FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

mobilienfonds wird man nicht über Nacht arm, aber halt auch nicht über Nacht reich. Welther: Wie unterscheidet sich davon ein Investment über eine digitale Plattform? Drießen: Theoretisch ist ein offener Immobi- lienfonds ja nichts anderes als Crowdinvesting: Sehr viele Leute finanzieren sehr viele Häuser beziehungsweise im Falle Bloxxter: Sehr viele Leute finanzieren ein Haus. Wir bieten ein Wertpapier mit entsprechendem Prospekt. Die wirtschaftliche Struktur ist ein eigenkapital- ähnliches Partizipationsrecht. Aber wir schrei- ben einen umfangreichen Wertpapierprospekt, wie Adidas ihn auch schreiben würde. Heuser: Also letztlich ist es eine Anleihe. Drießen: Ja, genau. Welther: Und wie unterscheidet sie sich vom partiarischen Darlehen? Drießen: Wirtschaftlich kann man ja ein par- tiarisches Darlehen so ausgestalten, dass es sehr nah am Eigenkapital ist, das versuchen wir auch. Wir versuchen die Eigenkapital- position so gut es geht abzubilden, ohne die Übertragungsschwierigkeiten der KG oder einer GmbH zu haben. Mit der Struktur unseres Papiers ist eine tägliche und welt- weite Handelbarkeit möglich. Und dafür brauche ich ein Wertpapier ohne Urkunds- erfordernis. Welther: Im Vergleich zu einem offenen Immobilienfonds hat Ihr Wertpapier aber das deutlich höhere Totalverlust- risiko – oder täusche ich mich? Drießen: Wir verfolgen ja einen anderen Ansatz. Wir glauben, dass der Kunde die Diversifikation auf eigener Ebene her- stellt; deswegen auch eine Mindestbetei- ligung von 500 Euro. Wenn ich nur ein einzelnes Asset habe, dann ist ein höheres Risiko gegeben als bei 50 Assets. Das war ja das Problem, das wir früher hatten, dass wir den Anleger mit 20.000 Euro in ein einzelnes Haus gezwungen haben. Wer jedoch heute mit jeweils 500 Euro zehn Häuser kauft, der hat ein geringes Total- verlustrisiko. Lammerding: Ich will für die Frage nach dem Risiko bei Crowdinvestings von Zins- baustein mal den Vergleich zum aktuellen geschlossenen Fonds von Dr. Peters auf- machen. Beide bieten 5,25 Prozent pro Jahr, sodass man sagen könnte, das müsse das gleiche Risiko sein. Wir haben da aber völlig unterschiedliche Themen. Wir sind beim Crowdinvesting, sei es als qualifiziertes Nach- rangdarlehen, sei es in Form des Forderungs- kaufs über eine Frontingbank, auf der Fremd- kapitalseite. Welther: Das heißt? Lammerding: Das heißt, ich gebe als Anleger einen Kredit in der Regel an einen Projektent- wickler, und das Risiko ist im Wesentlichen von der Bonität dieses Projektentwicklers abhängig. Die Fremdfinanzierungsseite gilt eigentlich als nicht so risikobehaftet wie der Equity-Bereich. Beim geschlossenen Fonds wird der Anleger Kommanditist in einer Im- mobilien-KG. Da sind die Risiken, etwa beim neuen Hotelfonds von Dr. Peters, vor allem Betreiberrisiken. Aber dem Fonds gehört bei einem Ausfall des Betreibers immerhin noch die Immobilie, und die ist in den seltensten Fällen gar nichts mehr wert. Wir haben also hinter dem vermeintlich gleichen Preis für das innewohnende Risiko qualitativ zwei sehr verschiedene Risiken stehen. Welther: Und wie steht es beim Forde- rungskauf um das Totalverlustrisiko? Lammerding: Wie Herrn Drießen geht es mir auch darum, die Vielzahl einzelner Projekte zu sehen. Pro Projekt ist das Risiko sicher nicht zu unterschätzen. Aber ein Investment ab 500 Euro lässt natürlich eine Diversifika- tion auf Ebene des Anlegers zu. Wenn er mit 5.000 Euro in zehn Immobilien investiert, dann ist sein Risiko weit gestreut. Welther: Die übliche Klassifizierung von Risiken bezieht sich aber nicht auf den An- leger, sondern auf das Risiko im Produkt. Drießen: Ich würde da widersprechen. Ich halte die alleinige Betrachtung des Produkts für nicht richtig. Wenn ich einen Anleger habe, der einen Fonds mit nur einem Haus kauft, dann hat der ein singuläres Risiko. Wenn ich auf der einen Seite ein Produkt ha- be, wo ich mich mit einer Mindestbeteiligung von 10.000 Euro an einem einzelnen Haus beteilige und ich habe auf der anderen Seite die Möglichkeit, mich mit 10.000 Euro an 20 Immobilien zu beteiligen, dann glaube ich, geht es immer um das Risiko auf der Ebene des Investors. Man kann auf Produktebene schon Risiken zwischen einer Projektentwick- lung oder einer Bestandsimmobilie voneinan- der unterscheiden, auch ist klar, dass es einen Risikounterschied ausmacht, ob ich 85 oder 30 Prozent Fremdkapital habe. Welther: D’accord. Aber Sie führen eine zusätzliche Voraussetzung ein, was die Ver- haltensweise des Anlegers betrifft. Drießen: Ja. Ich mache aber auch Annahmen auf Basis dessen, was beobachtbar ist. Inves- toren in diesem Bereich zeichnen eben nicht einmal 500 Euro und dann nie wieder, son- dern drei, vier Mal. Und jedes Jahr wieder. Malte Thies ist Geschäftsführer der One Group, die mit der Serie „Proreal Deutschland“ Namensschuldverschrei- bungen begibt, die in Wohnbauprojekte investieren. Fotos: © Daniel Weisser » Wir müssen zwei Dinge ganz klar trennen: die Frage danach, wie sich Risiken auf Anlegerebene darstellen, und die Frage danach, welche Risikoklasse das einzelne Produkt hat. Die ist gesetzlich vorgeschrieben. « Malte Thies, One Group roundtable I sachwer te I immobilien 224 www.fondsprofessionell.de | 1/2020

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