FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2019

Investor mehrere Container erworben hat, am besten nach und nach“, sagt Martin. Denn dann kann er steuerrechtlich als gewerblicher Händler durchgehen, statt als Privatanleger eingestuft zu werden. Der enorme Pluspunkt für den Investor: Verluste aus Gewerbebetrie- ben dürfen mit Gewinnen aus allen anderen Einkunftsarten verrechnet werden. Steuerberater Martin trug den Verlust seines Mandanten aus dem Magellan-Investment in der Steuererklärung für das Jahr 2016 denn auch nicht in der Anlage SO als sonstige Ein- künfte ein, sondern führte sie in der Anlage G für gewerbliche Einkünfte auf. Das Finanzamt ließ das allerdings nicht gelten. Daher legte Martin Einspruch ein, dem das Finanzamt je- doch nicht stattgab. Der Steuerberater erhob Klage, die Angelegenheit landete vor dem zu- ständigen Finanzgericht – doch zu einem Ur- teil kam es nicht. Steuerbescheid wird geändert Nachdem im Laufe der mündlichen Ver- handlung klar wurde, dass das Finanzgericht der Klage im Sinne des Investors stattgeben würde, bat die Vertreterin des Finanzamtes um eine Sitzungsunterbrechung. Danach gab sie zu Protokoll, dass das Finanzamt den ange- fochtenen Steuerbescheid zugunsten des Man- danten ändern werde. Auch wenn ein eindeutiges Urteil, auf das sich Geschädigte berufen könnten, damit noch fehlt, rät der Essener Steuerberater Container- investoren, die hohe Verluste erlitten haben, denselben Weg zu beschreiten wie er und sein Mandant. Bis zur Klage muss es dabei nicht unbedingt kommen. „Gerade wenn die Insol- venz eines Containermanagers noch nicht so lange zurückliegt und daher, wie zum Beispiel bei P&R, noch keine Insolvenzquoten festste- hen, gibt es eine andere praktikable Lösung“, erläutert Martin. Die Steuerpflichtigen müssen zur Geltend- machung ihrer Abschreibungen einen Anlage- spiegel zu führen. „Diesem lässt sich für jedes Jahr der Buchwert des Investments entneh- men“, erklärt Martin. Belief sich der Buch- wert zum Zeitpunkt der Anbieterinsolvenz et- wa noch auf 100.000 Euro und geht der An- leger davon aus, dass er später maximal 20.000 Euro zurückbekommen wird, so sollte er eine außerplanmäßige Abschreibung vor- nehmen. „Er beantragt also bei seinem Fi- nanzamt, einen Verlust in Höhe von 80.000 Euro bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen“, so Martin. Praktisch für die Anleger: „Wenn wie bei P&R noch nicht bekannt ist, welche Summe ein geschädigter Investor später einmal zu- rückbekommen wird, lassen sich Finanzämter in der Regel auf vernünftige Schätzungen der Abschreibungen ein“, weiß Steuerberater Martin aus Erfahrung. Akzeptiert das Finanzamt die Abschreibung nicht, sollte der Anleger gegen den Steuer- bescheid Einspruch einlegen und sich dabei auf die neuere Rechtsprechung beziehen. „Mit dem Einspruch hat man den Steuerbescheid für das Jahr der Anbieterinsolvenz erst einmal offen gehalten“, erklärt Martin. Und dann kann man in Ruhe die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abwarten Einfallstor Paragraf 164 „Hat etwa ein P&R-Anleger seine Steuer- erklärung für das Jahr 2018 bereits abgege- ben, ohne einen Verlust bei den gewerblichen Einkünften geltend zu machen, so kann er es eventuell noch nachholen“, sagt Martin. Dies ist dann möglich, wenn die Einspruchsfrist von einem Monat noch nicht verstrichen oder der Steuerbescheid nach Paragraf 164 Abga- benordnung (AO) vorläufig ist. „Bei Unter- nehmern, Selbstständigen oder Freiberuflern ist das sehr oft der Fall“, erläutert Martin. Auf diese Weise behält sich der Fiskus vor, den Steuerbescheid etwa nach einer eventuellen Betriebsprüfung später noch einmal zu än- dern. „Damit ist der Paragraf 164 AO aber auch für die Steuerpflichtigen ein gutes Ein- fallstor“, sagt Martin. Denn solange der Be- scheid offen ist, können auch sie jederzeit Än- derungen geltend machen. „Bei P&R bleibt abzuwarten, wie viele Container tatsächlich existiert haben, ob die Anleger überhaupt Einkünfte hatten und somit Verluste geltend machen können“, gibt Martin zu bedenken. Versuchen sollten sie es auf jeden Fall, rät er. Für ehemalige Magellan- Investoren hat er gute Nachrichten. „Ein nach Paragraf 164 AO vorläufiger Steuerbescheid bleibt vier Jahre lang offen“, sagt Martin. Da- mit können eventuell selbst Verluste noch gel- tend gemacht werden, die der Orkan im Mai 2016 verursacht hat. ANDREA MARTENS | FP Thymo Martin, Steuerberater: „Containerinvestoren sollten versuchen, Einkünfte umzuqualifizieren.“ Verluste aus Containervermietung: Was steuerlich gilt Die aktuelle Rechtslage: Nach Einkommensteuergesetz sind Erträge aus der Vermietung von Containern den so- genannten „sonstigen Einkünften“ zuzurechnen. Steuer- pflichtige Einkünfte entstehen durch Mieterträge, von denen die jährlichen Abschreibungen für die Container abgezogen werden. Auch Erträge, die beim Container- verkauf erzielt werden, zählen zu den sonstigen Einkünf- ten. Werden Verluste realisiert, so dürfen diese aus- schließlich mit anderen sonstigen Einkünften verrechnet werden. Hat ein Steuerpflichtiger keine weiteren Einkünfte dieser Art, ist eine Verrechnung nicht möglich. Gewerbliche Einkünfte: Anders sieht es aus, wenn Erträge aus der Vermietung und dem Verkauf von Con- tainern zu den gewerblichen Einkünften gezählt werden dürfen. Dies ist grundsätzlich möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Gewerbliche Verluste kön- nen mit Erträgen aus allen anderen Einkunftsarten ver- rechnet werden. Damit kann ein Anleger erlittene Verluste zumindest steuerlich geltend machen. Wann gewerbliche Einkünfte vorliegen: Im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist ein Gewerbebetrieb eine selbstständige, nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht ausgeübt wird, Gewinn zu erzielen. Sie muss Teil des allgemeinen wirtschaftlichen Verkehrs sein, darf aber weder in der Land- und Forstwirtschaft ausgeübt werden noch als freiberufliche oder selbstständige Arbeit anzu- sehen sein. Nach der ständigen Rechtsprechung muss eine Betätigung zudem den Rahmen einer privaten Ver- mögensverwaltung überschreiten, andernfalls stellt sie keinen Gewerbebetrieb dar. Als nachhaltig im Sinne des EStG wird eine wirtschaftliche Tätigkeit dann eingestuft, wenn sie auf Wiederholung ausgerichtet ist. Entscheidend ist, dass der Steuerpflichtige von vornherein erkennbar die Absicht hat, bestimmte Handlungen wiederholt vor- zunehmen mit dem Ziel, sich so eine Erwerbsquelle zu erschließen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt – was bei Containerinvestments neueren Urteilen zufolge in der Re- gel der Fall ist –, können erzielte Erträge als gewerbliche Einkünfte eingestuft und Verluste dementsprechend mit Erträgen aus allen Einkunftsarten verrechnet werden. 379 www.fondsprofessionell.de | 3/2019

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