FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019
nach Rendite unweigerlich zu immer höheren Risiken. Um Herr der Lage zu bleiben, warf der Chef der britischen Finanzaufsicht FCA, Andrew Bailey, eine Verschärfung der Regeln in den Raum. Woodford sei ein Beispiel dafür, was passiere, wenn der Wortlaut, aber nicht der Geist der Vorschriften erfüllt werde. Auch die Luxemburger Finanzmarktaufsicht CSSF soll Berichten zufolge unter den Marktteilneh- mer sondieren, ob striktere Vorschriften Fälle wie Woodford und Co. verhindern können. Der scheidende britische Notenbankgouver- neur Mark Carney wähnte gar mehr als nur Einzelfälle – und witterte ein Systemrisiko. „Solche Fonds fußen auf einer Lüge: Man könne tägliche Handelbarkeit für Anlagen bie- ten, die im Grunde illiquide sind“, sagte er. Zuschuss versprochen Deutlich zurückhaltender äußerte sich Steven Maijoor, Leiter der EU-Wertpapier- aufsicht ESMA in Paris. Bei Eingriffen in die bestehenden Regeln sollte man „Vorsicht wal- ten lassen“. Der europäische Fondsbranchen- verband EFAMAwiederum hat die Vorgaben zur Liquidität selbst ausgewertet. Und der Lobbyverband ist zu dem Schluss gekommen, dass schlicht das bestehende Instrumentarium besser genutzt werden sollte. Einen ungewöhnlichen Vorstoß brachte Amundi-Vorstandschef Yves Perrier in die Diskussion ein. Er kündigte an, illiquiden Fonds im Zweifelsfall Geld aus der Konzern- bilanz zuzuschießen, um das Vermögen der Kunden zu schützen. „Ein solcher Schritt würde die bewusst gezogene Grenze zwi- schen dem Sonder- und dem Betriebsvermö- gen aufweichen“, wendet Alastair Sewell ein, der bei Fitch das Asset-Management-Rating leitet. Regulatorisch ist lediglich gefordert, dass Asset Manager genügend Mittel vorhal- ten, um den Geschäftsbetrieb eine gewisse Zeit aufrechterhalten zu können. Abgesehen davon verfügen nur wenige Branchenriesen über die Finanzkraft, ihre Fonds mit eigenem Geld zu stützen. Sewell verweist auf andere Werkzeuge, zu denen Asset Manager greifen können – und dies auch zunehmend tun. Das erste sei, von der Vertriebsseite her das Verhalten der Anle- ger zu studieren und damit Mittelzu- und -abflüsse besser abzuschätzen. Als zweiten Punkt verweist der Fitch-Experte auf einen intensiveren Dialog zwischen den Portfolio- lenkern und den Handelsabteilungen. „Die Portfoliomanager agieren viel taktischer als früher und berücksichtigen zunehmend die Liquidität beim Handel“, erläutert Sewell. Allerdings können daraus entspringende Beschränkungen die Ideen und Strategien der Manager durchaus verwässern. Nie ohne Evakuierungsplan Das dritte Werkzeug ist Sewell zufolge das Risikomanagement. Dieses berücksichtige Szenarien wie massive Anteilsrückgaben. Aus Simulationen hätten viele Häuser Handlungs- leitfäden entwickelt, wie die Portfoliolenker in bestimmten Phasen agieren sollten. „Die Manager sind nicht mehr so unvorbereitet wie früher“, merkt Sewell an. Eine grundsätzliche Frage sei, ob die von Fonds gebotene tägliche Handelbarkeit auch von der Anlageklasse gedeckt ist, in die sie investieren. Letztendlich beobachten auch die Experten von Fitch, dass im Fall eines Ausverkaufs am Markt bei Hochzinsfonds Liquiditätsdefizite lauern. Immerhin einen positiven Effekt können die Amundi-Experten Blanqué und Mortier möglichen Mittelengpässen abgewinnen: Dann warten einige Papiere wieder mit Liqui- ditätsprämien auf. Investoren eröffnet sich damit die Chance, endlich wieder Renditen einzufahren, die sich auch als solche bezeich- nen lassen. SEBASTIAN ERTINGER | FP Foto: © Michael Molloy | Fitch Ratings » Solche Fonds fußen auf einer Lüge: Man könne tägliche Handelbarkeit für Anlagen bieten, die im Grunde illiquide sind. « Mark Carney, Bank of England Liquidität abgelassen Kassequote und Anteil von soliden, liquiden Papieren am Vermögen* Die IWF-Analysten untersuchten 1.760 Bondfonds, die für 60 Prozent des Segments stehen. Demnach fuhren die Manager den Bestand hochwertiger, liquider Titel sowie die Kassequote zurück. *Durchschnitt der untersuchten Fonds | Quelle: Internationaler Währungsfonds 40 % 41 % 42 % 43 % 44 % 45 % 46 % 47 % 48 % 49 % März Dez Sept Juni März Dez Sept Juni März 0 % 5 % 1 6,0 % 6,5 % 7,0 % 7,5 % 8,0 % 8,5 % 9,0 % Liquide Papiere hoher Qualität Kassequote w 2017 2018 2019 Im Stresstest: Je kleiner, desto anfälliger Anteil von Anleihen mit Liquiditätsdefizit nach Fondsgröße Die Experten setzten die Bondfonds Stressszenarien mit massiven Mittelabzügen aus. Einige wiesen dabei Liquiditätsdefizite auf. Und je kleiner ein Fonds, desto eher wagen sich die Manager in weniger liquide Bonds. Quelle: Internationaler Währungsfonds, Morningstar 0 % 2 % 4 % 6 % 8 % 10 % 12 % Fonds mit Liquiditätsdefizit Alle Fonds 0 % weniger als 5 Mrd. USD Fonds mit … … Volumen 5 bis 10 Mrd. USD mehr als 10 Mrd. USD Alastair Sewell, Fitch: „Die Manager sind nicht mehr so unvorbereitet wie früher.“ 324 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 vertrieb & praxis I liquidität
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