FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020
Deckung zu gehen oder auch auf besondere Chancen am Markt möglichst schnell reagie- ren zu können. Worauf wir allerdings ganz verzichten, das sind Investments in Anleihen. Auch das unterscheidet uns von den meisten der Mitbewerber in unserer Peergroup. Sie scheinen Anleihen geradezu zu has- sen, wenn man bedenkt, dass der R-co Valor schon seit dem Jahr 2003 keine Bonds mehr im Portfolio gehabt hat. Hassen ist natürlich ein sehr starkes Wort, aber ich gebe Ihnen recht, das Anleihenseg- ment vermeiden wir durchaus bewusst. Schon mein Vorgänger hat im Zusammenhang mit den Turbulenzen im Nachgang zur Technolo- gieblase von 2000 bis 2003 damit begonnen, sich auf Aktien und Cash zu konzentrieren. Und diese konsequente Haltung habe ich be- wusst beibehalten, als ich nach seinem Tod im Jahr 2012 die Gesamtverantwortung für das Fondsmanagement übernommen habe. Aber mit welcher Begründung eigent- lich? Immerhin setzen viele Multi-Asset- Manager auch heute noch Bondpositio- nen als defensive Komponente ein, und das mit teilweise gutem Erfolg. Das mag ja durchaus sein, dennoch bleiben Anleihen für mich so etwas wie der „worst place to be“, sprich die schlechteste aller Möglichkeiten. Ich will ja gar nicht leugnen, dass gerade in den vergangenen Jahren durch- aus attraktive Renditen mit Anleihen zu erzie- len waren. Wie auch nicht, wenn man be- denkt, dass die Zinsen nur eine Richtung kannten, nämlich nach unten mit der Konse- quenz von Kurssteigerungen. Das ändert aber nichts daran, dass mit den richtigen Aktien trotzdem das unterm Strich bessere Resultat beziehungsweise die höhere Performance zu erzielen war. Als grundsätzlicher Optimist, als den ich mich in meiner Rolle als Fondsmana- ger sehe, sind mir die Rentenmärkte schon viel zu lang durch eines geprägt: einen im- mensen Stress. Was genau meinen Sie mit Stress in den Rentenmärkten? Nahezu weltweit stehen die Anleihenmärkte inzwischen schon seit geraumer Zeit unter der Kontrolle der Zentralbanken, die irgendwann sogar dazu übergegangen sind, nicht mehr nur Staatsanleihen zu kaufen, sondern inzwischen auch wie selbstverständlich Unternehmens- anleihen und zum Teil sogar schon High Yield Bonds kaufen. Das führt mittlerweile sogar zu einer Art Illiquidität an den Rentenmärkten. Dennoch waren mit Festverzinslichen doch zum Teil ansehnliche Renditen zu erzielen. Von daher ist doch das Argu- ment einer defensiven Aufstellung eines Mischfonds mithilfe von Anleihen nicht von der Hand zu weisen, oder? Es mag ja durchaus sein, dass einige Misch- fondsmanager ein glückliches Händchen gehabt haben mit ihren Investments in den Anleihensektor. Aber doch nur dann, wenn es ihnen wirklich gelungen ist, mit Corporate Bonds auf die richtigen Branchen oder Unter- nehmen zu setzen beziehungsweise die rich- tigen Länder und Währungen bei Staatsanlei- hen auszuwählen. Unterm Strich aber dürfte je nach Betrachtungszeitraum jedes beliebige Indexinvestment in eines der marktbreiten Aktienbarometer eine bessere Performance erzielt haben als selbst ein höherverzinsliches High-Yield-Investment. Inzwischen kommt hinzu, dass Rentenanlagen nur noch extrem niedrige Renditen abwerfen, wenn überhaupt. Eine auf Aktien ausgerichtete Strategie bietet mir nicht nur eine größere Flexibilität, sondern auch langfristig immer noch die bessere Per- formance. Gerade angesichts der jüngsten Markt- entwicklungen müssten Sie das schon ein wenig näher erläutern. Selbst nach den jüngsten starken Kursrück- gängen gehört unser R-co Valor über einen langfristigen Betrachtungszeitraum von zehn Jahren mit einer durchschnittlichen jährlichen Performance von rund sieben Prozent immer noch zu den besten global investierenden Yoann Ignatiew: „Unterm Strich dürfte je nach Betrachtungszeitraum jedes Indexinvestment in eines der marktbreiten Aktienbarometer eine bessere Performance erzielt haben als selbst ein höherverzinsliches High-Yield-Investment.“ » Als grundsätzlicher Optimist, als den ich mich in meiner Rolle als Fondsmanager sehe, sind mir die Rentenmärkte schon viel zu lange durch eines geprägt: einen immensen Stress. « Yoann Ignatiew, Rothschild & Co. AM Foto: © François Daburon Yoann Ignatiew Yoann Ignatiew kam 2008 als Co-Manager des R-Valor-Fonds zu Rothschild Asset Management, bevor er 2012 die Gesamtverantwortung übernahm. Vor seiner Rothschild-Zeit hat der Franzose bei der Banque Privée Saint Dominique als Head of Equities gearbeitet. Zwischen 2004 und 2005 war er für die damalige IXIS AM tätig. Davor war er als Händler für festverzinsliche Wertpapiere unter anderem bei Morgan Stanley tätig. Sein Wirtschaftsstudium hat er an der Universität Panthéon Sorbonne absolviert. markt & strategie I yoann ignatiew | rothschild & co. am 126 www.fondsprofessionell.de | 1/2020
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