FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2019

Foto: © Björn Wylezich | stock.adobe.com W enn neue Technologien entstehen, verläuft ihre Entwicklung in Schü- ben. Zunächst werden die Neuerun- gen in der breiten Öffentlichkeit ignoriert oder belächelt. Dann folgt eine Phase der Euphorie, die wiederum in eine Ernüchterung mündet. In diesem Stadium versanden viele Entwick- lungen. Die Blockchain-Technologie, auf der Kryptowährungen wie Bitcoin fußen, scheint derzeit das Stadium der Ent- täuschung erreicht zu haben. „Die prak- tische Anwendung der Blockchain in Unternehmen steckt derzeit im Tal der Tränen“, formuliert es Richard Johnson vom Analysehaus Greenwich Associa- tes. Die Entwicklung mancher Projekte steckt fest oder brachte nicht die erhoff- ten Ergebnisse. Steht die Blockchain damit vor demAus? Das Gegenteil kann eintreten. Viele Neuerungen blühen nach der Ernüchte- rungsphase erst richtig auf – und setzen sich durch. Kryptowährungen etwa erfuhren nach dem Crash bereits eine Stabilisierung. Auch die Distributed- Ledger-Technologie selbst könnte vor ihrem Durchbruch stehen. Denn das Thema erhält von unerwarteter Seite einen Schub: aus der Politik. Die Unionsfraktion im Bundestag überraschte mit einem Eckpunktepapier, in dem sie für eine Förderung digitaler Vermö- genswerte wie auch der dahinterliegenden Technik plädierte. Zudem beschloss die Bun- desregierung im Zuge einer Änderung des Geldwäschegesetzes, die Verwahrung von di- gitalen Vermögenswerten unter Aufsicht zu stellen. Diese Kontrolle setzt dem bislang freien Markt zwar Grenzen, eröffnet zugleich aber die Chance, dass digitale Assets die Reise zu einem regulierten Finanzprodukt antreten. Am Ende könnten auch herkömmliche Wert- papiere auf eine digitale Plattform gehoben werden – eine Entwicklung, die letztlich auch die Fondswelt erreichen wird. Bislang bleiben Fonds bei der Entwicklung außen vor. Gerade auf der Anlageseite stehen Hürden. „Investments in Krypto-Assets wer- fen juristische Fragen auf“, erläutert Rudolf Siebel, Geschäftsführer beim deutschen Fondsverband BVI. „Manager von Publi- kumsfonds dürfen nur in die Wertpapiere investieren, die auch im Gesetz genannt sind.“ Bei Spezialfonds sei dies zwar etwas weiter gefasst, „doch auch da stoßen Manager an Grenzen“, so Siebel. Nur über Umwege Wertpapierpublikumsfonds müssen für An- lagen in Digitalwährungen somit Umwege einschlagen. Die Fonds, die bislang testweise in Krypto-Assets investieren, nutzen dazu Zertifikate. Als Eins-zu-eins-Wertpapier sind diese Vehikel zulässig. „Um grundsätzlich In- vestments in Krypto-Assets zu ermöglichen, müsste das Gesetz geändert werden. Es gilt nach wie vor die Papiererfordernis der Glo- balurkunde“, erläutert Siebel. Eine Sonderstellung nehmen Anleihen ein. Hier besteht seit den 1990er-Jahren eine Ausnahme für die rein elektronische Emission von Bundesbonds. Die Vorgabe eines zentralen Registers steht allerdings im Widerspruch zur dezentralen Struktur der Blockchain. Hier gibt es kein „Ur-Dokument“. Viel- mehr lagern gleichwertige Ausferti- gungen weltweit verteilt auf Rechnern. Jeder Kauf und Verkauf wird dabei in allen Kopien eingetragen. Die Signale deuten darauf, dass die Politik durchaus offen für eine Verände- rung des Status quo scheint, ja, sie sogar vorantreibt. „Die Bundesregierung gibt bei dem Thema – für ihre Verhältnisse Elektronische Wertpapiere sind bislang die Ausnahme. Doch ein grundlegender Wandel bahnt sich an – der letztlich auch Fonds erfassen kann. Abschied vom Papier Historischer Hypothekenpfandbrief: Die Digitalisierung hat die Fondsindustrie bislang nur gestreift. Zahlreiche Papier- dokumente und die Orderübermittlung per Fax gehören noch zum Alltag. Wo die Blockchain-Revolution zuschlägt Verteilung von 132 Anwendungsfällen auf Branchen Praktische Anwendungen auf Blockchain-Basis entwickelt mit deutlichem Abstand vor allem die Finanzbranche. Quelle: Cambridge Centre for Alternative Finance, Global Blockchain Benchmarking Study, 2017 Sonstige 29 % Med g ien, Unterhaltun & Spiele 8 % it Gesundhe 8 % Ver- sicherungen 12 % Öffentliche Dienste 13 % Banken & Finanzdienst- leister 30 % 334 www.fondsprofessionell.de | 3/2019 vertrieb & praxis I blockchain

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=