Aktien bei 2,7. Diese enormen Abweichungen zeigen, wie tiefgreifend die neuen Spielregeln das Gefüge in der Branche erschüttert haben. Denn seit die Abnehmer von Analysen tatsächlich dafür bezahlen müssen, ist ein Studienabonnement zu einem veritablen Bilanzposten für die Fondsgesellschaften herangewachsen. „Die Researchkosten sind aus Anlegersicht gesehen vernachlässigbar – sie beziffern sich meist auf wenige Basispunkte“, erläutert Neil Scarth von Frost Consulting. Den Kosten stünden bei Aktieninvestments langfristig Renditen von im Schnitt sieben Prozent per annum gegen- über. „Wandern die Kosten aber in die Gewinn-und-Verlust-Rechnung eines Asset Managers, türmen sie sich oft zum zweitgröß- ten Kostenfaktor nach den Gehältern auf“, führt der Consultant weiter aus. Utopische Summen Die Großbank Credit Suisse schätzt, dass Asset Manager ihre Researchausgaben fak- tisch um die Hälfte gekürzt haben. Konkrete Zahlen dürften schwer zu ermitteln sein, da die Analysen früher ja mit den Handelsauf- trägen verrechnet wurden – es gab also meist keinen konkreten Gebührensatz. So musste dann auch die Branche im Zuge von Mifid II zunächst einmal einen Preis für diese Dienstleistung aushandeln. Manche Invest- mentbanken oder Broker gingen offenbar mit utopischen Summen in die Preisver- handlungen. Zum Jahresende 2017 einig- ten sich zwar viele Investmenthäuser mit den Researchanbietern. Das Gefeilsche scheint aber noch nicht gänzlich abge- schlossen zu sein. So verhandelt Allianz Global Investors Aussagen von Vorstands- chef Andreas Utermann zufolge weiterhin mit den externen Analysehäusern. Die Richtlinie verändert zudem die Branchenlandschaft. Die Researchanbieter müssen erstmals um die Aufträge buhlen und profitabel arbeiten. Auch die Zeichen für eine Konsolidierung mehren sich. Die Asset Manager wiederum reagieren eben- falls auf die Umwälzung. Einige schließen engere Kooperationen mit ausgewählten Partnern. Andere Fondshäuser erwägen, interne Analysekapazitäten aufzustocken. So schossen in den vergangenen Monaten einige „Researchinstitute“ von Asset Ma- nagern aus dem Boden. Verführung zum Rotstift Vor diesem Hintergrund gehen die Meinun- gen über die Folgen von Mifid II auseinander. Manche Vertreter wie Consultant Scarth von Frost fürchten, dass die Qualität des Portfo- liomanagements leidet, wenn die Gesellschaf- ten die Researchkosten aus eigener Tasche be- streiten. Denn angesichts des Kostendrucks ist die Versuchung für die Unternehmen groß, hier den Rotstift anzusetzen. Das wirke sich letztendlich auf die Performance und damit negativ für die Anleger aus. Andere wiederum wenden ein: „Wenn Asset Manager, die die Kosten auf die eigene Gewinn-und-Verlust- Rechnung nehmen, nur einen Bruchteil von dem ausgeben, was die anderen Anbieter für Research aufwenden, dann halte ich das für einen versteckten Hinweis, dass sie tatsächlich auch nicht auf zusätzliches Research angewie- sen sind“, sagt Benjamin Quinlan, Vorstands- chef der Unternehmensberatung Quinlan & Associates. So steht der Investor vor der Wahl: teurer und vielleicht besser – oder auf jeden Fall billiger. SEBASTIAN ERTINGER | FP Laden Fondsanbieter die Kosten für externe Analysen ihren Kunden auf, fallen die Ausgaben viel höher aus, als wenn sie die Rechnung selbst übernehmen. Überraschende Rechnung Schock bei der Abrechnung: Die Ausgaben von Asset Managern für Research von Dritten driften dramatisch auseinander.

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