FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020
geht darum, die Potenziale, die sich online und offline bieten, erfolgreich miteinander zu verschränken. „Der Einzelhändler will mit Click and Collect, dass der Kunde in sein stationäres Geschäft kommt“, sagt CBRE- Handelsexperte Emmerich. Dabei geht es um die Gestaltung eines klassischen Vertriebs- kanals: „Sobald der Kunde im Geschäft steht, kann nämlich stattfinden, was der Einzel- handel eigentlich macht und kann: Verkau- fen!“ Ein klassisches Verkaufsgespräch füh- ren, das geht übers Internet nicht. Das Konzept der „Digital Mall“ geht aber noch weiter. In einem nächsten Schritt ist geplant, die umfassende Artikeldatenbank, die als Metaplattform der angeschlossenen Shop- pingcenter auf der Website Otto.de vorgehal- ten wird, sukzessive bei etablierten Online- händlern wie Amazon, Ebay und Zalando einzuspielen. Stationäre Tugenden Das Internet hat keinen Ort. Online kann man von überall bestellen und sich die Artikel überallhin liefern lassen. Die Antwort des stationären Einzel- handels auf die digitale Heraus- forderung betont entsprechend die ihm verbliebenen Vorzüge. Eine außergewöhnlich gute Lage des Centers wird immer wichtiger – und was dort statt- findet, darf nicht digitalisierbar sein: persönliche Begegnungen und sinnliche Erfahrungen wie Essen und Trinken oder das gemeinsame Erleben von Events. „Der Mensch hat Erlebnishunger und sucht sozialen Kontakt“, sagt Ludwig. „Bislang waren gastronomische Einrichtungen in Ein- kaufszentren auf Schnelligkeit ausgerichtet. Das hat sich geändert. Jetzt geht es vielmehr darum, dass sich die Gäste wohlfühlen.“ Das hat Konsequenzen für den Mietermix einer Einzelhandelsimmobilie und dessen Gestal- tung. Die Gastronomie etabliert sich zuneh- mend als Ankermieter. „Knapp 30 Prozent der Mieter sehen sie als Frequenzanker der Zukunft“, lautet eines der Ergebnisse der diesjährigen Studie „Der Mieter im Fokus – Handelsimmobilien neu denken“, die das auf Einzelhandelsimmobilien spezialisierte Emis- sionshaus ILG jedes Jahr veröffentlicht. Damit Kunden weiterhin stationär einkau- fen, muss immer mehr Eventcharakter her: Late Night Shopping, Modeschauen, kosten- loses professionelles Schminken für jeder- mann. Im Einkaufszentrum „Landshut Park“, Investitionsobjekt des ILG Fonds 36, wurde eine „Audi Roadshow“ inszeniert. Ein orts- ansässiges Autohaus installierte auf dem Park- platz des Centers eine Hebebühne und führte kostenlose Service-Checks durch. Entspre- chende Online-PR über die Homepage des Centers bescherte dem „Landshut Park“ wäh- rend der Aktionstage eine überdurchschnittlich hohe Kundenfrequenz. „Durch solche Aktio- nen können der Bekanntheitsgrad des Centers gesteigert sowie Erstkunden etabliert werden“, freut sich ILG. Folgen für die Immobilie Früher wurden Einzelhandelsimmobilien vertikal erschlossen. Um die teure Grundflä- che besser nutzen zu können, erstreckten sich Einzelhandelsflächen über mehrere Stock- werke. „Das ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Ludwig. „Ein zweites oder gar drittes Ober- geschoss ertragreich zu bewirtschaften ist schwierig geworden.“ Als Beispiel nennt er das „Forum Steglitz“ in Berlin. Real IS hat das Objekt mit Handelsflächen auf fünf Geschossen 2009 für einen institutionellen Immobilienfonds erworben. Inzwischen wird das Gebäude komplett umgestaltet. Das zwei- te und dritte Obergeschoss wird in Büros umgewandelt, in die restlichen Etagen kommen als neue Ankermieter Nahversor- ger. Ludwig: „Edeka wird sich mit einem Gastro-Unterneh- men zusammentun, das kulina- rische Kostproben anbietet.“ Fazit: Der Erlebnismehrwert überwiegt den Einkaufsmehr- wert. Für die Entscheidung, in eine Einzelhandelsimmobilie zu investieren, wird die Eig- nung des Centermanagements, Einkaufen zum Erlebnis ma- chen zu können, immer wich- tiger. TILMAN WELTHER | FP Foto: © Commerz Real, Real IS Maximilian Ludwig, Real IS: „Der Mensch hat Erlebnis- hunger und sucht sozialen Kontakt.“ Mario Schüttauf, Commerz Real: „Schlechte Lagen verlieren, gute Lagen werden zu noch besseren Lagen.“ » Knapp 30 Prozent der Mieter sehen Gastronomie als Frequenzanker der Zukunft. « ILG-Studie Je besser der Standort, umso geringer das Risiko Spitzenrenditen von Einzelhandelsimmobilien Neben dem Standort wird künftig der Eventcharakter beim Einkaufen eine wichtige Rolle spielen. Quelle: CBRE Research, Q4/2019 2 % 4 % 6 % 8 % Baumarkt Fachmarkt 3,11 % 4,00 % 4,15 % 5,00 % 5,20 % 5,25 % Fachmarktzentrum Shoppingcenter (B-Standort) Shoppingcenter (A-Standort) 1A-Handelsimmobilien ’17 ’18 ’19 ’16 ’15 ’14 ’13 ’12 ’11 ’10 ’09 ’08 ’07 ’06 242 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 sachwerte I einzelhandelsimmobilien
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