FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2019
im Mittelfeld. Das Schlusslicht tragen Hypo- vereinsbank und Commerzbank. Für die Lager der Sparkassen und der Volks- und Raiffeisenbanken schlüsselten die Analysten die Ergebnisse nicht einzeln auf. „Die Netze beider Lager schneiden bei der Kannibalisie- rung schlecht ab“, stellt Brupbacher aber fest. Die Filialen liegen zudem im Schnitt in dünn besiedelten Einzugsgebieten, die obendrein eine geringe Kaufkraft aufweisen. „Demge- genüber erfahren die Filialen dieser Gruppen die geringste Konkurrenz durch andere Insti- tute“, ergänzt der UBS-Experte. Sparen allein hilft nicht Doch was sparen die Banken, wenn sie Standorte dichtmachen? Für eine allgemeine Antwort auf die Frage entwarfen die UBS- Researcher drei Szenarien. Im ersten schlie- ßen fünf, im zweiten zehn und im dritten 15 Prozent der Filialen. Die Analysten errechne- ten daraus eine Kostenreduktion um jeweils zwei, vier und sechs Prozent. Bemisst man das Sparpotenzial anhand des Vorsteuerge- winns, ergeben sich Entlastungen um sieben, 13 und im aggressivsten Szenario sogar um 20 Prozent. Das klingt nach viel, stellt sich bei genaue- rer Betrachtung aber als gar nicht so üppig heraus. Die Kostenbasis deutscher Banken taxiert das Research-Team auf 90 Milliarden. Im moderatesten Schließungsszenario kämen also 3,6 Milliarden und im aggressivsten 5,4 Milliarden Euro an Einsparungen zusammen. Stellt man diesen Zahlen die Erosion des Geschäfts gegenüber, offenbart sich ein ande- res Bild. So schmälerten sich die Zinserträge seit 2012 um 40 Prozent auf 165,4 Milliarden Euro, zeigen Daten der Bundesbank. Der Zinsüberschuss wiederum ging allein von 2016 auf 2017 um fast sechs Milliarden auf 85,5 Milliarden Euro zurück. „Wenngleich die Verbesserungen durch Einsparungen wei- tergehen müssen, wird das Ertragsproblem immer besorgniserregender“, beobachtet der UBS-Mann. Generell gesehen reichen also Einschnitte bei den Zweigstellen nicht aus, um die Bankmisere zu beheben. Erhebliche Unterschiede offenbaren sich zudem beim Blick auf die Bankgruppen und einzelnen Institute. So hat die Deutsche Bank ihr Filialnetz bereits recht gut optimiert, wie das Ergebnis der Auswertung zeigt. Stutzen die Frankfurter die Zahl ihrer Zweigstellen weiter zurück, riskieren sie Einbußen beim Geschäft. Demgegenüber fällt bei der Com- merzbank, die bundesweit noch 1.000 Filialen betreibt, das Einsparpotenzial höher aus. Die größten Erleichterungen könnten sich die Sparkassen und Genossenschaftsbanken mit Einschnitten ins Netz verschaffen. Bei diesen Gruppen lassen sich Schließungen aufgrund der Eigentümerstruktur und deren Interessen allerdings schwer durchsetzen. Gleichwohl ist auch hier das Filialsterben voll im Gange. Widerspenstige Kunden Einen Hoffnungsschimmer eröffnen die UBS-Experten den Banken. „Angesichts der immer rascher verlaufenden Digitalisierung dürfte der Widerstand der Kunden abneh- men“, prophezeit Brupbacher. Anders ausge- drückt: Die Menschen nehmen längere Wege zu einer Filiale in Kauf, wenn sie dort seltener erscheinen müssen, weil sie ihre Bankgeschäf- te zunehmend von zu Hause aus oder mobil erledigen können. Dennoch begeben sich die Institute bei Einschnitten auf eine Gratwanderung. Denn: „Filialen dürften auch in Zukunft wichtige Anlaufstellen für viele Bankdienstleistungen bleiben“, meint Orçun Kaya vom Research der Deutschen Bank. Gerade bei komplexen Diensten wie einer Immobilienfinanzierung oder Anlageberatung bevorzugen die Deut- schen die persönliche Beratung. Und genau in diesen Feldern können die Banken immer- hin noch etwas verdienen. Ob es dabei aus- reicht, sich mit der Konkurrenz einen Standort zu teilen und die Zweigstelle nur an zwei Tagen die Woche zu besetzen, wird der Test im Taunus zeigen. SEBASTIAN ERTINGER | FP Foto: © UBS Daniele Brupbacher, UBS: „Der Widerstand der Kunden gegen Filialschließungen dürfte abnehmen.“ » Filialen dürften auch in Zukunft wichtige Anlaufstellen für viele Bankdienstleistungen bleiben. « Orçun Kaya, Deutsche Bank Research Gar nicht so „overbanked“ Zahl der Bankfilialen je 100.000 Einwohner, Auswahl Bei der Filialdichte je Einwohner rangiert Deutschland gar nicht mehr so eklatant über dem europäischen Durchschnitt. Quelle: UBS, EZB | per Ende 2017 0 10 20 30 40 50 60 Estland Niederlande Schweden Ungarn EU-Schnitt Luxemburg Deutschland Polen Italien Frankreich Spanien 0 59 5 36 Bankfilialen 29 7 Bankfilialen je 100.000 Einwohner Z Stetiger Schwund Anzahl Bankfilialen in Deutschland Die Geldhäuser reagieren auf die desolate Lage und schließen in zunehmendem Tempo Filialen. Quelle: Bundesbank Bankstatistik 0 10.000 20.000 30.000 40.000 50.000 60.000 2018 2016 2014 2012 2010 2008 2006 2002 2002 2000 58.564 27.887 3 Zahl der Bankzweigstellen in Deutschland Z 364 www.fondsprofessionell.de | 3/2019 bank & fonds I filialsterben
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