FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020
Kortmann: Es ist doch eine Scheindebatte: Die Sechs ist doch gesetzt. Roth: Die ganze Prospekterstellung ist eigent- lich ein Worst-Case-Szenario. Wir schreiben nur noch über die Risiken, die Chancen muss sich der Anleger selber ausrechnen. Aber es gilt – eingeschränkt – auch für geschlossene Fonds, dass die Handelbarkeit ihr Risiko mindert. Jeder Anleger eines geschlossenen Fonds hat die Möglichkeit, seinen Anteil an einen Käufer zu veräußern, und wenn er den selber nicht findet, dann gibt es entsprechende Plattformen. Wir selbst haben Anleger, die sich bei uns als Käufer listen lassen, denen wir aber nie was anbieten können. Welther: Welches Risiko geht man bei Direktinvestments ein – und was kann man dafür an Rendite erwarten? Kortmann: Direktinvestments befinden sich komplett außerhalb der Regulierung. Jeder kann sich eine Eigentumswohnung kaufen, ohne dass das durch investmentrechtliche Vorschriften geregelt wäre. Es gibt also keine gesetzlich angeleitete Klassifizierung des Risikos. Aber um in Ihrer Rahmenlogik zu bleiben, würde ich sagen: eine Acht. Fak- tisch liegt es komplett in der Hand des Anlegers. Der kann zum Beispiel mit 100 Prozent Eigenkapital erwerben und gleich Cashflow generieren. Dass er in 100 Jah- ren sein Kapital zurückbekommt, ist recht wahrscheinlich. Über einen Zeitraum von fünf Jahren betrachtet kann es aber sein, dass er in der gegenwärtigen Marktphase sein Geld nicht zurückbekommt. Welther: Welche Risiken sind die ge- wichtigeren: Marktrisiken oder Immo- bilienrisiken? Kortmann: Die größten Risiken sind die eigene Faulheit und die eigene Inkom- petenz. Alles andere kommt danach. Denn was die hier versammelten Experten ana- lysieren und quantifizieren, das muss man als Privatanleger bei einer direkt erwor- bene Immobilie alles selber machen. Das muss man sich zutrauen. Man kann auch Weichkosten sparen oder dadurch sparen, dass man selber Hand anlegt, Stichwort Muskelhypothek. Aber am Ende des Tages ist die vorgelagerte Analyse das A und O. Wenn man das nicht kann oder nicht rich- tig macht, dann hat man an dieser Stelle das größte Risiko. Man hat zwar als Anleger die volle Flexibilität, trägt aber auch das volle Risiko. Welther: Können Sie ein Beispiel nennen? Kortmann: Wenn man mit 70 Prozent Fremd- kapital operiert, dann sind die verbleibenden 30 unter Umständen sehr schnell weg, und man hat womöglich wirtschaftlich einen Totalverlust, obwohl das Gebäude technisch noch in Ordnung ist. Heuser: Und wie steht’s um die Fungibilität? Kortmann: Generell gilt für direkt gehaltene Immobilien, dass es keine tägliche Handel- barkeit gibt. Aber es gibt einen Markt dafür. Der macht zwar auch den Preis, aber in der Regel findet man innerhalb von drei Monaten einen Käufer. Speitmann: Offene Immobilienfonds sind börsentäglich handelbar. Welther: Ja, nach einer 24-monatigen Sperrfrist … Speitmann: Nein, nein. Das ist zwar öffentlich nicht so bekannt, aber es ist möglich, offene Immobilienfonds jederzeit über die Börse zu erwerben und zu veräußern. Das findet bei den großen Fonds auch im Bereich mehrerer Millionen Euro jeden Tag statt. Was – anders als früher – innerhalb der ersten 24 Monate nicht mehr möglich ist, das ist die Rückgabe an die Fondsgesellschaft. Das war der Kon- struktionsfehler in der Vergangenheit, dass der Anleger täglich ohne Abschlag auf den Netto- inventarwert rauskonnte. Welther: Wie gut sind die Proreal-Produkte handelbar? Thies: Eigentlich stellt sich die Frage bei uns gar nicht, weil unser USP die kurze Planlauf- zeit über drei Jahre ist. Abgesehen von einzel- nen, sehr seltenen Sonderfällen, in denen wir als Produktanbieter auch bereit sind, Produkte zurückzunehmen, ist bei uns die Fungibilität durch die kurze Laufzeit gegeben. Was übri- gens für viele Investoren ein gefühlter Sicher- heitsaspekt ist. Welther: Je näher ein Investment an der Immobilie dran ist, umso schwieriger scheint es handelbar. Roth: Grundsätzlich muss man ein Investment in einen geschlossenen Immobilienfonds wie eine Investition in eine reale Immobilie sehen. Da wird auch keiner kommen und fragen, wann er denn sein Geld wieder bekomme. Viel mehr lautet die Frage: „Wie nachhaltig ist die Vermietbarkeit, gibt es hier Chancen, Dynamik in die Miete reinzukriegen?“ Das steht doch im Mittelpunkt! Im Moment ist doch viel eher das Problem, sein Geld sinn- voll unterzubringen, als es nach drei Jahren oder früher schon wieder zurückzubekom- men. Wir haben zum Beispiel Stiftungen, die uns bitten, doch mal wieder einen 25 Jahre laufenden Fonds zu machen. Die langfristige Planungssicherheit selbst für den Erbfall steht Stefan Lammerding ist Geschäftsführer der Dr. Peters Asset Finance KVG. Der Anbieter geschlossener Fonds beteiligte sich jüngst an der Crowdplattform Zinsbaustein. Fotos: © Daniel Weisser » Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Sachwerte für eine aus- gewogene Vermögensanlage wichtig sind, auch wenn die Zugangswege nach der Regulierung, die zugegebener- maßen notwendig war, noch komplex sind. Aber wir arbeiten daran, sie zu vereinfachen. « Stefan Lammerding, Dr. Peters roundtable I sachwer te I immobilien 228 www.fondsprofessionell.de | 1/2020
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