FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2019

Foto: © Cornelis Gollhardt I ns kalte Wasser geworfen zu werden, gilt manchmal als gute Methode, um schwimmen zu lernen. So erging es jedenfalls Frank Lipowski, als er vor mehr als zehn Jahren zu Flossbach von Storch stieß. An den Anleihenmärkten war er damals noch nicht zu Hause, arbeitete sich aber in das komplexe Zusammenspiel aus Bonität, Kupon, Laufzeit und Rendite ein. Schließlich übernahm er beim Bond Op- portunities das Ruder. Das ursprünglich mit seiner Multi-Asset-Strategie bekannt und groß gewordene Haus wollte mit dem flexiblen Rentenfonds sein Sortiment er- weitern. Das Team um Lipowski feilte an der Strategie und erweiterte nach und nach den Anlagehorizont – augenschein- lich mit Erfolg. In puncto Performance setzten sich die Kölner über die vergan- genen Jahre von der Konkurrenz ab. Das Fondsvolumen schwoll auf 1,5 Milliarden Euro an. Wie seine Strategie nun aussieht und wo er Chancen erkennt, verrät Lipowski im Interview mit FONDS professionell. Herr Lipowski, Anleihen gelten gemein- hin als langweilig – lohnenswerte Rendi- ten lassen sich auch nicht mehr erzielen. Was treibt Sie an, einen reinen Renten- fonds zu steuern? Frank Lipowski: Diese Anlageklasse hat viel mehr zu bieten, als die meisten glauben. Gerade ein globaler, flexibler Ansatz wie unserer eröffnet viele Möglichkeiten. Mir stehen übrigens sogar mehr Instrumente zur Verfügung als meinen Aktienkollegen. Welche Instrumente zählen dazu? Ich kann mir nicht nur den Emittenten aussu- chen, sondern habe zudem die Wahl zwischen verschiedenen Laufzeiten, Schuldnerrangfol- gen und Währungen – sofern der Emittent mehrere Papiere begeben hat. Ich kann die Duration rasch hoch- und runterfahren sowie diese zwischen den Zinsstrukturkurven an- derer Währungen hin- und herschieben. Der Instrumentenkasten, bei dem ich mich bedie- nen kann, ist also sehr groß. Für wirklich aktive Anleger sind Anleihen längst nicht so langweilig, wie das Vorurteil besagt. Aber können aktive Manager bei Anlei- hen überhaupt noch Erträge erwirt- schaften? Das ist ein weiteres Vorurteil, das ich oft höre: Weil die Renditen so niedrig sind, könne ein Investor bei Anleihen nur noch die Kosten seines Investments drücken, also auf günstige Indexfonds umsteigen. Das ist jedoch ein Trugschluss. Denn bei Renten ist die Diffe- renz der Kosten zwischen aktiven und pas- siven Investments nur sehr gering. Zudem existiert bei Rentenindizes noch ein struktu- reller Effekt, der „Tilt to the Schrott“. Was verbirgt sich dahinter? Bei Aktien gibt es eine Art natürliche Auslese. Schlechte Titel verlieren an Marktkapitalisie- rung und fallen aus einem Index raus. Gute, aufstrebende Unternehmen rücken dafür nach. Bei Renten funktioniert das jedoch völlig anders: Wer am meisten Schulden anhäuft, erhält im Index das größte Gewicht. Dagegen fallen Emittenten raus, die ihren Schulden- stand abtragen. Das widerspricht dem Ver- langen eines Investors nach guter oder sich verbessernder Bonität. Deswegen ist es bei Renten besonders sinnvoll, stark von Indizes abzuweichen und seine eige- ne Auswahl zu treffen – so wie wir es tun. Die ETF-Anbieter reagieren auf solche Kritik. Die sogenannten Smart-Beta- Strategien sollen solche Fehler aus- merzen und gewichten die Indizes an- hand anderer Kriterien. Was taugen diese Ansätze? Das hängt vom Einzelfall ab. Ich habe generell den Eindruck, dass da noch vieles in den Kinderschuhen steckt. Viele ver- meintliche Neuerungen kommen auf den Markt. Doch dahinter stecken oftmals alte Konzepte. Dennoch läuft diese Konkurrenz den klassischen aktiven Portfoliomanagern immer mehr den Rang ab, zumal diese auch nicht immer eine Mehrrendite gegenüber dem Markt abliefern. Tatsächlich übertreffen aktive Manager längst nicht immer ihren Referenzmarkt. Doch ich sehe in dem Wettbewerb eine Chance. Denn wir aktiven Manager werden dadurch ge- zwungen, noch mehr gegen den Strom zu schwimmen. Prozyklisches Investieren ist im Rentenbereich der totale Killer. Dafür braucht man allerdings eine Kultur im Haus, die es auch erlaubt, antizyklisch zu agieren. Die Fir- menleitung muss die Geduld aufbringen und Phasen aushalten, in denen eine Strategie nicht aufzugehen scheint. Und bei den aktu- ellen Renditen löst eine Buy-and-Hold-Stra- tegie ganz offensichtlich keine Probleme. Warum schwimmen dennoch so viele Investoren mit dem Strom? Das liegt an weit verbreiteten Gewohnheiten und Trugschlüssen. Einer davon ist der Fokus auf die Jahresrendite. Viele Portfoliomanager und professionelle Investoren richten den Blick stur darauf, dass am Jahresende eine Die Renditen an den Rentenmärkten fallen nur noch mager aus, die großen Kursgewinne streichen Aktien- manager ein – so lautet ein weit verbreitetes Vorurteil. Weit gefehlt, meint Frank Lipowski , der bei dem Kölner Vermögensverwalter Flossbach von Storch den milliardenschweren Bond Opportunities lenkt. „Prozyklisches Investieren » Ich möchte keine klagende Ente sein, die schnatternd am Boden rumläuft und verzweifelt jeden Brotkrumen aufpickt. Ich möchte vielmehr der Adler sein, der oben kreist und alles im Blick hat. « Frank Lipowski, Flossbach von Storch markt & strategie I frank lipowski | flossbach von storch 140 www.fondsprofessionell.de | 3/2019

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