FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019

sich aber die Chance, Neukunden zu gewin- nen. „Wealth Manager müssen verstehen, warum und zu wem Investoren wechseln“, sagt Schaefer. „Dann können sie neue Stra- tegien und Produkte entwickeln und ihre Dienstleistung anpassen.“ Die EY-Experten beleuchteten daher in ihrer Studie, welchen Servicemerkmalen die Vermögenden beson- dere Bedeutung beimessen. Der Preis entscheidet Als wichtigstes Kriterium rangieren in Deutschland Preise und Transparenz mit 57 Prozent unter den meistgenannten Faktoren. Danach folgen in dichtem Abstand der persönliche Kontakt, eine hochentwickelte Technologie, die Qualität und der Ruf des Anbieters, die gebotenen Produkte und Diens- te sowie die Beratungskompetenz. Auch euro- paweit halten Vermögende Preise und Trans- parenz für den wichtigsten Aspekt. Die Entwicklung der Branchenkennzahlen unterstreicht die Bedeutung dieses Faktors. „Das Private Banking war lange die profita- belste Sparte der Banken“, sagt Philipp Koch, Seniorpartner von McKinsey. Fünf bis sechs Prozent der Gewinne europäischer Finanz- institute entsprangen diesem Ge- schäft, das zudem noch wenig Kapital bindet. In den fünf Jahren bis 2017 stiegen die Gewinne jähr- lich um sechs Prozent. „Doch 2018 kam der gute Lauf zu einem Ende“, sagt Koch. Die Gewinne schrumpf- ten um acht Prozent auf 13,5 Mil- liarden Euro. Dies sei ein Alarm- signal, zeige es doch, wie die Kos- ten gestiegen seien. Obendrein führten die Kursverluste an den Börsen sowie ein gedämpftes Neu- geldaufkommen zur Trendumkehr. Ein Teil der Akteure hat bereits auf die Entwicklung reagiert „Die führenden Wealth-Management- Unternehmen haben ihren Markt- anteil zulasten anderer Anbieter ausgeweitet“, hat Anna Zakrzewski von der Boston Consulting Group beobachtet. „Die Branchengewin- ner haben sich nicht allein darauf konzentriert, die Kosten zu senken, sondern zugleich ihre Preispolitik verbessert.“ Dabei gehe es nicht bloß um die Höhe der Gebühren. Vielmehr würden die erfolgreichen Akteure zugleich ihr Geschäftsmo- dell, ihre technologische Aufstellung sowie ihre Kompetenzen besser an die Bedürfnisse der Kunden anpassen. „Diese Veränderungen kosten viel Kraft, aber nicht unbedingt viel Geld – und können letztlich über Sieg und Niederlage entscheiden“, sagt Zakrzewski. Nicht allein Preis und Service entscheiden über die Kundenbindung. „Wichtige Verän- derungen im Leben – wie eine neue Arbeit – beeinflussen den Entschluss, zu einem ande- ren Anbieter zu wechseln“, hebt EY-Analyst Schaefer hervor. So gaben die Kunden, die in den vergangenen drei Jahren den Anbieter ausgetauscht haben, auch an, im persönlichen Umfeld Veränderungen wie eine Heirat, die Geburt eines Kindes oder eine Scheidung er- lebt zu haben (siehe Grafik). Diese Ereignisse könnten für Private-Banking-Anbieter ein Anknüpfungspunkt sein, um mit passgenau zugeschnittenen Offerten neue Kunden zu gewinnen – oder bestehende zu halten. Entscheidende Einschnitte Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Digi- talisierung. Während im Handel der Online- versand zusehends den stationären Betrieben zusetzt, wähnte sich die Finanzbranche in Sicherheit. Ein Fehler, wie sich herausstellt. Denn die Kunden ver- trauen ihr Vermögen durchaus neuen Akteuren an, zeigt die EY- Umfrage. Bei der Wahl einer neuen Heimat stehen Fintechs auf der Gewinner-, klassische Banken so- wie Family Offices hingegen auf der Verliererseite. Dabei haben gerade die deut- schen Kunden die Änderung ihrer eigenen Angewohnheiten drastisch unterschätzt. 2016 wollten nur 12,5 Prozent per Mobiltelefon-App mit ihrem Vermögensverwalter in Kon- takt treten. Dieser Wert würde sich in zwei Jahren nur marginal auf 14,5 Prozent ändern, gaben die damals Befragten an. Tatsächlich nutzten 2018 aber bereits 26,8 Pro- zent der Klienten Apps, um mit ihrem Vermögensverwalter zu inter- agieren, so die EY-Umfrage. „Eine Branche, die sich seit 150 Jahren kaum verändert hat, muss sich nun komplett neu aufstellen“, sagt Boston-Consulting-Expertin Zakrzewski. Neben Brokat und Baselitz, was einige Kunden immer noch wünschen, werden Apps und Alexa also zum unverzichtbaren Repertoire im Private Banking gehören. SEBASTIAN ERTINGER | FP Foto: © EY Sebastian Schaefer, EY: „Sogar in Deutschland wandelt sich das Kundenverhalten.“ Wind of Change Anbieterwechsel in den vergangenen drei Jahren Große Veränderungen im Leben geben augenscheinlich auch einen Anlass, einen neuen Betreuer zu suchen. Quelle: EY Umfrage 2019| *Mehrfachnennungen möglich 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % … Kinder an der Universität eingeschrieben … den Ruhestand erreicht … eine Firma gegründet … geerbt … ein Haus gekauft … geheiratet … sich getrennt oder geschieden … Kinder bekommen … ihren Job gewechselt 71 % 79 % 53 % 40 % Deutschland Europa Kunden, die in den vergangenen drei Jahren ihren Wealth Manager gewechselt haben, haben auch ... * 382 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 bank & fonds I wealth management

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