FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2019
gesetz setzte das Urteil dann um. Das führt seit 2004 meist zur doppelten Verbeitragung bei Betriebsrentnern, die im Alter den vollen Beitragssatz auch noch auf den Arbeitgeber- anteil zahlen. „Die Betriebsrente ist wegen der Doppelverbeitragung nicht immer lohnens- wert“, meint deswegen auch Frank Tengler- Marx, Geschäftsführer des Finanz- und Ver- sicherungsmaklers Proconsult. Tengler-Marx verweist darauf, dass derzeit vor allem privat Krankenversicherte Vorteile hätten, bei denen es keine Doppelverbeitragung im Alter gebe und auch die deutlich niedrigere Steuerbela- stung positiv ins Gewicht falle. Bei gesetzlich Versicherten sinkt die Leistung dagegen im schlimmsten Fall um über 18 Prozent. Halbe Ersparnis, volle Belastung Bis Ende 2003 war das anders: Damals wurden Betriebsrenten für gesetzlich Kran- kenversicherte nur mit dem halben Beitrags- satz zur gesetzlichen Kranken- und Pflegever- sicherung herangezogen. Seit 2004 müssen Rentner das Doppelte zahlen. Die Verdopp- lung trifft auch alle Verträge, die vor 2004 ab- geschlossen wurden – Bestandsschutz erlaubte der Gesetzgeber nicht. In der Ansparphase gibt es bis heute nur die halbe Sozialversiche- rungsersparnis, in der Rentenphase aber die volle Belastung. Das Bundesverfassungsgericht sieht nur zwei Ausnahmen vor: Zum einen unterliegen Leistungen aus einer privat fortgeführten Di- rektversicherung nicht der Beitragspflicht zur Krankenversicherung der Rentner, wenn sie auf Versicherungsbeiträgen des Arbeitnehmers beruhen, der den Vertrag nach einem Job- wechsel als Versicherungsnehmer privat fort- geführt hat (Az.: 1 BvR 1660/08). Zum ande- ren muss keinen Sozialversicherungsbeitrag zahlen, wer eine Rente von einer Pensions- kasse bezieht, den Beitrag nach einem Job- wechsel aber privat weitergezahlt hatte (Az.: 1 BvR 100/15 und 1 BvR 249/15). Abgesehen davon bleibt die bekannte Regel in Kraft: halbe Beitragsersparnis in der Berufsphase und volle Beitragspflicht in der Rentenphase. Der Verein der Direktversiche- rungsgeschädigten spricht von 6,3 Millionen Betroffenen. Daher diskutiert die Politik seit über einem Jahr, wie sich diese Ungerechtig- keit beseitigen ließe. Vielleicht gibt es schon in diesem Jahr einen Durchbruch. 268 Euro pro Monat befreit Einen weiteren Beratungsanlass liefern die gestiegenen Beitragsbemessungsgrenzen (BBG) für die Sozialversicherung. Für die ge- setzliche Rentenversicherung (West) liegt die BBG nun bei 6.700 Euro brutto. Maximal vier Prozent dieser Summe sind von Sozial- versicherungsbeiträgen befreit, das entspricht 268 Euro pro Monat (2018: 260 Euro). Bei der Lohnsteuer ist sogar das Doppelte der Einzahlungen steuerfrei (acht Prozent der BBG), also 536 Euro pro Monat (2018: 520 Euro). Weil die BBG regelmäßig angehoben wird, lässt sich die Entgeltumwandlung dyna- misieren – im Gegensatz zur Riester-Rente. Bei der bAV-Beratung gehe es vor allem um zwei große Komplexe: die Vertragsein- richtung und die laufende Betreuung, so Teng- ler-Marx. „Der hohe laufende Betreuungsauf- wand wird meist unterschätzt“, berichtet der Makler. Beratungs- und Betreuungsleistung müssten bezahlt werden, betont er. Tengler- Marx bevorzugt deshalb „höhere Folgecour- tagen zulasten der Abschlussvergütung“. Direktversicherung oben auf Was die Vergütung der bAV-Beratung be- trifft, so bleibt bei der „alten“ bAV alles so, wie es war: 91 Prozent der Courtageeinnah- men entfallen auf die Direktversicherung und die Unterstützungskasse, zeigt eine Umfrage der BBG Betriebsberatung (siehe Grafik vori- ge Seite). Verträge über Pensionskassen wer- den von Maklern dagegen kaum noch vermit- telt. Ein Grund sind sicherlich die schlechten Nachrichten rund um diese Versorgungswer- ke. In den vergangenen zehn Jahren mussten Pensionskassen ihre Versicherten in 27 Fällen darum bitten, für künftige Beiträge einen ge- ringeren Rentenfaktor anzusetzen, davon al- lein 17 Einrichtungen seit 2013. Im Durch- schnitt der letzten elf Jahre haben die Kassen ihren Kalkulationszins um rund 1,2 Prozent- punkte auf zwei Prozent gesenkt. Dieser Zins- satz bezieht sich auf künftige Beiträge. Zu laufenden Kürzungen im Bestand vor dem Stichtag kam es in keinem Fall – bis Ende vergangenen Jahres. Pensionskassen funken SOS Denn im Dezember musste die Bafin erst- mals drei Kassen das Neugeschäft untersagen. Kunden der Kölner Pensionskasse, ihrer Schwester Caritas Pensionskasse und der Deutschen Steuerberater-Versicherung müssen wegen der Unterdeckung wohl Leistungskür- zungen hinnehmen. Vielleicht werden sogar laufende Renten gekappt. Wie die Sanierungs- pläne letztlich aussehen, stand bei Redaktions- schluss noch nicht fest. Auch wenn die bAV insgesamt punkten kann – die Pensionskassen werden nur selten das Mittel der Wahl sein. DETLEF POHL | FP Foto: ©:Proconsult Frank Tengler-Marx, Proconsult: „Die Betriebsrente ist oft, aber nicht immer lohnenswert.“ Die fünf wichtigsten Vorteile für die „alte bAV“ durch das BRSG 1. Der steuerfreie Höchstbetrag der Entgeltumwand- lung wird von vier auf acht Prozent der Beitrags- bemessungsgrenze der Rentenversicherung (West) angehoben. Der sozialversicherungsfreie Höchstbetrag bleibt leider bei vier Prozent. 2. Der Chef ist verpflichtet, bei Entgeltumwandlung min- destens 15 Prozent des Umwandlungsbetrags als Arbeitgeberzuschuss an die Versorgungseinrichtung weiterzuleiten, soweit er selbst durch die Entgeltum- wandlung Sozialversicherungsbeiträge spart. Dies gilt für alle ab 2019 vereinbarten Entgeltumwandlungen und im Bestand ab 2022. 3. Geringverdienerförderung: Zahlt der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern mit maximal 2.200 Euro Bruttoein- kommen mindestens 240 Euro pro Jahr selbst in die bAV ein, kann er 30 Prozent von der Lohnsteuer behalten. Beiträge aus der Entgeltumwandlung sind jedoch nicht begünstigt. 4. Für die Auszahlung betrieblicher Riester-Renten ent- fällt seit 2018 die Sozialversicherungspflicht (bei pri- vaten Riester-Renten galt das schon immer). In der Ansparphase wird die Grundzulage von 154 auf 175 Euro pro Jahr angehoben. 5. Grundsicherung im Alter: Erstmals wird ein Freibetrag für „arme Rentner“ eingeführt. Sie dürfen monatlich rund 208 Euro behalten, wenn sie im Alter auf Grund- sicherung angewiesen sein sollten. 220 www.fondsprofessionell.de | 1/2019 fonds & versicherung I betriebliche altersvorsorge
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