FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2019
Investoren müssen unterscheiden zwischen einer einzelnen Einzelhandelsimmobilie, die mit einem Discounter als Mieter am Stadtrand oder an einer Ausfallstraße liegt, und der stra- tegischen Handelsimmobilie, die zumeist ein Multi-Tenant-Objekt in zentralen groß- oder mittelstädtischen Lagen ist. Bei den ersten wird in der Regel in Mietverträge, bei den zweiten in Standorte investiert. Das Emis- sionshaus ILG hat derzeit einen geschlossenen Publikumsfonds mit Standortkonzept imAn- gebot. Habona, spezialisiert auf eher kleinflä- chige Lebensmittelmärkte, kündigte einen of- fenen Immobilienfonds mit einem geplanten Volumen von bis zu einer halben Milliarde Euro an. Fondsanbieter Hahn ist hingegen auf großflächige Fachmarktzentren spezialisiert. Die strategische Einzelhandelsimmobilie erfreut sich wirtschaftlicher Nachhaltigkeit. Schaut man sich die Kurse am Zweitmarkt geschlossener Fonds an und beobachtet, wel- che Beteiligungsmodelle in den vergangenen Jahren regelmäßig über 100 Prozent ihres Nominalwertes erzielten, dann sind das meis- tens Einzelhandelsimmobilien. Pflegeimmobilien Die immer älter werdende Bevölkerung und der Eintritt der Babyboomer ins Renten- alter sind perfekte Rahmenbedingungen für die Senioren- und Pflegeindustrie, die natür- lich auch entsprechende Immobilien braucht. Die Nachfrage nach Seniorenresidenzen, be- treutem Wohnen und Wohnformen mit einer Pflegekomponente wird höchstwahrscheinlich über Jahrzehnte hoch bleiben, weil die Zahl der Senioren nach allen demografischen Pro- gnosen überproportional steigt. Deshalb stehen Senioren- und Pflegeim- mobilien bei Investoren hoch im Kurs. Nach Angaben der Beratungsgesellschaft NAI Apollo betrug das Transaktionsvolumen im ersten Halbjahr 2019 rund 840 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum legte der Umsatz um rund vier Prozent zu. Für das Gesamtjahr erwartet NAI ein Invest- mentvolumen über dem langjährigen Durch- schnitt von rund 1,6 Milliarden Euro. Dabei sollen die Spitzenrenditen leicht rückläufig bis stabil bleiben, nachdem sie in den vergange- nen Jahren von knapp acht Prozent im Jahr 2010 auf 4,7 Prozent gefallen sind. Wie im Wohnungsmarkt mischt sich die Politik auch im Pflegeimmobilienmarkt ein. Die SPD-Bundestagsfraktion fasste Anfang September einen Beschluss, in dem es unter anderem heißt, dass „die Versorgungssicher- heit und Qualität Vorrang vor gewinnorien- tierter Marktlogik“ haben müsse. Die Pflege- heimbetreiber sollen zwar Überschüsse erwirt- schaften können, um in die Pflege zu investie- ren. „Aber spekulative Gewinne zugunsten anonymer Anleger oder Investoren lassen sich nicht mit der Würde der Pflege und einem solidarisch finanzierten Versicherungssystem vereinbaren. Darum wollen wir die Rendite begrenzen“, erklärte die SPD. Solche politischen Forderungen bringen Un- ruhe in den Markt, lösen aber das eigentliche Problem nicht: Weder im klassischen Wohn- bau noch in Altenheime investiert die öffent- liche Hand im notwendigen Ausmaß. Deshalb sind private Investitionen unumgänglich. Allerdings fehlt es auch und gerade in diesem Segment an erschwinglichen Angeboten, und institutionelle Investoren haben die größere Ankaufspower. „Für zunehmende Aktivitäten seitens institutioneller Investoren kann exem- plarisch die gerade verkündete Kooperation von Aviarent mit der Convivo Unternehmens- gruppe bei dem Bau von zwölf Wohnparks mit einem Entwicklungsvolumen in Höhe von 500 Millionen Euro genannt werden“, berich- tet Sebastian Deppe, geschäftsführender Ge- sellschafter der Apollo Healthcare. Ausblick Der Slogan „Im Einkauf liegt der Gewinn“ hat im Lichte der Preisexplosion für gute Objekte eine neue Bedeutung gewonnen. Kann man aktuell noch Geld mit Immobilien verdienen? Ja, aber weniger als früher, und der Druck auf die Preise wird in absehbarer Zeit nicht abnehmen, vor allem nicht bei lebensnahen Themen wie Wohnen, Einzel- handel, Betreuung und Pflege. Aus diesem Grund konzentrieren sich eini- ge Anbieter auf Märkte, denen ein schnelles Wachstum vorhergesagt wird. Das gilt bei- spielsweise für Hotels, die vom Tourismus- boom der vergangenen Jahre profitieren. Die an sich auf Pflegeheime spezialisierte Immac Gruppe nahm den Faden auf und legt den Fokus aktuell auf Hotelfonds, die unter dem Label DFV angeboten werden. Die Dr. Peters Gruppe, die jahrelang keine Immobilien, son- dern nur Schiffe und Flugzeuge finanziert hat, sieht im Hotelmarkt aktuell ebenfalls die besten Chancen. Fazit: Der Wettbewerb im Investmentmarkt wird weiter hart bleiben, insbesondere für kleinere Anleger, die einen Stellungsnachteil haben. Denn institutionelle Investoren sind liquider und schneller, was ihnen im Einkauf Vorteile bringt. Außerdem können sie sich durch geringere Kosten und Management- gebühren, die teilweise erfolgsabhängig sind, teurere Immobilien leisten. Das macht sie gegenüber geschlossenen Publikumsfonds fle- xibler. TILMAN WELTHER, ALEXANDER ENDLWEBER | FP Auf Talfahrt Netto-Spitzenrenditen von Gewerbeimmobilien in Deutschland Erstklassige Immobilien in Toplagen bringen den Investoren deutlich weniger Rendite als früher. * Durchschnitt für A-Standorte Quelle: BNP Paribas 2 % 4 % 6 % 8 % 10 % Fachmärkte Fachmarktzentren Shopping Center Logistik* Geschäftshäuser* Büro* 2018 Q2 2019 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 Kaum Besserung in Sicht Renditeerwartung professioneller Investoren Die Immobilien-Asset-Manager gehen überwiegend davon aus, dass die Renditen bei deutschen Immobilien unter Druck bleiben. Quelle: EY Asset-Management-Studie 2019 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Büro Hotel Wohnen Industrie Logistik Gesundheits- immobilien Handel 0 8 % 36 % 16 % 36 % 4 4 25 % 38 % 33 % 29 % 38 % 33 % 4 17 % 62 % 17 % 4 15 % 43 % 38 % 17 % 61 % 22 % 15 % 58 % 27 % Stark steigend Steigend Gleich bleibend Sinkend Stark sinkend 216 www.fondsprofessionell.de | 3/2019 sachwerte I immobilienmarkt
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