FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020
Kostensenkungen Zurück zur Kostenseite. „Die Run-off-Ver- sicherer gehen deren Senkung auf verschie- denen Wegen an“, sagt Heermann. Sie lagern in der Regel die Verwaltung aller über- nommenen Bestände an eine konzerneigene Servicegesellschaft aus. Mit einer IT, einer Revision, einer Kundenbetreuung, einer Com- pliance oder auch einem Asset Manager statt mehrerer entsprechender Verwaltungseinhei- ten lassen sich naturgemäß Skaleneffekte er- zielen. Zwar bemängeln einige Kritiker, dass Run-off-Holdings diese Gebühren zu hoch an- setzen, um auf diese Weise Gewinne aus dem Bestand zu „pressen“. Dem widerspricht Heermann jedoch: „Die Bafin hat hier ein Auge drauf. Es gilt das Prinzip „Arm’s Length“, nach dem sich die Kosten für interne Dienstleistungen an realistischen Marktbedin- gungen orientieren sollen.“ Großes Einspar- potenzial besteht weiterhin dadurch, dass die Run-off-Versicherer kein Neugeschäft ma- chen, was die Vertriebskosten enorm drückt. Die Plattformen zahlen nur die Bestands- provisionen an die Vermittler weiter. Der andere wichtige Schritt betrifft die IT. Die Computersysteme der Versicherer waren in den 1970er-Jahren einmal State of the Art. Leider hat die Assekuranz in vielen Fällen nicht dafür gesorgt, dass das auch so bleibt. So sind die alten Systeme oftmals nicht in der Lage, die unterschiedlichen Tarife effizient zu verwalten. Abfragen oder Berechnungen dau- ern mitunter Stunden – Ewigkeiten in der heu- tigen Zeit. Zudem benötigen die IT-Systeme viel Wartungs- und Bedienpersonal. Erschwerend kommt hinzu, dass Versicherer nicht nur ein, sondern oftmals mehrere Systeme haben, die noch dazu nicht miteinander kom- munizieren können. Hier setzen die Run-off-Anbieter an. Sie planen, die Verträge auf eine moderne IT-Platt- form zu migrieren, wobei sie sich auch externer Partner bedienen. Zu früh für ein Urteil Soweit die Theorie. Doch geht der Plan auch auf? Assekurata hat in einer Ende vergangenen Jahres er- stellten Studie analysiert, ob es dem Run-off-Versicherer gelingt, dank einer effizienteren Bestandsverwal- tung höhere Kostengewinne zu er- zielen. Die Experten setzten hierzu das sogenannte „Übrige Ergebnis“, das sich hauptsächlich aus den Kos- tengewinnen, aber auch aus Erträgen aus Rückversicherungen speist, ins Verhältnis zu den gebuchten Bruttobeiträgen. Das Fazit: „Die Werte der vergangenen fünf Geschäfts- jahre lassen bisher bei keinem betrachteten Unternehmen eine wirklich deutliche und nachhaltige Steigerung des übrigen Ergeb- nisses erkennen“, heißt es in der Studie. „Die IT- Kosten der Run-off-Versicherer sind am Anfang häufig höher, da sie zunächst in effi- ziente Technik investieren müssen. Dies hat zur Folge, dass die Studie bisher auf bilan- zieller Ebene noch keine flächendeckenden Anzeichen für Kostensenkungen erkennen ließ“, liefert Heermann eine Erklärung für das Resultat. Daher bleibt abzuwarten, ob die Plattformen ihre Ziele erreichen können. Überhaupt verweisen die Experten darauf, dass das Geschäftsmodell der Run-off-Platt- formen noch sehr jung ist – zumindest in Deutschland und bezogen auf Lebensversi- cherungen. Run-offs im Sachbereich sind schon länger üblich. In anderen Ländern, vor allem im angelsächsischen Bereich, werden auch bereits seit Jahren Lebenspolicen an spezialisierte Abwickler übertragen. „Noch lässt sich kein abschließendes Urteil zum Erfolg oder Misserfolg der Run-off-Plattfor- men fällen“, meint KPMG-Experte Leiding und fügt an, dass man in zehn Jahren erneut auf die Abwickler schauen sollte – und damit auch auf das Stück, das sich die Plattformen aus den Rohüberschüssen rausschneiden. Überschussverteilung Die Assekurata-Analysten haben für ihre Studie auch diesen Punkt untersucht und fest- gestellt, dass sich die Run-off-Gesell- schaften im Vergleich zum übrigen Markt tatsächlich einen größeren An- teil an den Rohüberschüssen gönnen (siehe Grafik). Allerdings müssen die professionellen Abwickler darauf achten, die Kunden nicht zu schlecht zu stellen. Denn auch wenn die Platt- formen im Moment auf Skaleneffek- te bauen können: Diese schwinden bei geschlossenen Beständen mit den Jahren durch „Abrieb“ wegen Tod und Storno – und können nur durch anorganisches Wachstum, also durch Zukäufe, wiederhergestellt werden. Bei solchen Transaktionen sind Viri- dium, Frankfurter Leben und Athora bekanntlich auf das Wohlwollen der Bafin angewiesen. FONDS profes- sionell hat für Februar 2030 schon mal eine Erinnerung in den Kalender eingestellt. JENS BREDENBALS | FP Foto: © Guido Schiefer Lars Heermann, Assekurata: „Die IT-Kosten der Run-off- Versicherer sind am Anfang häufig höher.“ » Effizienzgewinne beim Risikoergebnis zu erzielen ist nur begrenzt möglich und beschränkt sich auf die Schadensbearbeitung. « Michael Klüttgens, Willis Towers Watson Kunden im Nachteil? Verteilung der Rohüberschüsse aus Lebenspolicen Im Marktvergleich bevorzugen Run-off-Plattformen offensichtlich ihre Eigen- tümer. Allerdings ist es wegen des jungen Geschäftsmodells noch zu früh für endgültige Aussagen. *Rohüberschüsse nach Abzügen für garantierte Zinszahlungen und Rückstellungen für Zinszusatzreserve **Entis Leben, Delta Lloyd, Frankfurter Leben, Frankfurt Münchener Leben, Victoria Leben. Skandia und Heidelberger bleiben außen vor, weil sie Fondspolicen abwickeln. Quelle: Assekurata | Stand: Oktober 2019 2018 2017 2016 2015 2014 4 % 2 % 3 % 3 % 3 % 5 % 4 % 8 % 4 % 9 % … im Marktdurchschnitt … bei Run-off-Versicherern ** Unternehmensanteil an den Rohüberschüssen* aus Lebenspolicen … 278 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 fonds & versicherung I run-off-plattformen
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