FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

eines Beraters mit Headset auf dem Kopf. „Stattdessen wird der Mitarbeiter so in die Bank transferiert, dass wirklich das Gefühl entsteht, als wäre man direkt am Schalter“, sagt Hutter. Auch die Geschäfte, die der Kunde mit dem Berater zusammen erledigen kann, entsprechen denen, die am Schalter möglich sind. So können etwa Überweisun- gen getätigt, Daueraufträge eingerichtet oder geändert, Konten eröffnet und geschlossen werden. Sind Dokumente zu unterschreiben, hat der Kunde dafür ein Glasfeld am Terminal zur Verfügung. Internetversion geplant „Alle Beratungen, die in einer Filiale nicht am Schalter, sondern am Schreibtisch eines Mitarbeiters stattfinden, sind auch über das Tellma-Terminal aktuell nicht möglich“, sagt Hutter. Wer etwa ein Wertpapierdepot eröff- nen oder umschichten möchte, eine Baufinan- zierung oder einen Konsumentenkredit benö- tigt, muss daher derzeit noch in die Filiale zum klassischen Berater kommen. Gespräche über solche Anliegen dauern in der Regel mindestens eine Stunde. Das Terminal wäre dann viel zu lange besetzt. Bisher bietet die VR-Bank Kaufbeuren-Ostallgäu in den Berei- chen Geldanlage oder Finanzierung auch kei- ne Videoberatung per Internet oder App an. Solche Lösungen müssen allen Anforderun- gen genügen, die Mifid II vorsieht. „Die Ent- wicklung ist daher anspruchsvoll, aber wir sind in der Planung“, berichtet Hutter. Bei der VR-Bank Würzburg gibt es bereits Wertpapierberatung per Video. „Unser Video- service ‚mein Plan‘ ersetzt in einigen Filialen den Schalterbetrieb“, sagt Christian Schecken- bach, Leiter des Kunden-Dialog-Centers. Da- für nutzt sein Institut ebenfalls die Infogate- Technologie. Am Terminal können Kunden auch einen Termin vereinbaren, wenn sie sich per Video etwa über Geldanlage beraten las- sen möchten. „Dies geschieht dann via Inter- net über ein Kommunikationssystem, das so ähnlich funktioniert wie Skype“, so Schecken- bach. Der Kunde kann dafür etwa abends nach der Arbeit ganz bequem zu Hause auf dem Sofa Platz nehmen. Dabei hat er zwar nicht den Eindruck, dem Berater lebensecht gegenüber zu sitzen wie am Terminal. Das ist aber auch nicht nötig, denn diese Form der Videoberatung nutzen ohnehin eher jüngere, interneterfahrene Kunden, für die es auf das Gefühl der direkten persönlichen Betreuung weniger ankommt. „Für uns wird gerade diese Variante der Videoberatung seit einigen Jahren immer wichtiger“, sagt Scheckenbach. Auch die Berliner Volksbank bietet seit 2015 Beratung per Terminal und online an. Für das Videoservice in den Filialen setzen die Berliner zwar eine andere Technologie ein als die VR-Banken in Kaufbeuren und Würz- burg, die Funktionsweise und auch die ange- botenen Dienstleistungen ähneln sich aber. Allerdings können sich Kunden über Geldan- lage oder Finanzierungen auf die Distanz le- diglich beraten lassen. „Aufgrund der gesetz- lichen Vorgaben findet der Abschluss in aller Regel in Präsenz statt“, sagt Michael Thieme, Abteilungsleiter Vertriebsmanagement, Ver- triebskonzepte und Marktbearbeitung. Bei der VR-Bank Würzburg hingegen können Ver- träge auch online abgeschlossen werden. Bei den Berliner Kunden kommt das Videoange- bot trotzdem sehr gut an. „Wir wollen es daher weiter ausbauen“, berichtet Thieme. Und wie sieht es hinter den Kulissen aus? Was brauchen Berater, um in dem immer noch recht jungen Geschäftsfeld zu arbeiten? „Offenheit für neue Technologien, Spaß an der Arbeit vor der Kamera und Lust amAus- probieren“, sagt Thieme. Natürlich durch- laufen sie auch eine spezielle Weiterbildung. „Immerhin müssen sie allein schon lernen, wie die Technik funktioniert“, erklärt Chris- tian Scheckenbach. An die Kamera gewöhnen Darüber hinaus müssen sie sich daran ge- wöhnen, bei ihrer Tätigkeit gefilmt zu werden und dabei natürlich und sicher zu bleiben. Auch die Kleidung und gegebenenfalls das Make-up müssen „kameratauglich“ sein. „Ich würde nicht sagen, dass Videoberater ein neuer Beruf ist, aber durchaus ein neuer Zweig in der Tätigkeit von Bankmitarbeitern“, erklärt Scheckenbach. Wer Spaß an der Arbeit vor der Kamera hat und sich entsprechend schulen lässt, dürfte beruflich auf jeden Fall recht gute Perspekti- ven haben. Denn nicht nur bei den Volks- und Raiffeisenbanken nehmen die Angebote für Videoberatung zu. Die Hamburger Sparkasse bietet seit Mitte 2018 in ihren Filialen mediale Foto: © Susanne Marx, Marx Studios Memmingen; naum | stock.adobe.com; VR-Bank Kaufbeuren-Ostallgäu Florian Hutter, VR-Bank Kaufbeuren-Ostallgäu: „Wir nennen unser Service ganz bewusst Telepräsenz.“ Terminal, Online, Whatsapp: Trends und Zukunftsmusik Service-Terminal: Gerade kleinere Volks- und Raiffeisen- banken sowie Sparkassen setzen zunehmend auf Ser- vice-Terminals, an denen Kunden in geschlossenen Räu- men per Video von einem Mitarbeiter beraten werden. An diesen Terminals können in der Regel alle Bankgeschäfte erledigt werden, die sonst am Schalter möglich sind, also etwa Überweisungen, Kontoeröffnungen oder -schließun- gen. Auch Termine für Wertpapier- und Kreditberatungen oder Baufinanzierungen kann der Kunde mit dem Video- berater vereinbaren. Bequem von zu Hause aus: Was in der Filiale nicht am Schalter, sondern am Schreibtisch eines Beraters erledigt wird, ist auch am Service-Terminal nicht möglich. Dafür bieten Banken aber zunehmend Video- beratungen via Internet oder App an. Damit können Kunden zum Beispiel Wertpapier- oder Kreditgeschäfte auch abends bequem im heimatlichen Wohn- zimmer erledigen, ohne dabei auf Bera- tung verzichten zu müssen. Per Instant Messenger: Immer öfter wünschen sich Bankkunden Beratungen über Instant Messenger wie Whatsapp. Über die reine Terminvereinbarung gehen die Dienste, die über solche Messenger angeboten werden, im Moment aber noch nicht hinaus. Das liegt vor allem daran, dass über diese Programme derzeit kein ausreichender Datenschutz gewährleistet werden kann. Hier ist Experten zufolge aber bereits einiges in der Entwicklung. Chatbots und KI: Auch Chatbots und selbstlernende Systeme auf Basis von künstlicher Intelligenz (KI) setzen Banken und Versicherer aktuell noch nicht in der Beratung ein. Es ist aber keineswegs ausgeschlossen, dass diese Möglich- keiten künftig genutzt werden. Auch per Chatbot? Solche Systeme setzen Banken in der Beratung noch nicht ein. 400 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 bank & fonds I videoberatung

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=