FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2019

des Statistischen Bundesamtes beruht (siehe auch FONDS professionell 1/2018, Seite 326). Die Tabelle enthält für Frauen und Männer getrennt für jedes Lebensalter einen „Kapitalwert“, der als Multiplikator in die Berechnung des Nießbrauchwertes einfließt (siehe Beispielrechnung unten). Die so berechnete Summe wird vom Wert des Depots abgezogen. Der neue Eigentümer muss dann nur die Differenz versteuern. Um zum Eingangsbeispiel zurückzukommen: Ist der Nießbrauchwert so hoch, dass er den Wert des Depots unter den für den Sohn geltenden Freibetrag von 400.000 Euro drückt, entfallen alle Erbschaft- oder Schenkungsteuern. An- dernfalls muss der Beschenkte die Differenz zwischen dem Depotwert abzüglich Nieß- brauch und dem Freibetrag gemäß Paragraf 19 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer- gesetz (ErbStG) versteuern. Beim Verkauf des Depots zu einem späteren Zeitpunkt fallen allerdings Steuern auf mögliche Gewinne an. Verzwickte Details Diese Rechnung lässt sich noch gut nach- vollziehen. Im Detail ist der Nießbrauch aller- dings verzwickt. So darf der Nießbrauch- nehmer keine Wertpapiere aus dem Depot verkaufen – er ist ja nicht mehr der Eigen- tümer und hat damit keinen Zugriff auf die „Substanz“ der Wertpapiere. Sollen dennoch Fondsanteile oder Aktien veräußert werden, müsste Müller zufolge erst der Nießbrauch aufgehoben werden – oder der Eigentümer selbst verkauft die Titel. Bei möglichen Ge- winnen muss dann genau analysiert werden, wer wie viel zu versteuern hat. Ebenfalls kompliziert wird es, wenn der Nießbrauch- nehmer nur wenige Jahre nach der Schenkung verstirbt. Dann muss der Eigentümer womög- lich Steuern nachzahlen. Die Grundlagen für die komplexe Berechnung finden sich in Para- graf 14 Absatz BeWG. Ferner sollte jeder im Vorfeld klären, ob sich das in Frage kommende Depot überhaupt für einen Nießbrauch eignet. Liegen darin nur thesaurierende Fonds, ist das nicht der Fall. „Bei einem Depot mit thesaurierenden Fonds besteht keine Möglichkeit der Fruchtziehung durch den Nießbrauchnehmer. In diesem Fall halte ich die Standardmethoden wie Abzin- sung der lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen im Zusammenhang mit dem Übertrag eines belasteten Depots für nicht steuerlich umsetzbar“, meint Müller. Nicht zuletzt gilt es zu schauen, wie hoch der Nießbrauchwert ist. Besteht das Depot nur aus Renten- oder Geldmarktfonds mit mini- maler Wertentwicklung, wird auch der Nieß- brauchwert niedrig ausfallen. „Damit wird aber beim direkten Nießbrauch auf ein Depot unter Umständen der Freibetrag derart hoch überschritten, dass die Steuerersparnis in kei- nem Verhältnis mehr zum Nachteil des feh- lenden Nutzungsrechts steht“, gibt Brähler zu bedenken. Liegt der Wert des Depots ohnehin unterhalb des jeweiligen Freibetrags, ergibt ein Nießbrauch ebenfalls wenig Sinn. „Nießbrauchpolice“ Unter Umständen ist es sinnvoller, ein be- stehendes Depot aufzulösen und den Erlös in eine sogenannte „Nießbrauchpolice“, also eine Vermögenslösung in einem Versicherungs- mantel, einzuzahlen. „Bei einer Versicherung wird immer pauschal die maximale Perfor- mance von jährlich 5,37 Prozent angesetzt, da es hier keine Vergangenheitsbetrachtung gibt“, sagt Brähler. Somit fallen einige der oben ge- nannten Problemfelder des Depots weg. Hin- zu kommt die Todesfallregelung: Beim Tod des Nießbrauchnehmers fällt der gesamte Betrag – zwischenzeitlich erfolgte Gewinne eingeschlossen – vollkommen steuerfrei an den Beschenkten. Allerdings kommen hierfür nur Policen infrage, die Teilauszahlungen während der Laufzeit ermöglichen. Versiche- rungen, die das gesamte Vermögen nebst Ren- dite nach einer Ansparphase auszahlen oder eine lebenslange Rente gewähren, sind nicht geeignet. „Bei der Auszahlung kann man nicht mehr zwischen der Fruchtziehung und dem Vermögensstamm trennen“, so Müller. Fazit: Ein Nießbrauch kann attraktiv sein – aber erst nach Rücksprache mit dem Steuer- berater. JENS BREDENBALS | FP Foto: © Christine Kocher Stefan Brähler, Confidema: „Schon im Jahr 1896 wurde der Nießbrauch definiert und geregelt.“ Steuern beim Depotübertrag: Drei Beispielrechnungen Die Rechnung basiert auf folgenden Annahmen: Die Schenkung an einen Sohn erfolgt 2019, der Schenker und Nießbrauchnehmer ist 60 Jahre alt. Das Depot hat einen Wert von einer Million Euro. Übertrag unter Nießbrauchsvorbehalt (Variante mit 5,37 % jährlicher Performance*) Schenkung 2019 im Wert von 1.000.000,00 Abzüglich jährlicher Nießbrauchswert von 5,37 %* multipliziert mit 53.763,44 Multiplikator gemäß Nießbrauchtabelle des BMF 12,7030 Gesamtabzug –682.956,99 Schenkungsteuerlicher Wert 317.043,01 Abzüglich Freibetrag 400.000 Euro (nach § 16 Abs. 1 ErbStG) –400.000,00 Zu versteuern mit 0 % (nach § 19 ErbStG) 0,00 Steuern 0,00 Übertrag unter Nießbrauchsvorbehalt (Variante mit 1,5 % jährlicher Performance) Schenkung 2019 im Wert von 1.000.000,00 Abzüglich jährlicher Nießbrauchswert von 1,5 % multipliziert mit 15.000,00 Multiplikator gemäß Nießbrauchtabelle des BMF 12,7030 Gesamtabzug –190.545,00 Schenkungsteuerlicher Wert 809.455,00 Abzüglich Freibetrag 400.000 Euro (nach § 16 Abs. 1 ErbStG) –400.000,00 Zu versteuern mit 15 % (nach § 19 ErbStG) 409.455,00 Steuern 61.413,25 Übertrag ohne Nießbrauch Schenkung 2019 im Wert von 1.000.000,00 Abzüglich Freibetrag 400.000 Euro (nach § 16 Abs. 1 ErbStG) –400.000,00 Zu versteuern mit 15 % (nach § 19 ErbStG) 600.000,00 Steuern 90.000,00 * Maximaler Nießbrauchwert, der sich aus §16 BeWG ergibt (100/18,6 = 5,37 %) Quelle: WM Treuhand AG, Limburg 352 www.fondsprofessionell.de | 2/2019 steuer & recht I nießbrauch

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