FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

Foto: © Hakan Ozturk | stock.adobe.com E s ist schon fast zehn Jahre her, dass die Anleihenhändler des Fondshauses Alli- ance Bernstein merkten: Der An- und Verkauf von Zinspapieren hakt immer häufi- ger. Der Asset Manager beschloss, ein neues Tradingsystem zu entwickeln, um sich für die abnehmende Liquidität in diesem Segment zu rüsten. Heute ist das Thema noch brisanter: Aufgrund der Niedrigzinsphase dringen Fonds- manager weiter in Felder vor, die noch halbwegs erkleckliche Renditen abwerfen – wegen eines mangelhaf- ten Geldzuflusses einst aber tabu wa- ren. Dass dieser Schritt böse enden kann, zeigen die Beispiele der Ex- Starmanager Tim Haywood und Neil Woodford. Sie hatten in illiquide Wertpapiere investiert – und mussten nach Mittelabzügen die Notbremse ziehen und ihre Vehikel zusperren. Derweil tummeln sich die Publi- kumsfondslenker nicht nur im Seg- ment der Hochzins- oder Schwellen- länderanleihen. Auch Firmenkredite oder andere Anlageklassen mit ein- geschränkter Handelbarkeit kommen wegen der hier noch winkenden Renditen in Mode. Diese Entwicklung schürt die Diskussion, ob Publikumsfonds am Mantra der täglichen Anteilsaus- und Rückgabe festhalten können. „Politiker und Aufseher versuchen seit der Finanzkrise, die Kapitalmärkte gegen Krisen zu wappnen“, sagt Anne Richards, Vorstands- chefin von Fidelity International. „Das ist grundsätzlich gut. Doch zunehmend treten unerwünschte Nebenwirkungen zutage“, so Richards bei einer Veranstaltung des Hauses in Frankfurt. Aufgrund der strikten Regeln würde in einigen Ländern und Branchen, ja sogar in einzelnen Unternehmen Kapital ange- häuft. „Das Kapital kann nicht frei durch den Körper der Weltwirtschaft fließen. In bestimm- ten Bereichen kann die Liquidität versiegen.“ In Einklang stehen Vor diesem Hintergrund plädiert Richards für eine Diskussion darüber, in welchen Fällen eine offene Struktur bei Publikumsfonds eine gute Wahl ist und wann diese eingeschränkt werden sollte. Dies könne etwa bei nicht bör- sennotierten Wertpapieren überlegenswert sein. „Das heißt nicht, dass die tägliche Han- delbarkeit eines Fonds hierbei nicht machbar ist“, meint Richards. Aber es müsse klarer bestimmt werden, in welchen Situationen eine tägliche Anteilsrücknahme nicht angemessen sei. Dies sei abhängig von der Anlageklasse, in die der jeweilige Fonds investiert. Mit diesemAppell ist sie nicht allein. „Die Handelbarkeit eines Vehikels sollte grundsätzlich im Einklang mit der Liquidität der zugrunde liegenden Anlageklasse stehen“, sagt Markus Peters, Anleihenstratege von Alliance Bernstein. „Es ergibt wenig Sinn, den Kunden die tägliche Handelbarkeit eines Fonds zu suggerieren, wenn die zugrunde liegenden Papiere nicht täg- lich handelbar sind. Wenn auf einen Schlag alle durch die Tür wollen, ist der Ausgang blockiert.“ Peters zufolge gibt es Anlageklas- sen, die einfach nicht in stets an- und verkaufbare Vehikel gehören. Er ver- weist auf einen ETF in den USA, der auf vorrangige Unternehmensdarle- hen setzt. „Die Handelsabwicklung der Kredite liegt bei rund 20 Tagen, der ETF bietet aber eine tägliche Handelbarkeit“, erläutert der Kredit- Publikumsfonds bieten den täglichen Ein- und Ausstieg. Der Trend zu illiquiden Investments entfacht jedoch eine Debatte über einen Bruch mit diesem Dogma. Wechselhafter Geldfluss Flussdelta: Die Liquidität an den Finanzmärkten folgt nicht immer vorgegebenen Pfaden. Mal versiegt der Handel, mal sucht er sich neue Wege. Diesen Wandel sollten Portfoliomanager verfolgen. Europäer im Stresstest knapp bei Kasse Anteil wenig liquider Anleihen in Rentenfonds nach Region Die Analysten des Internationalen Währungsfonds setzten 1.760 Bond- fonds, die für 60 Prozent des Segments stehen, Stressszenarien mit massi- ven Mittelabzügen aus. Besonders in Europa wiesen in dem Test einige Fonds Liquiditätsdefizite auf. Quelle: Internationaler Währungsfonds USA Europa 7,5 % 1,3 % 5,7 % 0,5 % Anteil wenig liquider Anleihen in Rentenfonds mit Liquiditätsdefizit Anteil wenig liquider Anleihen in allen Rentenfonds 342 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 vertrieb & praxis I handelbarkeit

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