FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

zusetzen. Das hilft insbesondere dabei, das Marktpotenzial von Nischenprodukten auszuloten. Ist das Universum der Onkologie-Aktien nicht zu klein, um damit einen Hunderte Millionen Dollar schweren Fonds bestücken zu können? Nein. In einem ersten Schritt screenen wir mithilfe einer spe- ziellen Software, welche börsen- notierten Unternehmen in ihren Veröffentlichungen Schlagwörter rund um Krebstherapie und -dia- gnose nennen. Das trifft auf etwa 300 Titel zu. Gut die Hälfte da- von ist nicht wirklich relevant, weil Onkologie für sie nur ein Randthema ist. Etwa 140 Unter- nehmen schauen wir uns im De- tail an. Viele Unternehmen ken- nen wir schon seit Jahren, weil wir sie auch für den Biotech- Fonds im Blick haben. Insofern mussten wir unseren Investment- prozess nur anpassen, nicht aber neu erfinden. Das Universum ist für unsere Zwecke groß genug: Es gibt große und kleine Unter- nehmen aus verschiedenen Regionen und Branchen – manche entwickeln Medikamente, andere sind in der Diagnose tätig. Das erlaubt es, ein diversifiziertes Portfolio aus 50 bis 60 Titeln aufzubauen und den Fonds auch mal defensiver auszurichten, sollte das nötig sein. Es ist immer leicht, ein vielversprechendes In- vestmentthema zu finden. Deutlich anspruchs- voller ist die Antwort auf die Frage, ob einem das Universum genug Spielraum lässt, den Fonds an verschiedene Marktgegebenheiten anzupassen. Wir bieten schließlich keinen ETF an, sondern einen aktiv gemanagten Fonds. Wie groß dürfte der Fonds werden, da- mit dieser Spielraum erhalten bleibt? Um die maximale Kapazität der Strategie zu ermitteln, betrachten wir den Onkologie- ge- meinsam mit dem Biotech-Fonds, denn etwa 30 Prozent der Portfolios überschneiden sich. Aktuell sehen wir eine Kapazität von rund fünf Milliarden Dollar. Gemeinsam verwalten die beiden Fonds mittlerweile rund 2,3 Milli- arden Dollar – da ist also noch viel Luft nach oben. Außerdem wächst der Markt für Onko- logieprodukte wie erwähnt rasant: Im vergan- genen Jahr richtete sich jedes vierte neue Medikament, das in den USA die Zulassung erhielt, gegen Krebs. Die wenigsten Unternehmen haben sich ausschließlich dem Kampf gegen den Krebs verschrieben. Wie „pur“ kann der Fonds das Thema Onkologie über- haupt abbilden? Für unsere Themenfonds ha- ben wir generell die Vorgabe, dass ein Unternehmen mindes- tens 30 Prozent seines Umsat- zes in dem entsprechenden Segment erwirtschaften muss, bevor es ins Portfolio aufge- nommen werden kann. Für unseren Onkologie-Fonds ak- zeptieren wir in Ausnahme- fällen auch einmal geringere Werte, allerdings nur, wenn das Unternehmen ein Produkt entwickelt hat, das den Patien- ten wirklich helfen kann. Wichtig ist, dass das Thema Krebs für den Fonds insgesamt eine relevante Rolle spielt – und das ist definitiv der Fall. Über das gesamte Portfolio hinweg liegt der Umsatzanteil bei 55 bis 60 Prozent. Die Nachfrage nach The- menfonds steigt – nicht nur bei Ihnen, sondern auch bei anderen Anbietern. Haben Sie eine Erklärung dafür? Schwierige Frage. Ein Punkt ist wahrschein- lich, dass der Anleger eine gewisse emotio- nale Bindung zu seinem Investment aufbaut, was die Fonds wiederum für die Finanzbera- ter attraktiv macht. Wenn sich ein Anleger einmal mit einem Thema wie Robotik oder Demografie auseinandergesetzt hat, ist er überzeugt davon, dass es sich um einen wirk- lich langfristigen Trend handelt. Dann stößt er den Fonds nicht schon nach dem ersten Rück- setzer ab, sondern bleibt ihm über die Markt- schwankungen hinweg treu. Ein starkes Investmentthema hilft den Kunden gewisser- maßen, die Volatilität auszuhalten. Entschei- dend ist natürlich, dass es sich um einen wirk- lich langfristigen Trend handelt. Darum legen wir auch nur einen neuen Fonds auf, wenn wir davon überzeugt sind, dass das Thema noch viele Jahre lang trägt. Bei Onkologie ist das definitiv der Fall. Vielen Dank für das Gespräch. BERND MIKOSCH | FP Rudi Van den Eynde: „Hat sich ein Anleger einmal mit einem Thema wie Robotik beschäftigt, ist er überzeugt davon, dass es sich um einen wirklich langfristigen Trend handelt.“ » Im Analystenteam sitzen Wis- senschaftler, die auf Augenhöhe mit den Forschern diskutieren können. Das hilft ungemein dabei, die Produktpipeline eines Pharma- konzerns bewerten zu können. « Rudi Van den Eynde, Candriam Foto: © Daniel Weisser Rudi Van den Eynde Rudi Van den Eynde studierte Medizin in Antwerpen, entschied sich aber für eine Karriere in der Finanz- branche. 1987 stieg er bei der belgischen Dexia Bank ein, bei der er unter anderem als Devisenhänd- ler und später als Portfoliomanager für institutionelle Kunden arbeitete. 1998 wechselte Van den Eynde zu Candriam, wo er zur Jahrtausendwende den Bio- tech-Fonds des Hauses lancierte, den er seither ver- antwortet. Seit 2012 leitet er zudem das Team für thematische Aktieninvestments. markt & strategie I rudi van den eynde | candriam 150 www.fondsprofessionell.de | 1/2020

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