FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2019

MH zum Beispiel hat 2018 zwar kräftig gelit- ten, obwohl er im Vergleich zum Markt deut- lich konservativer aufgestellt ist. 19,9 Prozent haben wir verloren. Aber die Aktienzukäufe sorgen dafür, dass wir 2019 eine sensationelle Performance erzielen werden. Rund 21 Pro- zent hat der Fonds seit Jahresbeginn schon er- reicht. So ist es eben an den Aktienmärkten: Mal haben wir Korrekturen, aber auf die Dau- er wollen die Unternehmen wertvoller werden, und das schaffen sie auch. Aktien werden in den nächsten Jahrzehnten in etwa das Gleiche machen wie in den vergangenen 50 Jahren. Der Unterschied zum März 2009 ist aber, dass es damals noch einen Zins gab. Heute gibt es so gut wie keine Zinsen mehr, damit ist der Spread, der Ab- stand zwischen Aktien- und Anleihenren- diten, viel größer. Das kann die Aktien- märkte ja nur weiter treiben. So lange, bis die Notenbanken endlich erste Zinsschritte nach oben wagen. Das wird auf absehbare Zeit nicht passie- ren. Die Notenbanken sind heute die größten Gläubiger der Staaten, in den USA ebenso wie in Europa und in Japan. Sie steuern den Zinsmarkt, wie sie wollen. Wenn ich es richtig deute, dann haben sie realisiert, dass höhere Zinsen gar nicht mög- lich sind. Der Versuch der Amerikaner, in die alte Normalität zurückzukehren, ist geschei- tert. Warum wohl? Rechnen wir doch mal nach Adam Riese: Die USA haben rund 22 Billionen Dollar Schulden. Ein Prozent Zins- erhöhung wären 220 Milliarden Dollar. Der Zins darf also gar nicht steigen. In Europa ist die Situation noch extremer. Schließlich lässt die Europäische Zentralbank oft genug ver- lauten, dass an Zinserhöhungen gar nicht zu denken ist. Mit Blick auf gewisse Länder weiß man auch, warum. Nein, für Zinsschritte nach oben gibt es keine Chance. Damit sind Aktien für die Altersvorsorge alternativlos. Das ist bei deutschen Anlegern bisher aber nicht angekommen. Leider, das ist ein riesiges Problem. Mitunter ist gar zu lesen, die Deutschen fühlten sich durch die Nullzinspolitik enteignet. Das ist na- türlich Unsinn. Bei einer Enteignung bestünde der Zwang, Eigentum abzugeben. Wer aber Geld auf einem Bankkonto hat, ist nicht ge- zwungen, es dort zu lassen. Jeder könnte bei- spielsweise in einen Aktienfonds investieren. Ob es nun an der Überalterung der Gesell- schaft liegt, auf ein geringes Bildungsniveau in Sachen Finanzen zurückzuführen ist oder in unserer Mentalität begründet liegt: Fakt ist, dass Deutschland durch die Fehlallokation in festverzinsliche Geldanlagen verglichen mit anderen Ländern in der Vermögensstatistik schlecht dasteht und weiter zurückfällt. Damit wir nicht direkt in eine Krise der Altersversor- gung schlittern, müsste die Bundesregierung in dieser Situation Anreize für das Aktienspa- ren setzen, aber das ist nicht zu erwarten. Wie kommen Sie zu dieser Ansicht? Ich habe kürzlich den langjährigen CDU-Bun- destagsabgeordneten und Rechtsexperten Wolfgang Bosbach getroffen und ihn gefragt, ob in Berlin denn niemand sieht, dass wir eine Fehlallokation des Volksvermögens haben. Darauf bekommt man keine Antwort, das ist offensichtlich nicht von Interesse. Als Peter Altmaier im März 2018 sein Amt als neuer Bundeswirtschaftsminister antrat, haben wir ihn angeschrieben und Vorschläge dazu unter- breitet, wie man das Aktiensparen in Deutsch- land fördern könnte. Aber auch er misst dem Thema keine Bedeutung bei. Und wir haben ja gesehen, wie die Reaktionen auf die Vor- schläge von Friedrich Merz zur Förderung ei- ner Aktienkultur ausgefallen sind. Mit solchen Ideen können Sie hierzulande keinen Stich machen. Dabei wäre eine Abkehr von Zins- papieren nicht nur wichtig, sie ließe sich auch relativ leicht bewerkstelligen. Ich könnte so- fort einige Konzepte vorlegen. Tatsächlich? Wie sehen diese aus? Ändern wir doch das Steuergesetz so, dass Verluste aus Aktiengeschäften mit anderen Einkunftsarten verrechnet werden dürfen. Auf diese Weise nähme man dem Bürger die Angst vor der Aktie. Wenn es an der Börse nach unten geht, wären Verluste etwa vom Einkommen abzusetzen. Wenn es hoch geht, fällt es Anlegern leichter, Steuern zu zahlen. Weil die Unternehmen im Lauf der Zeit aber wertvoller werden, wäre der Staat der größte Nutznießer bei dieser Sache. Haben Sie noch eine Idee in petto? Sicher. Sobald der Dax mal um 30 Prozent fällt, legt die Bundesregierung sofort Staatsanleihen in Höhe von 500 Milliar- den Euro auf und investiert das Kapital in Aktien, am besten weltweit. In Norwegen gibt es ein ähnliches Modell ja bereits. Warum sollte das in Deutschland nicht funktionieren? Wenn es nicht der Staat richten soll, könnte man den Bundesbür- gern die genannten Steueranreize bieten, sie aber gleichzeitig dazu verpflichten, in Aktien- oder Mischfonds anzulegen. Jeder dürfte sich selbst ein Portfolio aussuchen. Es gibt Tausende von Fonds am Markt, da ließe sich schon für jeden etwas finden. Und wie finden Sie Titel für Ihre Fonds? Kurz nach dem Einstieg bei Loys haben Sie Oldenburg einmal mit Omaha verglichen, dem Sitz der Ge- sellschaft von Starinvestor Warren Buf- fett. Sehen Sie sich auch als Value-Inve- stor? Nein, ich mag den Value-Begriff gar nicht und möchte auch nicht in diese Schublade gesteckt werden. Wir gehen viel pragmatischer vor. Aber wenn Sie fragen, ob wir auf den Zusam- menhang zwischen Preis und Wert achten: Ja, das machen wir. Im Moment sammle ich beispielsweise Tui-Aktien ein. Das Unterneh- men ist böse unter Druck geraten, hatte schwache Zahlen, das Sommergeschäft 2018 war verhagelt. Aber meiner Ansicht nach sind das Einjahresthemen, darüber spricht in zwölf Monaten niemand mehr. Da die Börse Tui derzeit nicht wohlgesonnen ist, habe ich kürz- lich Aktien für 8,23 Euro pro Stück gekauft. Ich denke aber, dass das Papier mindestens 13 Euro wert ist. Für einen solchen Fall nehmen wir uns etwa fünf Jahre Zeit. Demnach wer- den wir mit dem Investment sicher noch viel Freude haben. Auf diese Weise arbeiten wir – antizyklisch und mit maximaler Freiheit. So finden wir weltweit gute Gelegenheiten, denn die gibt es immer. Vielen Dank für das Gespräch. ANDREA MARTENS | FP » Ändern wir doch das Steuergesetz so, dass Verluste aus Aktiengeschäften mit anderen Einkunfts- arten verrechnet werden dürfen. « Christoph Bruns, Loys markt & strategie I christoph bruns | loys 148 www.fondsprofessionell.de | 2/2019

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=