FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020
Foto: © Emmanuelle Guillou | stock.adobe.com A sset Manager legen regelmäßig neue Fonds auf: Mal soll eine innovative Anlagestrategie ausprobiert werden, mal geht es darum, einen neuen Markt zu er- schließen. Vermittler erfahren von einem neuen Fonds in aller Regel erst, wenn er bereits zum Vertrieb zugelassen wurde. Was davor pas- siert, bekommen sie nicht mit – es ist auch nicht ihr Job. Der Auflageprozess ist komplex, umfasst mehrere Stationen und zieht sich oft über mehrere Monate hin. „Die Kernfrage ist: Welcher Asset Manager legt den Fonds auf? Ein großer Player oder eine Boutique wie wir?“, sagt Oliver Böttger, Partner bei Lupus Alpha. Davon ist die genaue Ausgestaltung des Prozesses abhängig, wenngleich alle einer Grundstruktur folgen (siehe Grafik nächste Seite). Die DWS, Lupus Alpha sowie ein Unternehmensberater gewährten der Redak- tion Einblicke in die Produktentwicklung, um einen Überblick über die wichtigsten Stationen der Auflage eines of- fenen Publikums- fonds zu erhalten. Idee „ R e g e l mä ß i g kommen Ideen für neue Produkte entwe- der aus unseren Fach- abteilungen oder auch direkt von unseren Ver- triebspartnern“, weiß Sven Sendmeyer, Head of Product Ma- nagement Core Funds bei der DWS. „Bei den großen Asset Managern ist es häufig so, dass ein Portfoliomanager mit der Research- Abteilung ein Fondskonzept entwickelt, oder man kopiert das eines erfolgreichen Produkts eines Mitbewerbers“, ergänzt Wesselin Kru- schev, Managing Principal bei der Unterneh- mensberatung Capco, der lange Jahre für eine große deutsche Fondsgesellschaft gearbeitet und dort den Auflageprozess verantwortet hat. Die großen Häuser möchten alle Anlagethe- men abdecken und ein entsprechend breites Angebot vorhalten. Daher lanciert die DWS zwischen 30 und 60 neue Fonds im Jahr. Bei Lupus Alpha sind es ein oder zwei. Einer dieser Fonds ist der 2018 lancierte Lupus Alpha Sustainable Convertible Bonds – ein gutes Beispiel für die Umsetzung einer Kundeninitiative: Die Frankfurter Boutique hat seit 2017 ein Team von Wandelanleihen- spezialisten in ihren Reihen. Nach dem Start eines von diesen früheren DWS-Managern verantworteten Portfolios kamen Kunden aus dem kirchlichen Um- feld auf Lupus Alpha zu, denen die Strategie gefiel. Allerdings haben sie sich strenge ESG- Vorgaben auferlegt. Die Idee eines nachhal- tigen Wandelanleihenfonds war geboren. Marktanalyse Nachdem das Konzept für einen neuen Fonds erstellt ist, geht es normalerweise mit einer Markt- und einer Machbarkeitsanalyse weiter. Kruschev zufolge prüfen die großen Anbieter am Anfang die Vertriebschancen eines Produkts – ohne sicher zu sein, dass Nachfrage herrscht, starte keiner einen Fonds. „Die Produktideen werden dann hauptsächlich von den Investmentspezialisten betreut, dem Bindeglied zwischen Vertrieb und Portfolio- management“, beschreibt Sendmeyer den weiteren Ablauf bei der DWS. „Bietet die Idee gute Ertragsmöglichkeiten für den Inves- tor? Was bietet die Konkurrenz? Funktioniert deren Ansatz? Können wir das besser und vielleicht günstiger umsetzen?“, zählt der DWS-Spezialist die weiteren zu klärenden Fragen auf. Dann kommen Backtests, ob die Strategie funktionieren könnte, und Analysen, ob diese überhaupt realisierbar ist. Diese zuletzt genannten Schritte sind mit- unter nicht nötig. Beim ESG-Wandelanleihen- fonds von Lupus Alpha etwa war es so, dass das Absatzpotenzial durch die institutionellen Anleger schon gesichert war. Darauf konnte man später den Vertrieb für Wholesale-Kun- den aufbauen. „Wir mussten aber erst einmal klären, ob sich die Vorga- ben der Kirchen in der Pra- xis auch tatsächlich umset- zen lassen“, berichtet Bött- ger. Dazu zählten Punkte wie die Größe des Marktes „grüner“ Anleihen, aber auch die Frage, ob über- haupt ein erfolgreiches aktives Management möglich wäre. Böttger: „Wenn wir keine realisti- sche Chance sehen, mit der Fondsperformance im obersten Quintil der Vergleichsgruppe landen zu können, machen wir es nicht.“ Eine andere Hürde bestand darin, einen Re- search-Partner zu finden, der alle Anleihen- emittenten unter ESG-Aspekten prüfen konn- te. Hier musste Lupus Alpha laut Böttger einen Wechsel vornehmen, da das erste Unter- nehmen dies nicht sicherstellen konnte. Umgekehrt berichten Experten von vielen Fonds, bei denen die Vertriebschancen geklärt werden mussten, während die Umsetzung nicht zur Diskussion stand, da die Strategie grundsätzlich erprobt war. „Tendenziell sind für eine Fondsauflage bei den großen Anbie- tern aber mehr Einzelschritte nötig als bei kleineren Häusern, da oftmals unterschiedli- Die Auflage eines Fonds ist ein komplexer Prozess. Die Anbieter müssen viele Punkte beachten. FONDS professionell wirft einen Blick hinter die Kulissen. Keine leichte Geburt » Wenn man eine speziellere Strategie verfolgen möchte und dazu einen AIF-Mantel benötigt, sollte man das Produkt besser im Vertriebsland auflegen. « Wesselin Kruschev, Capco Der Prozess bis zur Geburt eines Fonds lässt sich durchaus mit einer Schwangerschaft vergleichen – er dauert mitunter auch so lang. Und am Ende feiert man das Erscheinen eines neuen Wel- tenbürgers – pardon: Fonds. 350 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 vertrieb & praxis I fondsauflage
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