FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020
Foto: © Daniel Weisser R und jeder vierte Euro, den die Bundesbürger in ihre Lebenspoli- cen einzahlen, fließt an die Allianz. Im Neugeschäft liegt ihr Marktanteil noch höher. Der Anbieter profitiert nicht nur davon, dass er als Fels in der Brandung gilt, während mancher Wettbewerber ins Straucheln zu geraten scheint. Die Allianz hat es auch verstanden, mit neuen Pro- duktideen zu punkten, statt nur auf die klassische Rentenversicherung zu bauen. 2007 kam das Unternehmen mit der ers- ten Indexpolice an den Markt, die in den Jahren darauf von vielen Mitbewerbern kopiert wurde. Daher wird es interessant sein zu beobachten, wie die Branche auf die jüngste Innovation aus Stuttgart reagiert: Seit Oktober vermarktet der Ver- sicherer seine „Private-Finance-Police“, mit der vermögende Kunden an der Wert- entwicklung der alternativen Anlagen im Allianz-Deckungsstock teilhaben sollen. FONDS professionell traf Maklervorstand Thomas Wiesemann zum Interview. Herr Wiesemann, Sie verantworten für die Allianz Deutschland den Vertrieb von Lebensversicherungen über Makler. Wie wichtig ist dieser Absatzkanal für Ihr Haus? Thomas Wiesemann: Erfreulich ist, dass die Allianz in Deutschland über alle Vertriebswege und Sparten hinweg wächst. In der Lebensver- sicherung fällt das Wachstum imMaklermarkt seit einigen Jahren besonders stark aus, mitt- lerweile sind die freien Vermittler für diese Produkte sogar der größte Vertriebskanal. In diesem Segment müssen wir uns dem Wett- bewerb des gesamten Marktes stellen. Darum freut uns dieser Erfolg besonders. Wir sehen ihn als Ausweis der Leistungsfähigkeit unserer Produkte und Dienstleistungen. Die Allianz vertreibt ihre Produkte über verschiedene Kanäle, neben den Maklern stehen die Ausschließlichkeitsorganisa- tion und der Direktvertrieb. Wie gehen Sie mit möglichen „Kanalkonflikten“ um? Gibt es Exklusivprodukte und se- parate Betreuungsteams für verschiede- ne Vermittlertypen? Wir arbeiten mit separaten Betreuungseinhei- ten, um auf die Anforderungen der einzelnen Vertriebswege eingehen zu können, etwa mit Blick auf rechtliche Unterschiede. Exklusiv- produkte für einzelne Kanäle haben wir nicht. Grundsätzlich sind unsere Policen über alle Wege erhältlich. In Einzelfällen gehen wir aber mit spezifischen Ausgestaltungen bei- spielsweise auf die Besonderheiten des Di- rektmarktes ein. Einige Ihrer Wettbewerber arbeiten be- wusst mit verschiedenen Marken, um Kanalkonflikte zu vermeiden. Die Allianz dagegen geht offensichtlich den anderen Weg – der Direktversicherer Allsecur wurde in Allianz Direct umbenannt, das Geschäft soll deutlich ausgebaut werden. Es wird nicht allen Maklern gefallen, dass die Marke Allianz nun auch im Direktgeschäft prominenter nach außen getragen wird. Wir möchten allen Kunden leistungsfähige Produkte unter unserer Marke anbieten. Bei der Allianz Direct geht es jetzt um die Autoversicherung. Dort gibt es eine Direktnachfrage, die deutlich stärker ist als in anderen Sparten. Grundsätzlich kön- nen Kunden bereits heute alle Produkte auch über unser Internetportal abschlie- ßen, selbst Lebensversicherungen. Gerade hier wünschen sich aber neun von zehn Interessenten an irgendeinem Punkt in der Antragsstrecke, doch mit einem Berater zu sprechen. Das bestätigt das hybride Verhalten, das Kunden insbesondere bei beratungsintensiven Produkten zeigen: Das Internet ist sehr häufig der erste Kon- taktpunkt, der Abschluss findet dann aber nach wie vor bei einem Berater statt. Einige große Wettbewerber haben ihre Lebensversicherungsbestände in den Run-off geschickt. Sie haben das bisher für die Allianz immer ausgeschlossen – allerdings zu einer Zeit, in der noch nicht absehbar war, wie ausgeprägt die Nied- rigzinsphase wird. Bleiben Sie bei Ihrem kategorischen Nein zum Run-off? Ja, daran hat sich nichts geändert. Wir möch- ten nach wie vor Kunden gewinnen, nicht aus- schließen. Wir hatten noch nie so viele Kun- den bei Allianz Leben wie heute. Im Oktober 2018 waren es erstmals mehr als zehn Millio- nen, seither haben wir weitere hinzugewonnen. Eine wichtige Rolle dabei spielt, dass wir schon frühzeitig Vorsorgekonzepte entwickelt haben, die Sicherheit und Renditechancen anders ausbalancieren als die klassische Lebensversicherung. Die Menschen haben verstanden, dass sie in Zeiten niedrigster Zin- sen kapitalmarktnäher anlegen müssen als frü- her. Sie legen dennoch Wert auf Sicherheits- elemente und eine gewisse Kalkulierbarkeit. Schließlich geht es um ihre Altersvorsorge. Welche Rolle spielen klassische Lebens- policen eigentlich noch für die Allianz? Werden diese Produkte überhaupt noch aktiv angeboten? Thomas Wiesemann , Maklervorstand der Allianz Leben , über die Bedeutung der freien Vermittler für sein Haus, neue Produktkonzepte für die Altersvorsorge, die Diskussion um den Provisionsdeckel und die Frage, ob er bei seinem kategorischen Nein zu einem Run-off der klassischen Lebenspolicen bleibt. „Wir möchten Kunden gew » Die Bereitschaft, kapitalmarktnäher zu investieren, ist eindeutig da. Trotzdem gibt es viele Kunden, die nicht auf gewisse Sicherheits- elemente verzichten möchten. « Thomas Wiesemann, Allianz fonds & versicherung I thomas wiesemann | allianz 262 www.fondsprofessionell.de | 1/2020
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