FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2019

Daher sei es bei einer Bestandsübertragung nicht notwendig, bei jedem einzelnen Kunden eine neue Datenschutzerklärung einzuholen. Stattdessen müssen Vermittler ihre Kunden lediglich über den Wechsel informieren und ihnen ein Widerspruchsrecht einräumen. Ein solches Vorgehen wäre im Fall einer Pool- insolvenz also relativ problemlos möglich. Pool tritt nicht als Vermittler auf Auch dass ein Pool in der Versicherungs- police meist selbst als Vermittler auftaucht und damit den Makler sozusagen verdrängt, können die Rechtsexperten nicht bestätigen. „Das ist allein schon deshalb absolut unüblich, weil das Unternehmen in diesem Fall für alle Beratungsfehler des Vermittlers haften wür- de“, sagt Schwintowski. Sollte es vereinzelt doch vorkommen, wäre der Pool nicht nur der Geschäftsabwickler eines Maklers. Er wäre dann auch der alleinige Inhaber aller Courta- geansprüche. „Diese fielen im Ernstfall an den Insolvenzverwalter“, erklärt Schwintowski. Wird in der Police wie üblich der Name des Vermittlers aufgeführt, ist die Sache hingegen nicht so eindeutig. Blau Direkt hat ebenso wie der Münchner Maklerpool Fonds Finanz mit einem ge- schickten System gut vorgesorgt. „Über Ga- rantieerklärungen verpflichten sich unsere Versicherungspartner, auf Wunsch des Mak- lers seinen Bestand jederzeit zu übertragen“, erklärt Pradetto. Das gelte auch für den un- wahrscheinlichen Fall, dass das Unternehmen Insolvenz anmelden müsse. Aufgrund des Code of Conduct bräuchten die Makler selbst ihre Kunden von dem Bestandswechsel nur in Kenntnis zu setzen. Ein Insolvenzverwalter hätte auf die Courtagen des Vermittlers keinen Zugriff mehr. Wann es brenzlig werden kann Bestehen solche Garantiesysteme nicht, kann es schon eher brenzlig werden. „Klar ist, dass der Insolvenzverwalter rechtlich in die Position des Maklerpools eintritt“, sagt Schwintowski. Wie der Pool hat der Verwalter gegenüber den Versicherern einen Anspruch auf Courtagen. „Diese muss er aufgrund der mit den Maklern geschlossenen Verträge nach Abzug der vereinbarten Marge aber weiterhin an sie durchleiten“, erläutert der Experte. „Das ist schon richtig“, sagt Matthias Kroll, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Part- ner der Hamburger Kanzlei Dr. Nietsch & Kroll Rechtsanwälte. „Sofern der Verwalter nach einer Prüfung zu dem Schluss kommt, dass das Unternehmen nicht fortgeführt wer- den kann, könnte er die Vereinbarungen zwi- schen Pool und Vermittler aber kündigen“, gibt der Experte zu bedenken. Sobald die Kündigung wirksam ist, fließen keine Cour- tagen mehr. „Auch die Stornoreserven könnte der Insolvenzverwalter zur Masse ziehen“, sagt Kroll. Unklar ist, ob er die Garantieerklä- rungen der Versicherer anfechten und versu- chen würde, Bestände, die Makler bereits an eine Versicherung übertragen haben, wieder zurückzuholen. Ausschließen lässt sich das zumindest nicht. Ob all diese Folgen bei einer Poolpleite für den einzelnen Vermittler tat- sächlich eintreten, lässt sich nicht mit Sicher- heit vorhersagen. „Dafür müsste ein Gericht bei einer Maklerpoolinsolvenz in strittigen Fragen dieser Art erst einmal ein Urteil fäl- len“, erklärt Kroll. Das ist bisher jedoch nicht vorgekommen. Oliver Pradetto freut sich über die Entscheidung des LG Lübeck jedenfalls. „Wir sehen das Urteil als gerichtlichen Beleg dafür, dass unser Garantiesystem sicher ist“, sagt er stolz. ANDREA MARTENS | FP Foto: © Stephan Wieland; Matthias Kroll Matthias Kroll, Rechtsanwalt: „Der Insolvenzverwalter könnte auch die Stornoreserven zur Masse ziehen.“ Oliver Pradetto, Blau Direkt: „Wir werten das Urteil als Beleg dafür, dass unser Garantiesystem sicher ist.“ Begriff und Rechtsverhältnisse: Wem gehören die Bestände? Der Begriff „Bestand“ wird zuweilen nicht ganz korrekt ver- wendet. Oft sprechen Versicherungsvermittler von „ihren Beständen“, wenn sie ihre Kunden meinen. Manchmal ist auch zu hören, die Bestände gehörten nicht dem Makler oder dem Pool, sondern immer dem Versicherer. Das ist nur teilweise richtig. Um zu klären, wer Eigentümer eines Bestands ist, muss zunächst eindeutig definiert werden, was genau unter dem Begriff zu verstehen ist. Definition: Rechtlich handelt es sich bei einem Bestand um eine Vielzahl von Verträgen, die nach Paragraf 14 Ver- sicherungsaufsichtsgesetz (VAG) dem Versicherer gehö- ren. Der Makler darf über die Rechtsverhältnisse zwi- schen Kunden und Versicherungsgesellschaft nicht ver- fügen. Er generiert aus seinen Kundenbeziehungen aber Courtageansprüche gegenüber dem Versicherer. Diese Forderungen und seine eigenen Rechtsbeziehungen zu den Kunden bilden den Bestand des Vermittlers. Direktanbindung: Bei einer Direktanbindung an eine Ver- sicherungsgesellschaft erhält der Vermittler die Courtage vom Versicherer. Dieser Bestand ist sein Eigentum, so- lange er eine Erlaubnis als Versicherungsvermittler nach Paragraf 34d Gewerbeordnung hat und die Vertriebs- vereinbarung mit dem Versicherer besteht. Maklerverbund: Ist der Makler Mitglied in einem Verbund, so ändert dies nichts an seinen Direktanbindungen und den damit verbundenen Courtagezusagen. Der Makler- verbund unterstützt den Vermittler organisatorisch oder auch in Rechtsfragen. Anders als ein Maklerpool ist ein Maklerverbund jedoch nicht zwischen den Versicherer und den Vermittler geschaltet. Maklerpool: Hat sich der Vermittler einem Maklerpool angeschlossen, so ergibt sich ein sogenanntes gestuftes Rechtsverhältnis. Der Pool verwaltet die Verträge, die Versicherer und Kunden abgeschlossen haben, für die Versicherungsgesellschaft. Daher liegen alle Courtage- ansprüche gegenüber dem Versicherer beim Pool. Dieser leitet die Courtagen abzüglich seiner Marge an den Ver- mittler weiter. Die Einzelheiten dazu sind in der Verein- barung zwischen Pool und Makler geregelt. Der Vermittler hat diesem Vertrag entsprechend Anspruch auf die Cour- tagen, solange die Vereinbarung besteht. 348 www.fondsprofessionell.de | 2/2019 steuer & recht I bestandssicherheit

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