FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

Foto: © Zalando E in großer Aufkleber im Schaufenster be- grüßt verdutzte Passanten in der Großen Packhofstraße, einer Fußgängerzone mitten in Niedersachsens Landeshauptstadt: „Hallo Hannover!“ Hier hat Ende August ver- gangenen Jahres eine Filiale des Onlinehändlers Zalando eröffnet. Zalando? Die europäische Ant- wort auf Amazon und Ebay, die den weltweiten Onlinehandel domi- nieren? Nein, es ist kein Versehen, sondern die mittlerweile achte sta- tionäre Niederlassung von Zalando in Deutschland. Und weitere sind geplant. Dabei ist der Einkauf per Mausklick eigentlich eine Wachs- tumsstory. In den vergangenen 20 Jahren hat der Onlineumsatz dem Gesamtumsatz des Einzelhandels in Deutschland jedes Jahr mehr Anteile abgetrotzt. Der Deutsche Handelsverband HDE gibt das Volumen, das im Jahr 2019 im Einzelhandel insge- samt umgesetzt wurde, mit 537 Milliarden Euro an. Davon entfal- len mittlerweile 57,8 Milliarden Euro, knapp elf Prozent, auf den Onlinehandel (siehe Gra- fik). Der Umsatz im gesamten Einzelhandel steigt, aber der Anteil des stationären Handels schrumpft. Und was passiert, wenn Online- händler sesshaft werden und Filialen eröffnen so wie Zalando in Hannover? Joachim Stumpf, Geschäftsführer der BBE Handels- beratung, die Einzelhändler in Handels- und Standortfragen berät, verweist auf das Ergeb- nis einer Studie, das Zalandos Strategie schnell erklärt: Das Urban Land Institute stell- te in einem Feldversuch fest, dass Online- händler nach der Eröffnung einer stationären Filiale auch ihren Onlineumsatz steigern konnten. „Der Kunde entscheidet sich für eine Marke“, erläutert Stumpf den Zusammen- hang, betont aber auch, dass es auf den rich- tigen Mix und ein intelligentes Zusammen- spiel aus Online und Offline ankommt. Differenzierte Betrachtung Für ein besseres Verständnis des wechsel- seitigen Einflusses von digitalem und analo- gem Einzelhandel muss man nach Branchen differenzieren. Textilien, Schuhe und Bücher sind viel stärker als andere Produkte in den Onlinehandel abgewandert. Lebensmittel wer- den beispielsweise nur zu etwa einem Prozent online gekauft. Der Lebensmittel- handel funktioniere anders als die anderen Segmente, sagt Mario Schüttauf, Manager des offenen Immobilienfonds Hausinvest von Commerz Real: „Es ist eine Frage der Präsentation.“ Erstens lassen sich Lebensmittel sehr attraktiv präsentieren, und zweitens will der Kunde gerade bei Lebensmitteln seine Ware zunächst real in Au- genschein nehmen können. „Bei Lebensmitteln beißen sich die On- linehändler noch die Zähne aus“, sagt Frank Emmerich, der beim Immobilienberatungsunternehmen CBRE den Bereich Retail leitet. Bei Büchern ist das ganz anders. Im Gegensatz zu frischen Lebens- mitteln sind sie austauschbar. „Beim Buchhandel kommt noch Der Boom des Online-Shoppings beschert dem stationären Einzelhandel einen tiefgreifenden Umbruch. Das hat auch Folgen für Immobilieninvestoren. Angriff aus dem Netz » Bei Lebensmitteln beißen sich Onlinehändler die Zähne aus. « Frank Emmerich, CBRE Jeder zehnte Euro kommt aus dem Netz Einzelhandelsumsatz in Deutschland Das Gesamtvolumen des deutschen Einzelhandels ist in den vergangenen zehn Jahren stetig gewachsen – der Onlineanteil daran aber auch. * Der Einzelhandel im engeren Sinne bezeichnet die institutionellen Einzelhandelsformen in Deutschland einschließlich ihrer Onlineumsätze ohne Apotheken, Kfz-, Brennstoff- und Kraftstoffhandel. Quelle: HDE Online-Monitor 2019 2019* 2017 2015 2013 2011 2009 2007 2005 2003 2001 428 Mrd. Euro (netto) 537 Mrd. Euro 0,3 % 10,8 % Umsatzvolumen im gesamtdeutschen Einzelhandel Onlineanteil am Einzelhandel im engeren Sinne* Führende Onlinehändler lassen sich zunehmend auch mit stationären Filialen nieder, so wie Zalando in Hannover. Studien bestätigen: Der Umsatz, den sie danach online machen, sinkt nicht etwa – er steigt. 238 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 sachwerte I einzelhandelsimmobilien

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