FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020
de Architekturbüro zu verantworten habe, das im Februar 2019 die Zusammenarbeit auf- gekündigt bekam. Außerdem sei kurz zuvor einer der Geschäftsführer gestorben, sodass fachliches Know-how verloren gegangen sei. Kardinal-Wendel-Gärten Die Gemeinschaftsbank GLS ist ebenfalls im Crowdinvesting aktiv. In Zusammenarbeit mit Crowddesk, einem Anbieter von Platt- formlösungen, entstand die GLS Crowd. Die Gesellschaft ist im alleinigen Besitz und Be- trieb von Crowddesk, die GLS-Bank sucht Projekte aus und schlägt sie für die Plattform vor. Im Projekt „Kardinal-Wendel-Gärten“ sollten zwei Mehrfamilienhäuser in Homburg neu errichtet werden. Zur Ergänzung der Pro- jektfinanzierung besorgte sich der Bauträger Energiebau Ramstein 2017 rund 1,1 Millio- nen Euro bei Crowdinvestoren, etwa hälftig über die GLS Crowd und die Plattform Rea- capital. Rechtlich handelt es sich um zwei voneinander unabhängige Investments. Rea- capital konnte seine Investoren samt Zinsen ausbezahlen. Die GLS-Kunden erwischte da- gegen die Insolvenz, die der Bauträger Ende Oktober vergangenen Jahres eingereicht hat. Die Anleger bekamen Anfang November Post von der GLS, die sich „erstaunt“ zeigt, „da der bisherige Geschäftsführer Hans Kennel Ihnen und uns die Absicht erklärt hatte, eine Rückzahlung der Gelder bis zum 30. November 2019 vornehmen zu wollen“. Allerdings hatte es zuvor schon eine Verschie- bung der geplanten Rückzahlung gegeben. Bereits damals vertraute die Bank auf eine Absichtsbekundung Kennels. Der vorläufige Insolvenzverwalter versucht, das Projekt als Ganzes zu verkaufen. Kommt es vor der of- fiziellen Verfahrenseröffnung dazu, hätte das den Vorteil, dass möglicherweise alle Verbind- lichkeiten und nicht nur die vorrangigen mit- verkauft und dann bedient werden könnten. Portfolio Marburg I/II Die beiden Projekte „Portfolio Marburg“ und „Portfolio Marburg II“ der marktführen- den Plattform Exporo mussten im November vergangenen Jahres Insolvenz anmelden. Schuldner von Darlehensforderungen in Höhe von knapp 3,8 Millionen Euro sind die beiden Gesellschaften Dema Deutsche Mikroapart- ment und Sciolla & Beilborn Projektportfolio I. In beiden Projekten war vorgesehen, den Wert von Bestandswohnungen durch Sanierungs- und Vermietungsmaßnahmen zu erhöhen und sie kurzfristig wieder zu verkaufen. Das kurzfristige Wiederverkaufen hatte bei den Darlehensnehmern offensichtlich Metho- de: Die Staatsanwaltschaft vermutet die Betei- ligung an einem „Flipping-Modell“, bei dem sich mehrere Immobilienhändler gegenseitig dieselben Objekte jeweils mit Aufschlag hin und her verkaufen. Mindestens ein Verant- wortlicher kam in Untersuchungshaft. Der Verlauf eines entsprechend anberaumten Strafverfahrens habe jedoch keinen Einfluss auf die Insolvenzverfahren, teilte Exporo auf Anfrage von FONDS professionell mit. Aus Anlegersicht ist ohnehin interessanter, ob die gegebenen Sicherheiten belastbar sind. Die beiden Gesellschafter der Darlehensneh- mer stehen mit einem sogenannten Schuld- anerkenntnis für die gesamte Darlehenssum- me gerade. Das funktioniert wie ein Titel, der im Gegensatz zu einer Bürgschaft unmittelbar gegen die Schuldnerpersonen vollstreckt wer- den kann. Bleibt nur die Frage, ob für die Anleger da was zu holen sein wird. Fazit Bei den bisherigen Insolvenzen von Immo- bilien-Crowdinvestings fällt auf, dass die Plattformen, die die Darlehen vermittelt ha- ben, ihrerseits überrascht und vor vollendete Tatsachen gestellt wurden oder das zumindest so verlautbaren. Alle Plattformen halten sich zugute, nur geprüfte und für gut befundene Projekte anzubieten. Bei der begleitenden Prü- fung der Projektverläufe hapert es dann aber offensichtlich – vielleicht auch an der Bereit- schaft, offenherzig zu kommunizieren. Wie sonst wäre zu verstehen, dass bei den meisten längst insolventen Projekten auf den Platt- formen der Status immer noch „erfolgreich finanziert“ lautet? TILMAN WELTHER | FP Foto: © Zinsland Carl von Stechow, Exporo: „Das Strafverfahren hat keinen Einfluss auf das Insolvenzverfahren.“ Renditegrab statt Betongold Insolvente Immobilien-Crowdinvesting-Projekte Mit etwa ein Prozent des Volumens von Immobilien-Crowdinvestings sind die Ausfälle vergleichsweise gering. Der jeweilige Einzelfall ist dennoch ärgerlich. * Bis Februar 2019 firmierend als Sciolla Investment GmbH & Co. KG | Quellen: Plattformen, Insolvenzregister, Crowdinvest.de Projekt Projekt- summe in Euro Plattform Darlehensnehmer Stand Insolvenzverfahren Luvebelle 499.500 Zinsland Conrem-Ingenieure GmbH 12. 12. 2017: Masseunzulänglichkeit festgestellt Z19 Stadthaus Plus 437.590 Bergfürst GPV Property Development Ltd. 8. 7. 2019: Verfahren eröffnet Steinbacher Terrassen 966.000 Zinsland AZP Projekt Steinbach GmbH 16. 7. 2019: Verfahren eröffnet Nassauer Hof 897.000 Zinsland AZP Projekt Steinbach GmbH 16. 7. 2019: Verfahren eröffnet Kardinal-Wendel-Gärten 600.000 GLS Crowd Energiebau Ramstein GmbH 31. 10. 2019: Antrag gestellt Portfolio Marburg 1.650.000 Exporo Dema Deutsche Mikroapartment AG* 1. 1. 2020: Verfahren eröffnet Portfolio Marburg II 2.135.000 Exporo Sciolla & Beilborn Projektportfolio I GmbH 22. 1. 2020: Verfahren eröffnet 246 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 sachwerte I crowdinvestments
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