FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020
Mischfonds. Das konnten wir nur deshalb erreichen, weil wir mit unserem Ansatz eine extrem flexible Allokation umsetzen können. Auch wir haben natürlich zu Beginn dieses Jahres nicht ahnen können, welch verheeren- den Auswirkungen der Ausbruch der Corona- erkrankung mit sich bringen würde. Dennoch waren wir auf eine gewisse Art und Weise vorbereitet. Jetzt aber mal Hand aufs Herz! Sie haben doch auch keine Kristallkugel. Wie gerade schon gesagt, haben auch wir die jüngste Entwicklung natürlich nicht vorher- sehen können. Was ich mit „vorbereitet“ mei- ne, ist die Tatsache, dass wir bereits zu Beginn des Jahres die Aktienquote des Fonds auf unter 70 Prozent zurückgefahren und gleich- zeitig Shortpositionen im S&P 500 Index zur Absicherung aufgebaut haben. Viele unserer Wettbewerber waren dagegen zu satt und zu selbstzufrieden mit einem zum Teil extrem hohen Aktienexposure nach einer verhältnis- mäßig extrem langen Aufschwungphase an den Aktienmärkten und einer gleichzeitig schon sehr hohen Börsenbewertung. Wer Anfang des Jahres zu 95 Prozent in Aktien investiert war, die – gemessen am S&P 500 Index – bereits ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 19 aufgewiesen haben, der hätte eigent- lich wissen müssen, dass er mit einem relativ hohen Risiko unterwegs ist. Auf unseren Roadshows im Januar habe ich darauf jeden- falls explizit hingewiesen. Das konnte aber nicht verhindern, dass auch Ihr Fonds seit Ausbruch der Coro- na-Krise einen deutlichen Preisrückgang um rund 23 Prozent erfahren hat. Das mag ja durchaus sein, aber man sollte nicht vergessen, dass die jüngste Zeit vor allem von Angst und Panik geprägt war. Dass eine solche Entwicklung mit Wertrückgängen ein- her geht, kann doch niemanden wirklich ver- wundern. Ich würde sogar sagen, dass wir auch in der näheren Zukunft noch mit weite- ren deutlichen Schwankungen an den Märk- ten rechnen müssen. Und zwar so lange, bis sich eine Lösung dieser Krise in Form eines Medikaments oder zumindest eines Impfstoffs abzeichnen wird. Aber statt zu verzweifeln, kann man diese Phase natürlich auch nutzen. Inwiefern? Indem man in die stark gefallenen Kurse hin- ein neue Positionen in aussichtsreichen Aktien aufbaut oder vorhandene Positionen aufstockt. Nach den starken Kursrückgängen aufgrund der regelrechten Schockwellen an den Börsen haben wir auf dem stark gedrückten Niveau begonnen, Positionen aufzubauen. Nicht massiv, denn niemand kann das tatsächliche Ausmaß der aktuellen Korrektur vorhersagen. Aber weil wir eben schon zu Beginn des Jah- res eine gewisse Cashquote aufgebaut haben, können wir einen Teil dieser liquiden Mittel nun gezielt einsetzen. Das ist in jedem Fall besser, als nichts zu tun und abzuwarten, bis der Fonds noch weiter an Wert verliert. Die meisten unserer Kunden haben verstanden, dass eine solche Strategie nicht ohne einen zeitweise relativ starken Rückgang des Fonds- werts funktioniert, weil sie das schon aus frü- heren krisenhaften Situationen kennen. Meinen Sie die Finanzkrise von 2008? Sowohl nach der Finanzkrise als auch nach der Eurokrise konnten wir relativ schnell wie- der an alte Höchststände im Fonds anknüpfen. Auch Ende 2008 herrschte die blanke Panik an den Märkten, nachdem die Kurse zum Teil 40 oder 50 Prozent nach unten gerauscht wa- ren. Es gehörte schon eine gehörige Portion Mut dazu, sich im vierten Quartal 2008 auf die Käuferseite zu begeben. Wir haben es trotzdem gemacht und massiv US-Aktien zu- gekauft. Mit vielen Entscheidungen waren wir zwar damals viel zu früh dran, aber am Ende wurden wir belohnt. Bereits Ende 2010 stand der Fondspreis wieder auf seinem vorherigen Höchstwert vom Juli 2007, was einem An- stieg um zirka 70 Prozent entsprach. Wird Ihnen das auch diesmal gelingen? Wer könnte das heute schon sagen? Aber ich bin davon überzeugt, dass es sinnvoller ist, liquide Mittel zum Arbeiten zu bringen, als einfach nur abzuwarten. Von dieser Einstel- lung haben unsere Anleger im Übrigen auch im vergangenen Jahr profitiert. Nach einer eher schwachen ersten Jahreshälfte 2018 kam es im vierten Quartal zu einem deutlichen Rückgang der Kurse an den Aktienmärkten. Wir haben die Situation insofern genutzt, als wir Anfang 2019 – zu einer Zeit also, da die Kurse sich wieder deutlich besser entwickelt haben – durch Zukäufe schon wieder mit einem Nettoaktienexposure von rund 95 Pro- zent im Fonds unterwegs waren. Ob uns das auch diesmal gelingen wird, dazu wage ich keine Prognose, denn die Unsicherheiten sind aktuell noch viel zu groß. Aber wir werden auch jetzt unser Bestes geben. Vielen Dank für das Gespräch. HANS HEUSER | FP » Ich bin davon überzeugt, dass es sinnvoller ist, liquide Mittel zum Arbeiten zu bringen, als einfach nur abzuwarten. « Yoann Ignatiew, Rothschild & Co. AM Foto: © François Daburon Yoann Ignatiew: „Sowohl nach der Finanzkrise als auch nach der Eurokrise konnten wir relativ schnell wieder an alte Höchststände im Fonds anknüpfen.“ markt & strategie I yoann ignatiew | rothschild & co. am 128 www.fondsprofessionell.de | 1/2020
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