FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2019

gen ebenfalls Vorteile: „Verbraucher wün- schen sich, ihre Finanzen bequem und schnell erledigen zu können“, erklärt Boris Strucken, Leiter Innovation im Bereich Banking & Pay- ments beim IT- und Dienstleistungsunter- nehmen Fidelity Information Services (FIS). Wer seinen Kunden eine App bietet, die meh- rere Konten und Depots bündelt, kann damit in der Akquise punkten. Nutzen Kunden die App auch für Über- weisungen, hat der Vermittler das große Los gezogen, denn damit besetzt er die sogenannte Kundenschnittstelle. Einer Studie der Bera- tungsgesellschaft Oliver Wyman zufolge schauen Kunden wöchentlich drei- bis vier- mal auf ihr Konto. „Die Möglichkeit, Bank- geschäfte wie Überweisungen auch ohne Nut- zung der bankeigenen Onlinebanking-Ange- bote durchführen zu können, führt zu einer hohen Alltagsrelevanz. Damit wird die Kun- denbindung signifikant verbessert und gleich- zeitig wird das Heben von Up- und Cross- Selling Potenzialen ermöglicht“, sagt Tahedl. Allerdings bieten einige Apps wie Wealthpilot bewusst keine Überweisungsfunktion an – aus Sicherheitsgründen. „Wenn das Smartphone in falsche Hände gerät und entriegelt ist, wä- ren Verfügungen zulasten des Kundenkontos nur die logische Konsequenz“, mahnt Vermö- gensverwalter Schindler. Wettlauf um Kunden Makler und Vertriebe haben beim Kampf um Kunden und ihre Daten harte Konkurrenz seitens der Banken. Laut der Wyman-Studie sind rund zwei Drittel der Verbraucher bereit, Anbietern ihre Finanzdaten für maßgeschnei- derte Angebote anzuvertrauen – mehr als 53 Prozent davon bevorzugen jedoch die App der Hausbank. Die meisten Bank-Apps haben zwar keine Versicherungen integriert, die Institute arbeiten aber im Hintergrund daran. Vergleichsportale wie Check24 oder Verivox bieten ebenfalls entsprechende Tools. Zudem buhlen noch Gesellschafen wie Treefin und Ownly direkt um Endkunden. Daher müssen Vermittler mitzuhalten versuchen. Aktuell haben sich immerhin drei der von FONDS professionell befragten Maklerpools dazu entschlossen, solche Apps zu entwickeln oder ihre Anwendungen entsprechend zu erweitern. Andere dürften folgen. „Bei allem Digitalen gilt: Wer schnell und zuerst da ist, gewinnt“, betont Wealthpilot-Mitgründer Richter. „Denn warum sollte ein Kunde später zu einem an- deren Anbieter wechseln?“ Wenig Auswahl Freie Vermittler, deren Maklerpool noch keine entsprechende App anbietet, haben ak- tuell recht wenig Auswahl. Der B2B-Markt in diesem Segment ist noch sehr überschaubar. Letztlich sind im Moment neben den Pools nur Finhome, Wealthpilot und Moneymeets mit solchen Angeboten am Markt (siehe Tabelle nächste Seite). JENS BREDENBALS | FP Foto: © Moneymeets; Axel Gaube Reinhard Tahedl, Finconomy: „Mit den Apps wird die Kundenbindung signifikant verbessert.“ Johannes Cremer, Moneymeets: „Die Apps helfen Beratern zu erkennen, wo Kunden noch Bedarf haben.“ So kommen die Apps an ihre Daten Die Vermögensübersichts-Apps erhalten ihre Daten über Anwendungsschnittstellen, kurz APIs (Application Pro- gramming Interfaces). Allerdings ist der technische Stan- dard bei Wertpapierdienstleistern und Kreditinstituten so- wie Versicherern unterschiedlich. „Schnittstellen existieren bei Banken bereits seit den 1990er-Jahren, als sich Kre- ditinstitute auf den sogenannten FinTS-Standard geeinigt haben. Daher ist der Zugriff auf Konten auch für dritte Kontoinformationsdienste technisch schon seit Langem möglich“, sagt Johannes Cremer, Geschäftsführer von Moneymeets. In Deutschland stellen mehr als zehn so- genannte API-Anbieter diese Schnittstellen für andere be- reit. „Allerdings haben nicht alle Banken mitgemacht und ihre Konten und Depots anderen geöffnet“, so Cremer. PSD2: Die europäische Richtlinie für den Zahlungsverkehr (Payment Service Directive, PSD2) ändert die Spielregeln. Jene wurde auf EU-Ebene im Dezember 2015 veröffent- licht, das entsprechende deutsche Zahlungsdiensteauf- sichtsgesetz wurde 2017 verabschiedet und gilt seit 2018. Eine EU-Verordnung spezifiziert die technischen Details und verpflichtet Banken dazu, sich nach einer der- zeit laufenden Testphase ab 14. September gegenüber Drittanbietern zu öffnen – inklusive der Möglichkeit, dass Nutzer über die Apps Überweisungen tätigen können. In diesem Zusammenhang wird ein neuer Standard erarbei- tet. „Die Möglichkeiten der so geschaffenen Schnittstellen gleichen in etwa denen von FinTS“, sagt Reinhard Tahedl, Vorstandschef des Fintech-Inkubators Finconomy. „Die Technik und die rechtlichen Grundlagen sind aber neu.“ Konten: PSD2 gilt nur für Girokonten. Tages- und Fest- geldkonten werden nicht erfasst. Auch Depotbanken müssen ihre Schnittstellen nicht öffnen, sodass hier weiter der FinTS-Standard genutzt wird. Allerdings können Insti- tute den Zugang blockieren, sodass es API-Anbietern erschwert wird, auf die Daten zuzugreifen. Diese können in solchen Fällen zwar das „Screen Scraping“ nutzen. Da dieses Verfahren auf dem Auslesen von Webinformatio- nen basiert, ist es jedoch deutlich fehleranfälliger. Wertpapierdepots: Bei Fonds- oder Aktiendepots kommt erschwerend hinzu, dass man über FinTS zwar die aktu- ellen Depotwerte erhält, aber keine Performancedaten. „Um die Wertentwicklung sowie Performance eines De- pots darzustellen, benötigt man die Transaktionsdaten zu Käufen und Verkäufen. Das geht über die Schnittstellen nicht“, so Tahedl. Einige Apps bieten mittels komplexer Hochrechnungen immerhin Näherungswerte, falls sie nicht doch direkt an eine Depotbank angeschlossen sind. Versicherungen: Für Versicherungen gibt es zwar den sogenannten Bipro-Standard, auf den sich die Assekuranz und die Vertriebe verständigt haben. Allerdings sind die Daten laut Experten nicht vollständig und von überschau- barer Qualität. App-Anbieter müssen daher viel selbst pro- grammieren oder Kunden die Daten manuell eintragen lassen. Einige API-Anbieter extrahieren Informationen aus Kontoumsätzen, die Tarife lassen sich so aber nicht be- stimmen. Illiquide Assets wie Immobilien oder Beteiligun- gen müssen ohnehin von Hand eingepflegt werden. 300 www.fondsprofessionell.de | 2/2019 vertrieb & praxis I vermögensübersicht

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