FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020
Foto: © mekcar | stock.adobe.com, Christoph Hemmerich, Pensions-Sicherungs-Verein D ie niedrigen Zinsen treffen nicht nur diejenigen Menschen, die privat für ihr Alter vorsorgen, an vielen Stellen. Sie hinterlassen auch tiefe Spuren in der betrieb- lichen Altersversorgung (bAV). Besonders be- troffen sind die Durchführungswege, die auf Versicherungslösungen setzen, also Direktver- sicherungen und Pensionskassen. Finanzbera- ter, die im bAV-Geschäft tätig sind, müssen nicht nur für das Neugeschäft umdenken. Auch im Bestand sollten Makler mit ihren Firmenkunden beratschlagen, ob die bislang genutzten Versorgungswerke in Zukunft noch funktionieren werden. Ein Milliardenmarkt Insgesamt geht es um die gewaltige Sum- me von rund 613 Milliarden Euro, die allein von der deutschen Privatwirtschaft als Deckungsmittel der bAV eingesetzt sind. Fast 169 Milliarden Euro, also mehr als ein Viertel der Deckungsmittel, entfallen auf Pensions- kassen (siehe Grafik nächste Seite). Diese Einrichtungen trifft die Niedrigzinsphase besonders hart, weil sie – anders als viele Lebensversicherer – fast ausschließlich lang- laufende Verträge abgeschlossen haben, und das in vielen Fällen mit Zinsen, die heute kaum mehr zu erwirtschaften sind. Zahlen der Aufsichtsbehörde Bafin zeigen, wie ernst die Lage ist: In den vergangenen zehn Jahren haben Pensionskassen in 27 Fäl- len ihren Versicherten für künftige Beiträge einen verringerten Rentenfaktor ansetzen müssen, davon 17 Einrichtungen allein seit 2013. Im Durchschnitt der letzten elf Jahre musste der Kalkulationszins um rund 1,2 Pro- zentpunkte auf 2,0 Prozent gesenkt werden. Manche Kassen arbeiten aber immer noch mit Garantien von bis zu 4,0 Prozent. Die Kürzungen bezogen sich bisher immer nur auf künftige Beiträge („Future Service“); zu Kürzungen für bereits erworbene Ansprü- che („Past Service“) war es noch nicht ge- kommen – bis zuletzt. Denn an der Schwelle zum Jahr 2019 musste die Bafin drei Kassen das Neugeschäft untersagen. Betroffen ist vor allem die Deutsche Steuerberater-Versiche- rung – Pensionskasse des steuerberatenden Berufs (DSV) aus Bonn. Aber auch bei der 2002 gegründeten überbetrieblichen Kölner Pensionskasse und deren Schwestergesell- schaft, der 1952 gegründeten Pensionskasse der Caritas, mussten die Aufseher eingreifen. Sanierung läuft Bei den Schwesterkassen aus Köln haben die Mitgliedervertreterversammlungen und die Bafin der Sanierung zugestimmt. Konkret muss die Kölner Pensionskasse 62,5 Millio- nen Euro durch Leistungskürzungen und Verrechnungen des Eigenkapitals sowie der Verlustrü̈cklage aufbringen, die Caritas-Pen- sionskasse sogar 146,5 Millionen Euro. Für Rentner wirkt sich diese Kürzung seit dem 1. Januar 2020 auf ihre Rente aus. Aber immerhin geht das Geschäft weiter, und der Jahresabschluss 2018 lässt auf Bes- serung hoffen. „Die Eingriffe in das Beitrags- Leistungsgefüge erfolgen auf Grundlage der Kassensatzungen, nachdem die Vertreterver- sammlungen die erforderlichen Beschlüsse gefasst haben“, erklärte Olaf Keese, seit Ende 2018 Vorstandschef beider Kassen. Eine Wie- deraufnahme des Neugeschäfts spielt in den Planungen derzeit keine Rolle. „Wir konzen- trieren uns darauf, die fortlaufenden Leistun- gen sicherzustellen“, so Keese weiter. Dramatische Lage In Bonn, gut 30 Kilometer rheinaufwärts, ist die Lage wesentlich angespannter: Bei der Steuerberater-Pensionskasse beschloss die Vertreterversammlung am 11. Dezember 2019 ein Sanierungskonzept. Der Kasse war es nicht länger möglich, dauerhaft Garantien von bis zu 4,0 Prozent auf die eingezahlten Bei- träge zu erwirtschaften. Durch die Sanierung „wurde der maximale Garantiezins auf 2,25 Prozent abgesenkt“, wie die DSV mitteilt – eine massive Leistungskürzung. Ohne diese Maßnahme hätte die Deckungsrückstellung Mehrere Pensionskassen sind in Schieflage, Versicherte müssen Kürzungen hin- nehmen. Nun gibt es Pläne, sie dem Pensions-Sicherungs-Verein zu unterstellen. Magerkost für Betriebsrentner Die Betriebsrente fällt in vielen Fällen deutlich geringer aus als einst erhofft. Manche Pensionskasse muss sogar bestehende Zusagen stutzen, um eine Schieflage abzuwenden. Schuld sind die niedrigen Zinsen. » Um manche Pensionskasse ist es nicht gut bestellt. « Felix Hufeld, Bafin 280 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 fonds & versicherung I pensionskassen
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