FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

hinzu, dass das Produkt selbst digital ersetzt wird“, sagt BBE-Consultant Stumpf. Shoppingcenter überflüssig? Einzelhandelsimmobilien als Investment sind seit Jahrzehnten beliebt und kommen bei Anlegern und im Vertrieb gleichermaßen gut an. Immer mehr Produkte werden künftig jedoch digital gehandelt werden. Die Folgen davon bekommt der stationäre Einzelhandel längst zu spüren: „Obwohl der Umsatz insge- samt steigt, geht der Anteil des stationären Handels zurück“, schätzt etwa Maximilian Ludwig, Leiter Asset Management Retail & Hotel beim Fondsanbieter Real IS, die Lage ein. Die Tochtergesellschaft der Bayerischen Landesbank betreut zahlreiche klassische Einzelhandelsimmobilien in ihren Fonds und spürt zunehmend die Notwendigkeit, dass sich die Bran- che bewegen muss. Rund zehn Milliarden Euro sind im vergangenen Jahr in deutsche Einzelhandelsimmobilien investiert worden. Damit gehört das Seg- ment nach Büro und Wohnen zu den beliebtesten Anlageklassen im deutschen Immobilieninvestment- markt. „Vor allem lebensmittel- gebundene Objekte profitieren von ihrer E-Commerce-Resilienz und sind weiterhin stark nachgefragt“, heißt es etwa im jüngsten Quar- talsbericht von CBRE Research. Neben einem – bislang modera- ten – Rückgang des Umsatzvolu- mens in den vergangenen fünf Jahren kenn- zeichnet den Markt allerdings auch ein starkes Gefälle zwischen Stadt und Land. Je weniger eine Einzelhandelsimmobilie von einer stra- tegisch guten Lage inmitten eines großen Ein- zugsgebiets profitieren kann, umso mehr ist sie darauf angewiesen, einen Lebensmittel- händler als Ankermieter zu haben. „Es gibt viel zu viel Handelsfläche, da wird es noch einige treffen“, prognostiziert Real- IS-Experte Ludwig. Seitens des Managements von Immobilienfonds scheint die Einschät- zung einhellig: „Schlechte Lagen werden ver- lieren, gute Lagen werden zu noch besseren Lagen werden“, sagt Mario Schüttauf. „Am Jungfernstieg in Hamburg gibt es keinen Leerstand.“ Aber Einzelhandelsimmobilien in mancher B-Lage, die heute noch ganz gut funktionieren, werden auf einmal leer stehen. Es werde sich dabei um einen „strukturellen Leerstand“ handeln, betont Schüttauf. Die zunehmende digitale Konkurrenz bekommt auch die Deutsche Euroshop zu spüren. Sie investiert in 21 Shoppingcenter, 17 davon in Deutschland. Ihr Börsenkurs hat sich seit seinem Höchststand im April 2015 grob halbiert. „Neben dem weiter wachsenden Verkaufsflächenangebot verstärkt insbeson- dere der kontinuierlich und stark wachsende Onlinehandel die Wettbewerbssituation im stationären Einzelhandel und in unseren Shop- pingcentern“, heißt es kleinlaut im jüngsten Geschäftsbericht. Digital Mall Die Deutsche Euroshop hat die Flucht nach vorn ergriffen. Mit dem Partner ECE Projekt- management, der das Centermanagement be- sorgt, setzt sie in ihren 17 deutschen Einkaufs- zentren derzeit ihr Konzept einer „Digital Mall“ um. Auf den Webseiten der jeweiligen Shoppingcenter wird eine Produktsuche für alle Artikel angeboten, das sind mehr als 2,2 Millionen verschiedene Waren aus 440 Ladengeschäften. Kunden können sich online über die in ihrem Center verfüg- baren Produkte, deren Größe und Preise informieren, sie – so der Plan der nächsten Entwicklungs- stufe – auch reservieren und dann vor Ort abholen. ECE setzt damit die Erkenntnis einer Deloitte-Stu- die um, die ergab, dass mehr als die Hälfte aller stationären Ein- käufe online vorbereitet werden. Das Ziel: Der Kunde soll bei sei- ner Produktsuche nicht mehr auto- matisch bei den großen E-Com- merce-Anbietern landen, sondern animiert werden, in den Laden zu kommen. Vergleichbare Konzepte finden sich unter dem Stichwort „Click and Collect“ immer häufiger. Es Fotos: © BBE Handelsberatung, CBRE Frank Emmerich, CBRE: „Der Einzelhändler will, dass der Kunde in sein stationäres Geschäft kommt.“ Joachim Stumpf, BBE Handelsberatung: „Der Kunde entscheidet sich für eine Marke.“ » Obwohl der Umsatz insgesamt steigt, geht der Anteil des stationären Handels zurück. « Maximilian Ludwig, Real IS Das Wachstum flacht ab Entwicklung des Onlineumsatzes (netto) in Deutschland Der Anteil des Onlinehandels am Gesamtumsatz des deutschen Einzelhandels wird jedes Jahr größer, aber bei rückläufigen Zuwächsen. Quelle: HDE Online-Monitor 2019 2019* 2017 2015 2013 2011 2009 2007 2005 2003 2001 1,3 Mrd. Euro 57,8 Mrd. Euro +21,1 % +46,7 % +8,5 % Onlineumsatz Veränderung zum Vorjahr 240 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 sachwerte I einzelhandelsimmobilien

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