FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020
Welther: Was der Normalanleger nur mit niedrigen Einstiegssummen machen kann. Drießen: Ich reite deswegen so darauf herum, weil das Problem früher in der Sachwertbran- che ja nicht darin bestand, dass jemand 20.000 Euro in geschlossenen Fonds hatte, sondern weil ihm gesagt wurde: Lieber Kun- de, wenn du an diesem Schiff beteiligt sein möchtest, dann musst du 20.000 Euro da rein investieren. Und wenn es schiefging, dann lohnte es sich wenigstens, sich richtig aufzu- regen, weil ein großer Teil des Vermögens weg war. Wenn die gleiche Person mit 20.000 Euro ein ihrem Vermögen angemessenes Investment in ein Schiff getätigt hätte, also 1.000 Euro, und die wären weg gewesen, dann wär’s egal gewesen – also freilich nicht ganz egal. Aber „egaler“ als bei 20.000 Euro. Deswegen glaube ich, dass die Diversifika- tionsmöglichkeit so wichtig ist. Wir kommen dann auch mal weg von der Vorstellung der oberen 0,5 Prozent der Bevölkerung als Ziel- gruppe, sondern schaffen einen Zugang zu Immobilien für weite Teile der Bevölkerung, wie heute über offene Immobilienfonds. Das Senken der Einstiegshürde ist aus Sicht des Kunden aus Risikogründen total sinnvoll. Lammerding: Speziell bei Crowdinvest- ments, die als Vermögensanlagen konzi- piert und von der Prospektpflicht befreit sind, drückt sich das auch darin aus, dass sie bis maximal 25.000 Euro zulässig sind. Ein weiteres Indiz dafür, dass es zunehmend darum geht, auf Ebene des Anlegers zu diversifizieren. Heuser: Ich hätte jetzt erwartet, dass da von Ihrer Seite, Herr Roth, etwas mehr Widerspruch kommt, denn es diskre- ditiert ja in gewisser Weise die direkte- ren Formen der Investition, bei denen man sicherlich mehr als 500 Euro auf- bringen muss. Roth: Der Verwaltungsaufwand auch auf Seiten des Anlegers ist ja enorm, wenn er 500 Euro scheibchenweise investiert. Also ich würde verrückt werden, wenn ich 50.000 Euro in 500-Euro-Teilen investie- ren würde. Da hat man dann eine ganze Bibliothek mit Unterlagen bei sich stehen. Oder der Anleger sagt: „Es ist mir egal“, dann muss er sich aber auch über die Risikoklasse keine Gedanken machen. Wenn er sagt, auf die einzelnen 500 Euro könne er verzichten, dann kann er auch Lotto spielen. Also ich hab’ dafür wenig Ver- ständnis. Dafür bin ich vielleicht auch zu alt. Drießen: Also wenn ich mir Kunden ge- schlossener Fonds von früher angucke, die beispielsweise 100.000 Euro in drei Fonds hatten, dann bin ich mir nicht sicher, ob die jeden Jahresbericht, der in der Branche ja üblicherweise auch noch mit zwölf Monaten Verspätung kommt, wirklich gelesen haben. Roth: Mit ein bisschen Übung weiß man, wo man hingucken muss. Und es gibt Indikato- ren, zum Beispiel unsere Ausschüttung auf Monatsbasis. Welther: Wie viel ist das so? Wir bieten laufende Ausschüttungen in der Größenordnung von fünf Prozent pro Jahr und über 15 Jahre hinweg noch einen Wert- zuwachs in der Größenordnung von zehn bis 20 Prozent. Welther: Und wie sieht Ihre Risikoklassifi- zierung aus? Roth: Wenn ich mir unsere Leistungsbilanz ansehe, dann würde ich sagen: Zwischen Eins und Zwei, auch wenn einer Ihrer Kollegen zu- letzt geschrieben hat, wir müssten bei Sieben eingestuft werden. Welther: Wenn Sie auf Ihre Leistungsbilanz Bezug nehmen, dann meinen Sie Ihre Prognosetreue und leiten aus der Über- einstimmung von Soll und Ist Ihre Risiko- klassifizierung ab, richtig? Roth: Ja, und auch in den ungünstigsten Fäl- len, etwa Schieflagen, die aus dem Schweizer Franken resultierten, haben unsere Anleger immer noch mehr rausbekommen, als sie ursprünglich mal einbezahlt hatten. Thies: Also ich bin ziemlich überrascht. Wir müssen, denke ich, zwei Dinge ganz klar tren- nen: Die Frage danach, wie sich Risiken auf Anlegerebene darstellen, und die Frage da- nach, welche Risikoklasse das einzelne Pro- dukt hat. Die ist gesetzlich vorgeschrieben. Bei geschlossenen Fonds ist man verpflich- tend, sich in Klasse sechs nach SRI [Summa- ry Risk Indicator, Anm. d. Red.] einzustufen. Ob man das als richtig erachtet, kann dahin- gestellt bleiben. Aber weil es hier keine mess- bare Volatilität gibt, muss sich ein geschlos- sener Fonds eine Sechs geben. Roth: Ja, der Gesetzgeber sieht das so. Aber es lässt sich beispielsweise das Betreiberrisiko durch entsprechende Analyse relativieren. Bei 25-jährigen Pachtverträgen haben wir es häu- figer mit Managementwechseln zu tun, sodass wir immer wieder mit anderen Personen re- den müssen als jenen, mit denen wir damals die Pachtverträge abgeschlossen haben. In 25 Jahren verändern sich zum Beispiel indivi- duelle Lebensumstände. Betreiber müssen er- setzbar sein. Wenn man darauf vorbereitet ist, ist auch weniger Risiko damit verbunden. Heuser: Verlieren Sie denn potenzielle Investoren durch die zwangsläufig hohe Risikoeinstufung? Roth: Nein, ich glaube nicht. Klaus Speitmann ist Managing Director der Swiss Life KVG, die den offenen Immobilienfonds „Living & Working“ nach dem 2013 verabschiedeten KAGB aufgelegt hat. Fotos: © Daniel Weisser » Senkt man das Risiko, senkt sich auch der Ertrag. Mit einem offenen Immobilien- fonds wird man nicht über Nacht arm, aber halt auch nicht über Nacht reich. « Klaus Speitmann, Swiss Life roundtable I sachwer te I immobilien 226 www.fondsprofessionell.de | 1/2020
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