FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

mehr in die Waagschale werfen. „Liechten- stein hat einen klaren Standortvorteil“, sagt er. Anders als die Schweiz ist das Fürstentum Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums. „Daher müssen wir alle Vorgaben der Versi- cherungsvertriebsrichtlinie IDD streng ein- halten“, so Bruckner. Außerdem unterstehen Liechtensteiner Assekuranzunternehmen der Kontrolle durch die Europäische Versiche- rungsaufsicht EIOPA. Werden Fondspolicen in Deutschland vertrieben, ist zudem eine Registrierung bei der Bafin notwendig. Keine Pluspunkte Auch das ist richtig. Allerdings würden die- se Aspekte den Liechtensteiner Versicherern maximal zu einemWettbewerbsvorteil gegen- über Anbietern aus Nicht-EU-Ländern ohne Niederlassung in Deutschland verhelfen. Und solche Versicherer sind derzeit hierzulande nicht aktiv. Das ergibt zumindest eine Re- cherche in der Unternehmensdatenbank der Bafin. Im Vergleich zu Ausländern mit einer deutschen Niederlassung wie Standard Life oder Canada Life, die wie hiesige Unterneh- men die IDD umsetzen müssen und unter Aufsicht der Bafin stehen, bringt der Standort Liechtenstein keine Vorteile. Auch das zweite Argument sticht also nicht wirklich. Nummer drei betrifft die Vergütung. „In Zeiten, in denen in Deutschland ein Provi- sionsdeckel diskutiert wird, möchten wir den Vermittlern ein transparentes und faires Ver- gütungsmodell anbieten“, sagt Bruckner. Da- her setzt Liechtenstein Life überwiegend auf Nettopolicen. Seit 2019 bewirbt der Versiche- rer vor allem seine Police „Yourlife netto“. Die Vorteile für den Versicherungsmakler scheinen auch auf der Hand zu liegen, immer- hin hat er beim Vergütungsmodell die Wahl zwischen mehreren Varianten. So hat er die Möglichkeit, einem Kunden für seine Bera- tung ein Honorar in Rechnung zu stellen, das sich auf null bis sieben Prozent der Beitrags- summe belaufen kann. Der Vermittler kann es je nach Aufwand in Schritten von 0,25 Pro- zentpunkten selbst festlegen. Geld sofort auf dem Konto „Er kann auf diese Front-up-Vergütung aber auch verzichten und stattdessen eine laufende Vergütung wählen“, erklärt Bruckner. Darüber hinaus hat er die Möglichkeit, beide Vergü- tungsmodelle zu verknüpfen. „Möchte oder kann ein Kunde die Vergütung nicht sofort komplett bezahlen, kann der Vermittler mit ihm auch eine ratierliche Zahlung vereinba- ren“, erläutert Bruckner. Auf sein Geld muss er trotzdem nicht lange warten, denn Liech- tenstein Life bietet über das Schwesterunter- nehmen Cashyou ein Factoring an. Was die Vergütung angeht, so handelt es sich nicht um eine kühne Behauptung, schließ- lich verfährt Liechtenstein Life tatsächlich nach diesem Modell. Wegen ähnlicher Vergü- tungsformen hatte sich der FinanzvertriebAfa, der Policen des Anbieters Prisma Life vermit- telt, allerdings vor zwei Jahren den Unbill der Verbraucherzentrale Hamburg zugezogen. Kritik der Verbraucherschützer Die Kritik der Verbraucherschützer: Wäh- rend Abschlussprovisionen gedeckelt sind, können Honorare theoretisch beliebig hoch ausfallen. Im Provisionsmodell sind zwischen 2,5 und vier Prozent üblich. Bei den Vermitt- lern des Prisma-Life-Vertriebspartners Afa machten die Verbraucherschützer Honorare von bis zu 6,5 Prozent aus, verteilt über die ersten fünf Vertragsjahre. Zudem ist das Ho- norar auch dann zu zahlen, wenn der Kunde seinen Vertrag in den ersten Jahren storniert. Prisma-Life-Vorstandschef Holger Beitz entgegnet, sein Haus biete flexible Tarife an. „Der Verbraucher entscheidet selbst, welches Beratungs- und Vergütungsmodell er bevor- zugt.“ Er betont, bei separaten Vergütungs- vereinbarungen seien die tatsächlichen Bera- tungskosten klar erkennbar. Verfechter der „echten“ Honorarberatung bemängeln zudem, dass es sich bei den genannten Vergütungsmodellen nicht um eine ergebnisoffene Beratung handelt, an deren Ende es gar nicht unbedingt zu einem Ver- tragsabschluss kommen muss. Sie sprechen stattdessen von „Honorarvermittlung“, bei der Thomas Leithoff, Impuls Finanzmanagement: „Ein Zahlungsverbot dürfte Fondspolicen kaum betreffen.“ Was in Deutschland gilt, wenn Versicherer wanken Oft ist zu hören, Inhaber von Fondspolicen deutscher Anbieter hätten zu befürchten, dass Versicherer ihnen die Auszahlung des angesparten Kapitals kürzen oder ganz streichen, wenn sie in eine finanzielle Schieflage geraten. Ist das tatsächlich so? Was nach deutschem Recht gilt. Eigentum des Versicherers: Nach Paragraf 125 Absatz 5 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) bildet das in den Fonds einer Fondspolice angesammelte Kapital eine Abteilung des Sicherungsvermögens des Anbieters. Es ist Eigentum des Versicherers und kein Sondervermögen. Im Insolvenzfall hätte der Verwalter auf das Kapital in den Fonds daher Zugriff. Übertragung auf Protektor: Bevor bei einem deutschen Versicherer ein Insolvenzverwalter auftaucht, müsste allerdings schon viel passieren, denn vorher schreitet die Bafin ein. Die Aufsichtsbehörde kann die Übertragung sämtlicher Verträge auf Protektor anordnen. Die Siche- rungseinrichtung führt sie dann fort und saniert den Bestand. Gekürzte Garantien: Reichen die Mittel für die Sanierung nicht aus, erlaubt Paragraf 222 VAG zwar eine Kürzung von bereits garantierten Ver- sicherungsleistungen um bis zu fünf Prozent. Fondspolicen sind davon aber höchstens betroffen, falls sie Garantien enthalten. Generelles Zahlungsverbot: Ist ein Versicherer dauerhaft nicht mehr imstande, seinen Verpflichtungen nachzukommen, so kann die Bafin nach Paragraf 314 Absatz 1 VAG auch ein vorübergehendes Zahlungsverbot anordnen, um eine Insolvenz abzuwenden. Das ist zumindest dann möglich, wenn die Vermeidung der Pleite als beste Lösung für die Versicherten erscheint. Das Verbot kann grundsätzlich alle Zahlungen betreffen, unter anderem Versicherungsleistungen, Gewinn- verteilungen, garantierte Leistungen oder sogar laufende Renten. Wichtige Unterscheidung: Paragraf 314 Absatz 2 Satz 2 entschärft das Zahlungsverbot. Denn dort heißt es, dass die Bafin bei einem solchen Schritt nicht einheitlich vorgehen muss. Stattdes- sen kann sie nur solche Gruppen von Versiche- rungen mit dem Verbot belegen, die die Notlage des Unternehmens hervorgerufen haben. Das sind in erster Linie vor vielen Jahren abgeschlossene klassische Lebensversicherungen mit hohen Garantien, aber nicht die Fondspolicen. S www.fondsprofessionell.de | 1/2020 273

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