FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2019
legen. „Die Finanzbranche digitalisiert sich – und zwar nicht mehr nur im Backoffice, sondern auch in der Kundenbeziehung“, so Grigo. Die Platzhirsche sollten aufpassen, denn die Marke spielt bei der Auswahl einer Bank nur eine untergeordnete Rolle. „Es reicht als etablierter Anbieter nicht aus, sich auf dem eingeführten Namen auszuruhen, der möglicherweise auf eine lange Tradition ver- weisen kann“, mahnt Grigo. „Die Kunden achten, wie schon immer, vor allem auf Kos- ten, aber zunehmend auch auf konkrete Ser- vices wie digitale Angebote.“ Häufiger Wechsel Mittlerweile können sich drei von zehn Bundesbürgern vorstellen, ihre Geldgeschäfte gar nicht mehr über ein Kreditinstitut abzu- wickeln, sondern ein Digitalunternehmen wie Apple, Google oder Amazon zu nutzen, wenn diese solche Services anbieten würden. Der Wettbewerb wird sich folglich verschärfen, nicht zuletzt weil die Treue zur Hausbank ab- nimmt. Hatte vor einem Jahr bloß jeder dritte Bundesbürger bereits einmal sein hauptsäch- lich genutztes Girokonto gewechselt, so ist dieser Anteil in diesem Jahr auf 41 Prozent gestiegen. Mehr als die Hälfte davon hat das Konto sogar bereits dreimal oder häufiger ge- wechselt. Zu dieser hohen Wechselfrequenz trägt sicherlich auch der durch die Digitalisie- rung ermöglichte automatisierte Service bei, der einen Kontowechsel innerhalb von zehn Minuten ermöglicht – ohne lästigen Schrift- kram für den Kunden. Jeder fünfte der mehr als 1.000 befragten Bundesbürger wünscht sich von seiner Bank weiterführende Angebote, etwa die Analyse der eigenen Kontobewegungen, um Spar- chancen aufgezeigt zu bekommen. Sollte das eigene Institut diese Möglichkeit nicht selbst bieten, kommen andere Anbieter mittlerweile leichter zum Zuge. Denn seit Mitte September können Kunden bei Onlineüberweisungen bankfremde Dienstleister damit beauftragen, Zahlungen vorzunehmen oder Kontoinfor- mationen abzurufen, beispielsweise um die Finanzen besser zu planen. „Die Bank ist ver- pflichtet, den von den Kunden beauftragten Dienstleistern Zugang zu ihrem Zahlungskon- to zu gewähren“, so der Bundesverband deut- scher Banken. Damit verliert die Hausbank die Hoheit über die Kontobewegungen und -daten ihrer Kunden (siehe auch den Artikel über Finanz-Apps in FONDS professionell 2/2019, Seite 298). Dass dieses Monopol wegbricht, wird von vielen Marktteilnehmern begrüßt: „PSD 2 hat dafür gesorgt, dass der Kunde und nicht mehr die Bank über Konto- daten und -bewegungen verfügt“, so Grigo. Veraltete Systeme Die neuen Zugriffsrechte Dritter, die vom Kunden ausdrücklich genehmigt werden müs- sen und die über eine technische Schnittstelle laufen, könnten jedoch auch die Stabilität des Onlinebankings gefährden. Ganz robust ist dieses System ohnehin nicht mehr. So gab es im Sommer eine Pannenserie im Onlineban- king, die bei einigen Nutzern für deutlichen Unmut sorgte. Kunden der Commerzbank konnten beispielsweise am 1. Juli für rund 75 Minuten nicht mehr auf ihre Onlinekonten zu- greifen – das war der dritte Ausfall innerhalb von vier Wochen. Auch die PSD Bank Berlin- Brandenburg und die Berliner Volksbank wa- ren zeitweise von Systemausfällen betroffen. Bank-IT-Experten geben vor allem den ver- alteten Kernbanksystemen der Institute, die teils noch aus den 1980er-Jahren stammen, die Schuld an den Abstürzen. Im Zeitalter von Smartphone- und Onlinebanking sind sie nicht mehr darauf ausgerichtet, die gestiegene Zahl von Zugriffen über ihre Schnittstellen abzubilden. Thomas Heilmann, Finanzexperte der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, schlägt in die gleiche Kerbe: „Viele Banken haben eine veraltete IT-Infrastruktur und wahrscheinlich oftmals auch zu wenig inves- Foto: © Bitkom Julian Grigo, Bitkom: „Etablierte Anbieter können sich nicht auf ihrem eingeführten Namen ausruhen.“ » Viele Banken haben eine veraltete IT-Infrastruktur und wahrscheinlich oftmals auch zu wenig investiert. « Thomas Heilmann, CDU Online statt offline „Nutzen Sie Onlinebanking?“ (Antwort „Ja“) Die Zeiten, in denen die Kunden ihre Überweisungen in der Filiale abgaben, sind vorbei … Quelle: Bitkom Research 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 2019 2018 2016 2014 0 % 2 53 % 57 % 62 % 70 % Nur die Senioren fremdeln noch Verbreitung des Onlinebankings nach Altersgruppe … zumindest bei denen, die noch nicht das Renten- alter erreicht haben. Quelle: Bitkom Research 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % > 65 Jahre 50–64 Jahre 30–49 Jahre 16–29 Jahre 85 % 93 % 83 % 21 % Aus Online- wird Mobile Banking Anteil der Kunden, die ihr Smartphone für das Onlinebanking nutzen Mittlerweile greift jeder zweite Bundesbürger für Bank- geschäfte zum Handy. Quelle: Bitkom Research 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 2019 2018 2016 2015 34 % 36 % 44 % 52 % 358 www.fondsprofessionell.de | 3/2019 bank & fonds I digitalisierung
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