FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

Foto: © Daniel Weisser S tefan Böttcher kommt gerade aus Mexiko. Bald wird er nach Kuwait aufbrechen, von dort geht es weiter nach Dubai. Später stehen Vietnam und Thailand auf seiner Reiseroute. Heute aber stehen keine Unternehmensbesuche in Schwellenländern an, sondern Investo- rengespräche auf dem FONDS professio- nell KONGRESS. Der Magna New Fron- tiers Fund, den Böttcher für Fiera Capital managt, liegt in den Depots vieler Kunden der Berater, die sich in Mannheim auf den aktuellen Stand bringen. Die Redaktion nutzte die Gelegenheit für ein Interview. Herr Böttcher, Sie konzentrierten sich zuletzt auf Aktien aus Frontier Markets, also auf Volkswirtschaften auf dem Sprung zum Schwellenland. Jetzt möch- ten Sie einen Fonds auflegen, der sich „Smaller Emerging Markets Opportuni- ties“ nennt, also auf kleinere Schwellen- länder setzt. Was ist die Idee dahinter? Stefan Böttcher: Dazu muss ich etwas ausho- len. Ich investiere seit mittlerweile 30 Jahren in den Schwellenländern, und in dieser Zeit hat sich die Zusammensetzung dieses Seg- ments enorm verändert. 1990 machten Mexi- ko und Malaysia jeweils rund 20 Prozent des MSCI Emerging Markets Index aus. „BRIC“ war noch kein Thema, denn damals war von diesem Länderquartett nur die brasilianische Börse zugänglich. Später hat sich der Markt enorm verbreitert. Nicht nur die anderen BRIC-Länder Russland, Indien und China kamen dazu, auch Volkswirtschaften wie Korea und Taiwan haben stark an Bedeutung gewonnen. In den letzten beiden Jahren geht der Trend allerdings in die andere Richtung: Die Konzentration im Index hat deutlich zu- genommen, vor allem aufgrund der Tatsache, dass China sich geöffnet hat. Chinesische Inlandsaktien, die sogenann- ten A-Shares, sind mittlerweile auch für internationale Anleger investierbar. Genau. Schon heute macht China etwa 30 Prozent des MSCI Emerging Markets aus, und das Gewicht der Volksrepublik wird wei- ter steigen. Die sieben größten Schwellenlän- der stehen inzwischen für mehr als 80 Prozent der Benchmark. Insgesamt sind 26 Länder im Index vertreten. Die 19 kleineren Märkte sind im Schnitt mit nur einem Prozent gewichtet, mit dem Ergebnis, dass immer weniger Inves- toren sie überhaupt auf dem Schirm haben. Als Anleger haben Sie drei Möglichkeiten, in Schwellenländer zu investieren: erstens über ETFs, zweitens über angeblich aktiv gema- nagte, in Wahrheit aber indexnah verwaltete Fonds oder drittens über wirklich aktive Manager. Die Masse entfällt auf die ersten beiden Kategorien. Darum sehen wir immer mehr Ineffizienzen in den kleineren Märkten. Das kommt Ihnen mutmaßlich gelegen. Auf jeden Fall. Wir fokussieren uns seit 30 Jahren darauf, in den Schwellenländern Inef- fizienzen aufzuspüren. Mit unserem neuen Fonds konzentrieren wir uns auf die 19 klei- neren Schwellenländer und auf die noch klei- neren Börsen, die als Frontier Markets gelten oder noch überhaupt nicht kategorisiert sind. Das Universum ist also etwas größer als das, auf dem in den vergangenen Jahren unser Fokus lag. Auf diese Weise verbreitern wir unser Geschäft ein Stück weit, aber mit Märk- ten, die ähnliche Charakteristika aufweisen. Sie bewegen sich in der Industrialisie- rung also einen Schritt nach oben. Ja, aber weil uns die Märkte gewisserma- ßen von oben nach unten entgegenkom- men. Die Börsen einiger Frontier Markets haben sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt, sie sind heute deutlich liquider als früher und wurden deshalb indextech- nisch aufgewertet. Zuletzt wurden Länder wie Pakistan, Argentinien, die Emirate, Katar und Saudi-Arabien in den MSCI Emerging Markets aufgenommen, Kuwait folgt bald. Diese Volkswirtschaften zählen jetzt zu den kleinen Schwellenländern, de- ren Bedeutung innerhalb des Benchmarkindex allerdings wie erwähnt abnimmt. Darum sehen wir einerseits immer mehr Ähnlichkeiten zwi- schen den Frontier und den Smaller Emerging Markets, andererseits aber große Unterschiede zwischen den kleinen und den großen Schwel- lenländern. Wer in einen typischen Global- Emerging-Markets-Fonds investiert, wird in einigen Jahren „China Plus“ im Depot haben. Viele werden das begrüßen, und ein solcher Ansatz kann sicherlich sehr vielversprechend sein. Es wird aber auch Investoren geben, die auf eine größere Diversifikation Wert legen. An diese Zielgruppe richten wir uns. Gutes Stichwort: Schwellenländerinvest- ments galten früher als guter Diversifi- kator. Doch die jüngsten Börsenkrisen zeigten, dass auch die Emerging Markets leiden, sobald es an der Wall Street rap- pelt. Wie ist das mit den Frontier Mar- kets und den kleinen Schwellenländern? Ist die Korrelation zu den Börsen der In- dustrieländer dort wirklich noch gering? Ja, und zwar aus einem einfachen Grund: Dort tummeln sich nur wenige Investoren aus demAusland. Dass die Korrelation der großen Schwellenländer zur Wall Street so groß ist, liegt an dem vielen passiven Geld, das dort investiert ist. Nehmen wir Volkswirtschaften wie Peru, Indonesien oder Russland: Diese Märkte haben ökonomisch relativ wenig mit- Stefan Böttcher managt seit Jahren erfolgreich den Magna New Frontiers Fund. Mit einem neuen Fonds möchte er für Fiera Capital die sogenannten Smaller Emerging Markets erschließen – ein Börsensegment, das seiner Meinung nach zu Unrecht vom Radar vieler Investoren verschwunden ist. „Die Ineffizienzen in den kleineren » Wer in einen typischen Global-Emerging- Markets-Fonds investiert, wird in einigen Jahren › China Plus ‹ im Depot haben. « Stefan Böttcher, Fiera Capital markt & strategie I stefan böttcher | fiera capital 202 www.fondsprofessionell.de | 1/2020

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