FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2019
bus neu positionieren oder zwischen Laufzei- ten oder Währungen hin und her springen. Zuletzt konnten wir in vielen Fällen schlicht- weg von Kursgewinnen profitieren. Das muss aber nicht immer so bleiben. Im Zuge der niedrigen Renditen geraten Anleihen trotzdem immer wieder in die Kritik. Und das zu Unrecht. Bei Anleihen sind die zu erwartenden Erträge berechenbarer als in vie- len anderen Anlageklassen. Anleihen bieten viele Chancen. Wenn der Bondkurs eines Emittenten fällt, dessen Bonität außer Frage steht, und wenn ich ein klares Weltbild habe, wohin sich die Zinsen entwickeln könnten, dann kann ich sehr gut in Szenarien arbeiten. Immerhin weiß ich ja, wann und zu welchem Kurs ich einen Bond zurückgeben kann. Kurz: Wenn es an der Zeit ist, seine Positio- nierung zu ändern, kann man das mit Anlei- hen sehr präzise umsetzen. Diesen Vorteil nutzen wir als aktiver Investor, der eine sehr dezidierte Marktmeinung hat. Wo haben sich zuletzt die meisten Chan- cen aufgetan? Bei Unternehmensanleihen. Ich wurde bereits gefragt, ob wir ein reiner „Firmenbond- Fonds“ sind. Nein, das sind wir nicht! Wir sind nur mit offenem Verdeck im Cabrio ge- fahren, weil die Sonne schien. Das heißt aber nicht, dass wir das Dach – wenn Regenwol- ken aufziehen – nicht wieder schließen. Mitte des Jahres haben wir die Qualität im Portfolio schrittweise erhöht und etwa den Anteil von Staatsanleihen oder Pfandbriefen aufgestockt. Im Feld der Unternehmensanleihen hält die EZB einen hohen Bestand an Papie- ren. Zudem haben Banken nach der Fi- nanzkrise ihren Eigenhandel zurückge- fahren. Wie liquide ist der Bondmarkt? Liquidität ist immer eine Frage des Preises. Es gibt jedoch zwei Arten von Liquidität. Wir möchten das einmal an einem einfachen Bei- spiel erklären: Wenn ich im Sommer bei strahlendem Sonnenschein einen Regen- schirm verkaufen möchte, ist die Liquidität dieses Produkts ziemlich gering. Solange der Regenschirm funktioniert, habe ich jedoch einen Wert. Im Herbst kann ich ihn immer noch verkaufen, wahrscheinlich zu einem bes- seren Preis. Zerfällt der Schirm aber in seine Einzelteile, wenn ich auf den Knopf drücke, kann ich ihn auch im November nicht ver- kaufen. Es stellt sich also immer die Frage: Ist eine Anleihe illiquide, weil die Nachfrage gerade nicht da ist oder weil der Emittent hin- ter dem Papier in Schwierigkeiten steckt? Wie schließen Sie aus, dass Sie einen kaputten Regenschirm kaufen? Der Analyseprozess ist im Hause Flossbach von Storch bei Aktien und Anleihen sehr ähn- lich. Wir legen die Kriterien aus unserem Pen- tagramm zugrunde, also Diversifikation, Fle- xibilität, Qualität sowie Solvenz und Wert. Wichtig ist uns etwa ein robust abschätzbarer Cashflow. Wir mögen keine Geschäftsmo- delle, bei denen strukturell immer neue Schul- den aufgenommen werden müssen, um Fäl- ligkeiten zu refinanzieren. Erst im Verlauf der Analyse kommt es dann zu verschiedenen Schwerpunkten bei Aktien und Anleihen. Etwas vereinfacht formuliert reicht es uns bei Anleihen aus, wenn wir sicher sein können, dass ein Unternehmen den Bond zurückzah- len kann. Über das Wachstum und die Expan- sion in neue Geschäftsfelder machen wir uns nicht so viele Gedanken wie die Aktienkol- legen. Die technischen Fragen des Anlage- instruments sind für uns wiederum sehr viel relevanter, also welche Laufzeit oder welche Währung ich wähle. Was fällt Ihnen als Rentenfondsmanager besonders schwer? Geduld zu haben. Wir bei Flossbach von Storch haben den Ruf, Trends an den Märkten schon sehr früh zu erkennen. Ich bin manch- mal vorneweg, steige also zu früh aus oder zu rasch wieder ein. Auf der anderen Seite gibt es aber auch lange Phasen, an denen sich am Anleihenmarkt kaum etwas ändert. Da braucht es Disziplin, einfach mal abzuwarten und nichts zu tun. Das Management eines Portfolios fordert einen ebenso intellektuell wie emotional. Vielen Dank für das Gespräch. SEBASTIAN ERTINGER | FP Foto: © Cornelis Gollhardt Frank Lipowski Vor mehr als zehn Jahren stieß Frank Lipowski zum rheinischen Vermögensverwalter Flossbach von Storch. Er studierte Betriebswirtschaftslehre an der Frankfurt School of Finance sowie an der Universität in Colorado Springs. Bei der Frankfurter Boutique Lupus Alpha absolvierte er seine Trainee-Zeit im Port- foliomanagement. Zu den weiteren Stationen zählt das auf alternative Investments spezialisierte Schweizer Haus Partners Group, wo Lipowski in der Handels- abteilung sowie im Portfoliomanagement arbeitete. » Wir sind nur mit offenem Verdeck im Cabrio gefahren, weil die Sonne schien. Das heißt aber nicht, dass wir das Dach – wenn Regenwolken aufziehen – nicht wieder schließen. « Frank Lipowski, Flossbach von Storch Frank Lipowski: „Wir mögen keine Geschäftsmodelle, bei denen strukturell immer neue Schulden aufgenommen werden müssen, um Fälligkeiten zu refinanzieren.“ markt & strategie I frank lipowski | flossbach von storch 142 www.fondsprofessionell.de | 3/2019
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