FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

Stück weit entgegenzukommen, um die Bestände aus seinen Büchern streichen zu können. Umgekehrt ist auch möglich, dass eine Plattform einen höheren Preis zahlt, da sie im Run-off-Geschäft zunächst einmal Fuß fassen möchte. Nicht zuletzt ist es Experten zufolge auch nicht unüblich, dass mögliche Nachzahlungen des Altversicherers vereinbart werden, etwa für den Fall, dass die ZZR stär- ker als geplant aufgefüllt werden muss. Bafin entscheidet Sind die Preisverhandlungen beendet, ent- scheidet die Finanzaufsicht Bafin über die Ge- nehmigung. Ein Run-off an eine außenstehen- de Gesellschaft ist immer eine Bestandsüber- tragung, die durch das Versicherungsaufsichts- gesetz (VAG) gedeckt ist. Soll ein ganzes Un- ternehmen übergeben werden, sind die Para- grafen 17 und 18 VAG ausschlaggebend. „Die Aufsicht schaut sehr genau hin. Daher müssen die Beteiligten vertrauensvoll mit ihr koope- rieren und sie in alle wichtigen Entscheidun- gen einbinden“, weiß Leiding. Das alles kostet Zeit: Die Bilanzprüfung und die folgenden Beratungen mit Interessenten können sich durchaus über ein Jahr hinziehen. Für den Genehmigungsprozess müssen die Beteiligten ebenfalls bis zu einem Jahr einkalkulieren. Dann ist der Verkauf in trockenen Tüchern. Share und Asset Deal Die Übertragung selbst kann auf zwei Arten erfolgen: zum einen in Form eines „Share Deals“, bei dem das gesamte Unternehmen mitsamt Belegschaft aus dem ursprünglichen Konzern herausgenommen und an die Platt- form verkauft wird. Zum anderen mit- tels eines „Asset Deals“, bei dem die Verträge übergeben werden. „Ein Share Deal ist bilanztechnisch einfacher, da auf diese Weise nichts aus den Bilanzen herausgerechnet werden muss. Der ab- gebende Konzern hat nach der Transak- tion eine Tochtergesellschaft weniger“, sagt Lars Heermann, Bereichsleiter für Analysen und Bewertungen bei der Ratingagentur Assekurata. Zudem er- leichtere das der Aufsicht die Kontrolle der Bilanzen, da sie die Geschäftsbe- richte immer als Ganzes zum Vergleich heranziehen kann. Bei einem Asset Deal ist das schwieriger, sodass der Ver- kauf ganzer Gesellschaften üblicher ist. Der Verkauf von Beständen kommt zwar auch vor. Die Öffentlichkeit be- komme davon aber seltener etwas mit, auch weil es sich häufig lediglich um kleinere Teilbestände handle, berichtet Heermann. Die Erträge eines Versicherers und damit auch die einer Abwicklungsplattform basieren auf den erzielten Rohüberschüssen. Darunter versteht man alle Erlöse, die nach Abzug der garantierten Zinsverpflichtungen und der Zuführung zur ZZR übrigbleiben. Diese Erträ- ge wiederum speisen sich aus drei Quellen: erstens Gewinne aus Kapitalanlagen, zweitens Risiko- und drittens Kostenüberschüsse. Die Mindestzuführungsverordnung schreibt dabei vor, dass die Erträge aus Kapital- und Risiko- gewinnen zu 90 Prozent an die Kunden abge- führt werden müssen. Bei Kostenüberschüs- sen, die durch geringere Aufwendungen bei gleich bleibenden Gebühren entstehen, sind es dagegen nur 50 Prozent. Hier setzen die Run-off-Versicherer nun an. „Der Fokus der Plattformen beim Erzielen von Gewinnen liegt typischerweise auf der Kostenseite“, so Heermann. Allerdings führt nicht nur die Verordnung dazu, dass die Plattformen sich auf die Ver- waltungskosten konzentrieren: Die niedrigen Zinsen erschweren das Erwirtschaften von Überschüssen aus den Kapitalanlagen unge- mein. „Zwar können die Gesellschaften ihre Kapitalanlagen optimieren und in rendite- trächtigere Assets wie Aktien oder Immobilien investieren“, erklärt Leiding. „Dann aber steigt das Risiko, was durch die Bafin kritisch gesehen werden könnte.“ Keine Experimente Zudem müssten die Besitzer der Run-off- Versicherer aus regulatorischen Gründen mehr Eigenkapital in die Gesellschaft einbringen, um das höhere Risiko auszugleichen. Das scheint unter dem Gesichtspunkt der Kapital- effizienz unattraktiv zu sein, wie Heermann bemerkt. Er verweist auf Viridium. Der Käufer des Generali-Bestandes ver- äußerte im vergangenen Jahr ein mil- liardenschweres Immobilienpaket an die Commerz Real. Das Portfolio passe wegen des „einhergehenden Markt- preisrisikos und der zugehörigen Eigen- kapitalanforderungen“ nicht zur sicher- heitsorientierten Anlagestrategie, hieß es damals. „Die Ergebnisse aus den Kapitalanlagen spielen daher nicht die primäre Rolle für die Wertschöpfung durch Run-off-Plattformen“, fasst Lei- ding zusammen. Die Möglichkeiten, Erträge aus den Risikoüberschüssen zu generieren, sind noch kleiner. „Effizienzgewinne beim Risikoergebnis zu erzielen, ist nur be- grenzt möglich und beschränkt sich auf die Schadensbearbeitung“, so Klüttgens. Michael Klüttgens, Willis Towers Watson: „Die Verwaltung vieler unterschiedlicher Tarife ist komplex.“ Run-off-Gesellschaften in Deutschland Die Ratingagentur Assekurata hat für ihre Studie „Run-off in der Lebensversicherung 2019“ eine Übersicht über die hierzulande aktiven Run-off-Plattformen erstellt. Diese verwalten ein Prämienvolumen von rund 4,1 Milliarden Euro. Seit 2014 ist die Viridium-Gruppe am Start, die dem britischen Investor Cinven sowie der Hannover Rück gehört. Die Viridium-Holding ist Mutter der Skandia Leben, der Heidelberger Leben, der Entis Leben sowie der Generali Leben, die nun unter Proxalto Lebensversicherung firmiert. Die Frankfurter-Leben-Gruppe, eine Tochter der Fosun International Holdings und damit Teil des chinesischen Mischkonzerns Fosun, hat seit 2017 bisher zwei Lebensversicherer übernommen: die Frankfurter Leben (ehemals Basler Leben) und die Frankfurt Münchener Leben (ehemals Arag Leben). Zudem führt die Plattform die Verträge der Pro bAV Pensionskasse und der Prudentia Pensionskasse weiter. Zur 2014 gegründeten Athora Deutschland Holding gehört derzeit nur die ehemalige Delta Lloyd Lebensversicherung. Die international tätige Athora Holding hat neben der deutschen Gesellschaft aber auch Tochter- unternehmen in Belgien und Irland. Quelle: Assekurata, eigene Recherchen » Ein Share Deal ist bilanztechnisch einfacher, da auf diese Weise nichts aus den Bilanzen herausgerechnet werden muss. « Lars Heermann, Assekurata www.fondsprofessionell.de | 1/2020 277

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