FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020
Dasselbe kann nicht nur bei ETFs, sondern auch bei klassischen aktiven Anleihenfonds passieren. Bei Anleihen-ETFs kam es jedoch noch nie zu einer Feuerprobe – jedenfalls nicht, seit diese Vehikel so viel Geld verwalten. Bei allem, was sich in der Praxis noch nicht bewiesen hat, bin ich vorsichtig und stehe lieber auf der konservativen Seite. Aber auch Schwellenländerinvest- ments wohnen Risiken inne. Die Wahl in Argentinien im vergangenen Jahr spülte einen populistischen Präsidenten an die Macht. Sie waren dort erheblich inves- tiert. Deswegen büßten auch Ihre Fonds Performance ein. Auch die Emerging Markets tragen ihren Namen aus gutem Grund. Sie sind ebenfalls mit Risiken behaftet. Das offenbarte sich auch in Argentinien. Der Ausgang der Wahl war einmal mehr nicht in den Meinungsumfragen absehbar gewesen. Auch dieser Fall zeigt: Politische Veränderungen können die Märkte überraschen und heftige Reaktionen hervor- rufen. Das war einer der Auslöser, warum wir unsere Kapazitäten in der politischen Analyse aufstocken. Je besser wir Entwicklungen in den verschiedenen Ländern verstehen, desto besser können wir mögliche Umbrüche und deren Folgen abschätzen. Überraschungen lassen sich aber nie ausschließen. Wie geht es in Argentinien weiter? Wir wissen noch nicht, wie es ablaufen wird. Der freie Kapitalverkehr wurde eingeschränkt. Eine Umschuldung steht an. So viel ist sicher. Wir warten ab, bis Argentinien seine Schulden restrukturiert hat, und hoffen, dass sie rasch ihre Pläne vorlegen – am besten in Koopera- tion mit dem Internationalen Währungsfonds. Das Verfahren ist sehr komplex, da die Aus- landsschulden anders behandelt werden als die inländischen. Das Land bedient immerhin weiter seine Zinsen, was ein gutes Signal ist. Stehen Sie in Verhandlungen mit der argentinischen Regierung? Dazu kann ich mich leider nicht äußern. Sie hatten zuvor in der Ukraine inves- tiert. Auch dieses Land musste seine Ver- bindlichkeiten umstrukturieren. Ja, dies ist aber gelungen. Wir konnten sogar noch einen Gewinn erzielen. Die Fälle liegen aber anders. Jedenfalls wohnen Investments in Schwellenländern zweifellos Risiken inne. Angesichts der ganzen lauernden Risi- ken, die Sie geschildert haben: Wie rea- gieren Sie darauf in Ihren Fonds? Wenn der nächste Schock die Märkte erschüt- tert, weisen Länder wie Indonesien, Kolum- bien, Brasilien oder Mexiko ein sehr geringes Ausfallrisiko auf. Die öffentlichen Haushalte dort werden besser geführt als in den Indus- trieländern, deren Staatsschulden weiter stei- gen. Zudem haben diese aufstrebenden Volks- wirtschaften nur in vergleichsweise geringem Maße Schulden im Ausland aufgenommen. Der Großteil der Verbindlichkeiten liegt im Inland. Insgesamt gesehen sind viele Emer- ging Markets besser für die nächste Krise gerüstet als jemals zuvor. Sind die Schwellenländer die neuen sicheren Häfen? Was die Schuldentragfähigkeit angeht: Ja. Das trifft aber nicht auf die Entwicklung der Währungen zu. Diese können sehr starken Schwankungen unterliegen. Die Notenbanken haben aus der Asienkrise Ende der 1990er-Jahre gelernt, dass eine Bin- dung an den US-Dollar nicht funktio- niert. Sie würden heute den Wechsel- kurs schwanken lassen und nicht allzu viele Ressourcen darauf verschwen- den, ihn zu stabilisieren. Gleichwohl will ich auch im Fall von Turbulenzen die Wertschwankungen meiner Port- folios dämpfen. Daher investiere ich auch in klassische sichere Häfen wie Schweden oder Norwegen. Sehr gut funktioniert auch eine Short-Position auf den australischen Dollar. Gleichwohl scheint Ihre Vorsicht nicht geschätzt zu werden. Anleger ziehen weiterhin Geld aus Ihren Fonds. Für mich ist es wichtig, das Richtige zu tun: das Vermögen der Investoren zu bewahren, auch wenn das Mittelabzüge zur Folge hat. Ich versuche, meine Strategie zu erklären. Es liegt an den Kunden zu entscheiden, ob sie meine Fonds als Diversifikationsbaustein für den Fall der geschilderten Szenarien wollen oder nicht. Die Mittelabzüge bereiten mir jedenfalls keine Sorge. Wo ich mich bewege, kann ich aus reichlich Liquidität schöpfen. Ich hatte mich übrigens vor der großen Finanz- krise im Jahr 2007 ähnlich konservativ posi- tioniert. Zunächst hinkten meine Fonds auch hinterher, überholten dann aber das Feld. Die Lage heute ist mit der damaligen nicht ganz vergleichbar, aber es gibt viele Ähnlichkeiten. Vielen Dank für das Gespräch. SEBASTIAN ERTINGER | FP » Für mich ist es wichtig, das Richtige zu tun: das Vermögen der Investoren zu bewahren, auch wenn das Mittelabzüge zur Folge hat. « Michael Hasenstab, Franklin Templeton Foto: © Daniel Weisser Michael Hasenstab: „Bei Anleihen-ETFs kam es noch nie zu einer Feuerprobe – jedenfalls nicht, seit diese Vehikel so viel Geld verwalten. Bei allem, was sich noch nicht bewiesen hat, stehe ich lieber auf der konservativen Seite.“ markt & strategie I michael hasenstab | franklin templeton 186 www.fondsprofessionell.de | 1/2020
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