FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

Belohnung in Aussicht gestellt, während alle anderen bestraft werden“, kritisiert Kleinlein. Korrekter wäre es, lediglich für Policen mit Garantien Schlussüberschüsse zu bilden und bei solchen ohne darauf zu verzichten. „Aber so gehen die Versicherer nicht vor“, sagt der Experte. Das überrascht auch nicht, schließ- lich hat die freie RfB, die mit der Einbuchung unversteuerter Schlussüberschüsse größer wird, für die Unternehmen einen ganz beson- deren Vorzug: „Die Mittel dürfen Eigenkapital ersetzen“, weiß Kleinlein. Und damit stärken sie die Solvenzquote des Versicherers. Was für die Fondspolicenanbieter durchaus charmant ist, kann für Versicherungsvermittler allerdings unangenehm werden. Denn die wenigsten Kunden dürften erfreut sein, wenn sie erst im Nachhinein erfahren, dass sie ein Produkt erworben haben, in dem Schluss- überschüsse vorgesehen sind. Daher wäre es deutlich besser, Vermittler würden ihre Kun- den vor Abschluss eines Vertrags über die Problematik aufklären und sich erkundigen, ob sie Wert auf eine Police ohne diese Art von Überschüsse legen, oder ob es ihnen darauf nicht ankommt. Nur schwer erkennbar Die Schwierigkeit dabei ist aber, dass sich in den Vertragsbedingungen der Versicherer oft nur schwer erkennen lässt, ob in einem Tarif Schlussüberschüsse gebildet werden oder nicht. „Es lässt sich auch kein genereller Zusammenhang mit der Finanzstärke und der Solvenzquote eines Unternehmens herstellen“, sagt Kleinlein. Andernfalls ließe sich die Gruppe von Anbietern, die Schlussüberschüs- se bilden, zumindest eingrenzen. Auch höhere Kosten lassen keinen Rückschluss auf eine prall gefüllte freie RfB zu. „Wir haben in unseren Untersuchungen einen solchen Zu- sammenhang nicht festgestellt“, sagt Pascal Schiffels, Mitglied der Geschäftsleitung von Morgen & Morgen. Von den Versicherern selbst können die Vermittler so schnell keine Änderungen erwarten. Selbst die Umstellung des Tarifs der LV 1871 „Mein Plan“ hat nichts mit einer grundsätzlichen Abkehr von der „Notfall- Reserve“ zu tun. Die LV 1871 hat ihre Fonds- police, die zuvor in der dritten Schicht ange- boten wurde, für die Basisrente so überarbei- tet, dass sie nach dem Alterszertifizierungs- gesetz zertifiziert werden kann. Im Zuge der Überarbeitung hat der Versicherer im Neu- geschäft in der ersten Schicht auf die Bildung von Schlussüberschüssen verzichtet. Bei „Mein Plan“-Policen in der privaten Alters- versorgung sind diese Töpfe aber durchaus weiterhin vorgesehen. So bliebe Versicherungsvermittlern also nach wie nichts anderes übrig, als sich selbst durch die Versicherungsbedingungen sämt- licher Fondspolicenanbieter durchzuarbeiten – wenn da nicht die Vergleichsrechner wären. Bei den Unternehmen, die sie betreiben, kommt seit der Veröffentlichung der ersten Studie von Morgen & Morgen tatsächlich etwas in Bewegung. Haben Vermittler bisher das Problem, dass Informationen zu Schluss- überschüssen in die meisten Vergleichsrech- ner nicht integriert sind, bei Rankings also Policen mit hohen Überschüssen dieser Art auf den oberen Plätzen landen können, so pla- nen zumindest zwei von sechs Betreibern nun Änderungen. Mehr Transparenz Morgen & Morgen selbst möchte auf jeden Fall umstellen, denn die Experten finden die Ergebnisse ihrer beiden Untersuchungen selbst sehr aufschlussreich. Bisher hat die Ratingagentur noch keine Angabe zu Schluss- überschüssen in ihrem Vergleichstool M&M Office. „Wir planen aber, diese zukünftig in unser Vergleichstool aufzunehmen, um es transparent zu machen“, sagt Pascal Schiffels. Voraussichtlich soll das Programm noch im laufenden Jahr mit den entsprechenden Infor- mationen gefüttert werden, sodass Vermittlern dann ein transparenterer Fondspolicenver- gleich ermöglicht wird. Auch das Institut für Vorsorge und Finanz- planung (IVFP) beschäftigt sich seit Kurzem intensiv mit Schlussüberschüssen in Fonds- policen. „Unser Vergleichsprogramm ‚Fair- Schlussüberschüsse: Wie sie entstehen und wo sie geparkt werden Überschüsse: Bei Fondspolicen sind ebenso wie bei klassischen Lebensversi- cherungen Laufzeiten von mehreren Jahr- zehnten vorgesehen. Die Anbieter müssen die mit den Policen verbundenen Kosten auf lange Zeit planen. Daher gehen die meisten Unternehmen vorsichtig vor und veranschlagen die Kosten etwas höher, als es zunächst nötig erscheint. Aus der nicht benötigten Differenz ergeben sich Gewinne. Diese können in drei Kosten- arten erzielt werden. Risikokosten: Werden mit der Fondspoli- ce bestimmte Risiken wie der Todesfall des Versicherungsnehmers oder die Be- rufsunfähigkeit abgesichert, ergeben sich sogenannte Risikoüberschüsse, auch Risikogewinne genannt, wenn bis Ver- tragsende weniger Versicherte sterben oder berufsunfähig werden als kalkuliert. Laufende Verwaltungskosten: Beim Ver- sicherer fallen laufende Verwaltungs- kosten an, die auch als Betakosten be- zeichnet werden. Arbeitet das Unterneh- men günstiger als anfänglich kalkuliert, erwirtschaftet es einen Kostengewinn. Anlagekosten: Bei den auch Gamma- kosten genannten Anlagekosten kann im Fall einer Fondspolice ein Kostengewinn erzielt werden, wenn eine Kapitalverwal- tungsgesellschaft einen Teil ihrer Verwal- tungsgebühr als Bestandsprovision an den Fondspolicenanbieter rückvergütet. Rohüberschuss: Die in den verschiede- nen Kostenarten erzielten Gewinne bilden den Rohüberschuss. Der Versicherer ist verpflichtet, je Kostenart einen gewissen Anteil vom Rohüberschuss in einen „Topf“ einfließen zu lassen, der als Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) bezeich- net wird, und zwar: 90 Prozent vom Risikogewinn und je 50 Prozent von den Gewinnen bei den Verwaltungs- und den Anlagekosten. Gebundene und freie RfB: Die Rückstel- lung für Beitragsrückerstattung unterglie- dert sich in einen gebundenen und einen freien Teil. In der gebundenen RfB werden für kurze Zeit die laufenden Überschüsse geparkt. Dabei handelt es sich um Geld, das innerhalb des nächsten Jahres den Verträgen gutgeschrieben werden soll. Danach sind diese Überschüsse dem Kunden sicher. In der freien RfB parken Versicherer das Geld, das für Überschüs- se vorgesehen ist, die in späteren Jahren eventuell einmal gutgeschrieben werden sollen. Diese Schlussüberschüsse werden dem Kunden erst im Jahr, bevor seine Police fällig wird, fix zugewiesen. Da die freie RfB Eigenkapital ersetzen kann, möchten viele Versicherer diesen Topf möglich groß werden lassen. Axel Kleinlein, BdV: „Schlussüberschüsse bestrafen Policeninhaber, die nicht bis zum Ende durchhalten.“ www.fondsprofessionell.de | 1/2020 269

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