FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018
Foto: © FedotovAnatoly | stock.adobe.com K aufen und liegen lassen – das Rezept einer erfolgreichen Geldanlage klingt so einfach. Wer vor 30 Jahren einen durchschnittlichen Deutschlandaktienfonds kaufte, hat heute ein Plus von 757,1 Prozent im Depot, zeigt die Wertentwicklungsstatistik des Branchenverbandes BVI. Das entspricht einer jährlichen Rendite von 7,4 Prozent, trotz Dotcom-Crash und Lehman-Pleite. Viele Anleger haben anfangs sicherlich die Intention, ihren Fonds langfristig zu halten. Doch daraus wird häufig leider nichts. Ablesen lässt sich das beispielsweise an Zahlen der Bundesbank. Demnach haben deutsche Publikumsfonds in den zwölf Monaten bis Ende Septem- ber dieses Jahres für fast 112 Milliar- den Euro neue Anteilsscheine ausge- geben. Unterm Strich sammelten sie aber nur knapp 20 Milliarden Euro ein, weil Anleger auf der anderen Seite auch Anteile im Wert von 92 Milliar- den Euro abstießen. Ein solches Verhältnis ist kein Ein- zelfall. FONDS professionell hat alle Zwölfmonatszeiträume seit März 1994 untersucht: Die deutschen Publikums- fonds warben in jedem dieser Zeiträu- me brutto mindestens 80 Milliarden Euro ein, manchmal waren es annähernd 200 Milliar- den Euro (siehe Grafik unten). Im Schnitt lie- gen die Zuflüsse bei brutto 133,7 Milliarden Euro. Doch weil Anleger durchschnittlich 116,4 Milliarden wieder abzogen, bleiben unterm Strich nur 17,3 Milliarden Euro Nettomittelzufluss im Jahr übrig. Mit diesem Verhalten schaden sich die An- leger oft doppelt. Zum einen erweist sich ein hektisches Umschichten des Depots rück- blickend in den meisten Fällen als unnötig, zum anderen verursacht das dauernde Rein und Raus im Fonds hohe Transaktionskosten, die dem Sondervermögen angelastet werden – und damit allen Investoren. Eifriges Umschichten Zahlen des europäischen Fondsverbandes EFAMA erlauben Aussagen zu einzelnen An- lageklassen (siehe Grafiken nächste Seite). Die Statistiken zeigen in beeindruckender Klarheit, dass das Rein und Raus insbeson- dere bei Aktienfonds am größten ist. In den Jahren 2007 bis 2017 sammelten sie in den untersuchten Ländern brutto insgesamt 6,9 Billionen Euro ein – eine gigantische Summe. Zieht man jedoch die Abflüsse ab, blieb unterm Strich nur ein Zufluss von 188 Mil- liarden Euro. Die Branche musste in diesem Segment also 36,60 Euro einwerben, um auf Dauer einen Euro behalten zu können. Auch Rentenfonds werden eifrig umge- schichtet: Je Euro Nettomittelaufkommen sind brutto 12,40 Euro Zufluss nötig. Deutlich bes- ser sieht es bei gemischten Portfolios aus, hier liegt der entsprechende Faktor nur bei 4,2. Brutto floss den Multi-Asset-Fonds europa- weit in den vergangenen zehn Jahren zwar nur halb so viel Geld zu wie den Aktienport- folios. Netto sammelten sie aber dennoch viermal so viele Mittel ein. Das leuchtet auch ein, schließlich werden Mischfonds durchweg als langfristige Anlage vermarktet, während Aktien- und Rentenprodukte für viele Investoren nur Bausteine ihrer Asset Allocation sind, die eher häufig als selten ausgetauscht werden. Rare Ausnahme Die Redaktion hat sich auch die Zu- und Abflüsse einiger milliardenschwe- rer Mischfonds angesehen (siehe Gra- fik nächste Seite unten rechts). Bei vier der fünf Fonds gehen sowohl die Zu- als auch die Abflüsse in die Mil- liarden – unabhängig davon, ob der Manager unterm Strich frisches Geld einwerben konnte oder nicht. Eine Ausnahme ist der Privatfonds: Kontrolliert – das mehr als 18 Milliar- Fonds sind perfekte Langfristinvestments. Doch in der Praxis werden die meisten Sondervermögen nicht gehalten, sondern gehandelt – zum Nachteil der Anleger. Großes Rad, kleine Wirkung Ein Riesenrad wirkt gigantisch, doch meist dreht es sich nur ganz langsam. Ähnlich ist es im Asset Management: Die Fonds werben zwar Milliarden ein, aber Anleger ziehen auch wieder Milliarden ab. Netto bleibt oft nicht viel hängen. Brutto versus Netto Mittelzuflüsse und Mittelaufkommen deutscher Publikumsfonds* 2008 sammelten deutsche Fonds brutto 140 Milliarden Euro ein; netto verloren sie Geld. *rollierende Zwölfmonatszeiträume | Quelle: Bundesbank, eigene Berechnungen Mrd. Euro M -50 0 50 100 150 200 Mittelzufluss (Brutto) Nettomittelaufkommen 2018 2015 2010 2005 2000 1995 316 www.fondsprofessionell.de | 4/2018 vertrieb & praxis I brutto- versus nettomittelaufkommen
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