FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

Foto: © tiero | stock.adobe.com, Valeska Achenbach/Bund der Versicherten (BdV) U ngute Umstände bleiben so lang beste- hen, wie sich niemand beklagt und den Finger in die Wunde legt. Selbst wenn dies geschieht, geht oft viel Zeit ins Land, bevor Neuerungen überhaupt nur angestoßen werden. Zuweilen kommt aber auch ganz schnell Bewegung in eine Sache. Und dafür kann überraschenderweise auch mal nur eine einzige Studie ausreichen. Eine solche Studie hat im Herbst vergange- nen Jahres die Ratingagentur Morgen & Mor- gen gemeinsam mit der Condor Lebensversi- cherung präsentiert. In der Analyse untersuch- ten die Experten, welche Versicherer auch bei Fondspolicen ohne Garantien sogenannte Schlussüberschüsse bilden und in welchen Tarifen das der Fall ist. Das Ergebnis: In einem Musterfall mit dem Fonds Templeton Growth in der Police und einer monatlichen Zahlung von 100 Euro über 37 Jahre fanden sich in der ersten Schicht, also in der Basis- rente, unter den 17 betrachteten Tarifen von 13 Versicherern vier mit Schlussüberschüssen. In der dritten Schicht, der privaten Altersvor- sorge, waren bei 27 Tarifen von 19 Fondspo- licenanbietern sieben mit Schlussüberschüssen dabei (siehe FONDS professionell 4/2019, Seite 238). Anfang 2020 aktualisierte Morgen & Mor- gen die Untersuchung. Die Neuauflage zeigt zwar, dass sich bei den Versicherern selbst in Sachen Schlussüberschüsse noch nicht viel getan hat. Im Vergleich zur Vorgängerstudie lässt sich aber ein weiterer Tarif in der ersten Schicht erkennen, bei dem keine Schluss- überschüsse ausgewiesen werden, die Police „Mein Plan“ der LV 1871. Eine Umfrage von FONDS professionell unter den Betreibern von Vergleichsrechnern für Fondspolicen hat jedoch ergeben, dass die erste Studie von Morgen & Morgen bei diesen Unternehmen tatsächlich etwas in Bewegung gebracht hat. Kürzen oder streichen Schlussüberschusstöpfe sind für Inhaber von Fondspolicen ohne jede Garantie eine unangenehme Angelegenheit. Denn anders als die laufenden Überschussbeteiligungen, die dem Versicherungsnehmer einmal pro Jahr verbindlich gutgeschrieben werden, sind Schlussüberschüsse widerrufliche Überschüs- se. Erst im letzten Jahr der Ansparphase ent- scheidet der Versicherer, ob er sie dem Kun- den endgültig gutschreibt oder nicht. Bis da- hin kann er sie jederzeit kürzen oder sogar ganz streichen. „Schlussüberschüsse sind in der klassischen Lebensversicherung üblich“, sagt Axel Klein- lein, Vorstandssprecher des Bundes der Ver- sicherten (BdV). Dort sind sie auch durchaus gerechtfertigt, da der Anbieter hier das Garan- tierisiko trägt. Mit den Schlussüberschüssen bilden die Unternehmen daher sozusagen einen Liquiditätspuffer für den Fall, dass sie vor Jahrzehnten abgegebene Versprechen nicht halten können. Doch auch bei fondsgebundenen Renten- versicherungen ganz ohne Garantien sind Schlussüberschüsse durchaus üblich. Der Grund ist dafür einfach: Wie klassische Lebensversicherungen haben auch Fonds- policen sehr lange Laufzeiten. Daher müssen die Anbieter ihre Kosten auf Jahrzehnte im Voraus planen. Dabei agieren sie mit Umsicht und setzen etwa ihre Risiko- und Verwal- tungskosten in der Kalkulation lieber etwas höher an als tatsächlich erwartet. Nicht verbindlich Fallen diese dann niedriger aus als ange- nommen, so bilden die Versicherer aus der Differenz jährlich Überschüsse, die dem Kun- den gutgeschrieben werden. Einige Anbieter von Fondspolicen weisen die Überschüsse den Versicherungsnehmern jedoch nicht verbindlich zu, sondern buchen einen Teil davon in die sogenannte freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) ein (siehe Kasten nächste Seite). Die Überschüsse in der freien RfB kann der Versicherer verwenden, um eventuelle Kos- tensteigerungen auszugleichen. Greift der Fondspolicenanbieter den Sicherheitspuffer an oder zehrt ihn – im eher unwahrscheinlichen Fall – bis zum Jahr der Fälligkeit des Vertrags ganz auf, entgehen dem Versicherungsnehmer die Schlussüberschüsse. Und das ist nicht alles. Kauft der Policeninhaber seine fonds- gebundene Versicherung vorzeitig zurück oder verstirbt er, sind die Schlussüberschüsse immer verloren. „Damit wird den Kunden, die bis zum Ende durchhalten, eine Art Manche Anbieter von Fondspolicen bilden Schlussüberschüsse, die für Kunden Risiken bergen. Bislang können Vermittler sie in vielen Vergleichstools nicht erkennen. Doch nun tut sich etwas. In die Sache kommt Bewegung Manchmal ist nur ein kräftiger Schubs nötig, damit etwas in Bewegung kommt. Was Schlussüberschüsse bei Fonds- policen betrifft, so war es hauptsächlich eine Studie, die Anbieter von Vergleichstools zum Umdenken bewogen hat. 268 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 fonds & versicherung I schlussüberschüsse

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